Rauchstopp-Expertin Catherine Abbühl erklärt, wie man einen Rückfall vermeidet
«Die Lust auf eine Zigarette dauert höchstens drei Minuten»

Was passiert eigentlich in unserem Körper, wenn wir rauchen? Und warum ist es so schwierig aufzuhören? Catherine Abbühl (57), Leiterin der Rauchstopp-Helpline der Krebsliga Schweiz, erklärt, was Zigaretten mit uns machen und wie man vom Rauchen loskommt.
Publiziert: 25.05.2018 um 19:29 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:40 Uhr
Catherine Abbühl (57), Leiterin der Rauchstopplinie der Krebsliga Schweiz: «Rauchen ist nicht nur der grösste Risikofaktor für Krebs, sondern auch für Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.»
Foto: Tom Beutler
Larissa Johanna Jurczek

Warum fängt man überhaupt mit Rauchen an?
Catherine Abbühl: Meistens beginnt man im Jugendalter mit anderen Gleichaltrigen zusammen aus Neugier und aus dem Wunsch heraus, dazuzugehören.

Wieso ist das Aufhören so hart?
Für viele sind die Entzugserscheinungen nach einem Rauchstopp nur schwer zu ertragen. Zudem besteht das Risiko, rasch wieder in alte Gewohnheiten zurückzufallen. Das bleibt auch nach dem körperlichen Entzug bestehen.

Was macht Rauchen im Kopf?
Durch die anregende und entspannende Wirkung des Nikotins wird ein Wohlgefühl ausgelöst. Zum Beispiel nach dem Essen, bei Stress, bei schlechter Stimmung. Es wird aber auch als Belohnung empfunden. Durch Konditionierung werden Gewohnheiten entwickelt, die zu einer psychischen Abhängigkeit führen. Auch wer wenig raucht, kann grosse Schwierigkeiten haben, davon loszukommen. 

Was geschieht beim Rauchen im Körper?
Beim Inhalieren gelangt das Nikotin innerhalb weniger Sekunden ins Belohnungszentrum des Gehirns, wo es an Rezeptoren, also Empfängerzellen, andockt. Das bewirkt die Ausschüttung von Botenstoffen wie Dopamin, das Wohlbefinden auslöst, Serotonin, das für gute Stimmung und Entspannung steht ,und Adrenalin, das wach macht. So kommt es schnell zu einer körperlichen Sucht. 

Und was ist mit dem Krebsrisiko?
Mit jedem Zug gelangen mehr als 7000 Chemikalien in den Körper. Hunderte davon sind giftig, mindestens 70 verursachen direkt Krebs. Generell werden die Zellen im Körper nur sehr schlecht mit dem Tabakrauch fertig, denn ihr natürlicher Reparaturmechanismus wird erheblich gestört. Deshalb ist Rauchen nicht nur der grösste Risikofaktor für Krebs, sondern auch für Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Was genau macht abhängig?
Das rasche Ansteigen des Nikotins im Belohnungszentrum des Gehirns macht schnell körperlich abhängig. Gleichzeitig führt die Entwicklung von Rauchergewohnheiten durch Lernvorgänge zu einer psychischen Abhängigkeit.

Wie schafft man es, mit dem Rauchen aufzuhören?
Man sollte beim Verhalten ansetzen. Zur Vorbereitung kann man in einem Raucher-Tagebuch Situationen notieren, in denen man zur Zigarette greift, und sich Ablenkungen für Hand, Kopf und Mund überlegen. Auch Faktoren wie das Warten auf den Zug sollten bedacht werden.

«Ein Raucher muss von sich aus aufhören wollen»

Als Teenager war Urs Gähler (63) aus Herisau nur ein «temporärer Raucher», wie er sagt. Dennoch brauchte er mehrere Anläufe, um von den Glimmstängeln loszukommen. «Ich war kein überzeugter Raucher, habe mal mehr, mal weniger geraucht – aber war es schwierig, komplett aufzuhören.»

Ihm fehlte, so sieht es Gähler heute, die Motivation. «Das geht vielen so, vor allem jungen Menschen. Doch in reiferen Jahren wird der Mensch vernünftiger. Die Vitalität und der Stoffwechsel sind irgendwann auch nicht mehr das, was sie früher mal waren.» Er selber schaffte es mit 20, mithilfe eines Rauchentwöhners. Es sei ihm bewusst geworden, dass Rauchen nicht nur kostspielig sei, sondern auch die Gesundheit gefährdet.

Seither ist er selber als Rauchentwöhner tätig. Seine Behandlungsmethode besteht aus Akupunktur, Magnetismus und Heil-Meditation. Ihm ist wichtig, die Raucher nicht zu beeinflussen: «Sie müssen die Bereitschaft und die Motivation, mit dem Rauchen aufzuhören, selber mitbringen. Wenn ein Mensch nicht aufhören will, geht gar nichts. Erst wenn der Gewohnheitsraucher von sich aus aufhören will, kann ich ihm meine Hilfe anbieten.»

Heute kann er nur noch dem wirtschaftlichen Aspekt des Rauchens etwas Positives abgewinnen: «Durch die Zigarette werden Arbeitsplätze geschaffen, und es kommen durch den Zigarettenkauf noch Schweizerfränkli in die AHV-Kasse.» (Larissa Jurczek)

 

Urs Gähler (63) aus Herisau.
Zvg

Als Teenager war Urs Gähler (63) aus Herisau nur ein «temporärer Raucher», wie er sagt. Dennoch brauchte er mehrere Anläufe, um von den Glimmstängeln loszukommen. «Ich war kein überzeugter Raucher, habe mal mehr, mal weniger geraucht – aber war es schwierig, komplett aufzuhören.»

Ihm fehlte, so sieht es Gähler heute, die Motivation. «Das geht vielen so, vor allem jungen Menschen. Doch in reiferen Jahren wird der Mensch vernünftiger. Die Vitalität und der Stoffwechsel sind irgendwann auch nicht mehr das, was sie früher mal waren.» Er selber schaffte es mit 20, mithilfe eines Rauchentwöhners. Es sei ihm bewusst geworden, dass Rauchen nicht nur kostspielig sei, sondern auch die Gesundheit gefährdet.

Seither ist er selber als Rauchentwöhner tätig. Seine Behandlungsmethode besteht aus Akupunktur, Magnetismus und Heil-Meditation. Ihm ist wichtig, die Raucher nicht zu beeinflussen: «Sie müssen die Bereitschaft und die Motivation, mit dem Rauchen aufzuhören, selber mitbringen. Wenn ein Mensch nicht aufhören will, geht gar nichts. Erst wenn der Gewohnheitsraucher von sich aus aufhören will, kann ich ihm meine Hilfe anbieten.»

Heute kann er nur noch dem wirtschaftlichen Aspekt des Rauchens etwas Positives abgewinnen: «Durch die Zigarette werden Arbeitsplätze geschaffen, und es kommen durch den Zigarettenkauf noch Schweizerfränkli in die AHV-Kasse.» (Larissa Jurczek)

 

Hilft der berühmte Neujahrsvorsatz?
Der eigentliche Rauchstopp erfolgt mit der «Schlusspunktmethode»: Der Raucher legt ein Datum fest, an dem er aufhört. Danach ist es wichtig, dem Verlangen zu widerstehen. Die Lust auf eine Zigarette dauert meist nur eine bis drei Minuten. Währenddessen kann man einen Apfel essen oder sich die Zähne putzen. Die körperlichen Entzugserscheinungen sind nur zu Beginn stark, danach verschwinden sie allmählich.

Und was, wenn man es nicht mehr aushält?
Der Versuchung, «nur mal eine Zigarette» zu rauchen, sollte man unbedingt widerstehen. Nach wenigen Zügen ist die körperliche Abhängigkeit wieder da. Um die Motivation aufrechtzuerhalten, hilft es, sich ein Ziel zu setzen: zum Beispiel das eingesparte Zigarettengeld für eine schöne Belohnung auf die Seite zu legen. Zur Linderung der Entzugssymptome gibt es auch Medikamente, die bei der Vorbeugung von Rückfällen helfen. Dadurch kann man sich leichter auf die notwendige Verhaltensänderung konzentrieren.

Helfen E-Zigaretten?
E-Zigaretten können nach dem heutigen wissenschaftlichen Stand nicht als wirksame Hilfen zum Aufhören empfohlen werden. Es gilt zu bedenken, dass auch beim Inhalieren mit diesen Modellen das Nikotin im Körper schnell steigt und süchtig macht. E-Zigaretten gelten zwar als weniger schädlich als Tabakzigaretten, was sie aber nicht weniger unbedenklich macht. Weitere Langzeitstudien über gesundheitliche Auswirkungen wie krebserregende Inhaltsstoffe müssen erst abgewartet werden.

Wie nützlich sind Nikotin-Tabs und Nikotin-Kaugummis?
Nikotin-Ersatztherapien sind medikamentöse Hilfen gegen die Entzugssymptome. Sie sind von Swiss Medic als Rauchstopp-Hilfe zugelassen. Werden diese ausreichend dosiert, genügend lange und korrekt angewandt, verdoppeln sich die Erfolgschancen für einen Rauchstopp. Vorteil: Diese Medikamente machen nicht süchtig, da das enthaltene Nikotin im Körper nur langsam ansteigt.

Helfen Hypnose und Akupunktur?
Hier fehlt der Nachweis der Wirksamkeit. Gewissen Leuten kann damit aber trotzdem geholfen werden. Hypnose lässt sich zur Unterstützung einer Verhaltensänderung nutzen. Solche Therapiesitzungen sollten jedoch bei einer Ärztin oder einem Psychologen mit Zusatzausbildung in klinischer Hypnose und explizitem Fachwissen in Tabakentwöhnung erfolgen.

Was gibts sonst noch?
Medikamentöse Hilfen, die verschreibungspflichtig sind und unter bestimmten Voraussetzungen von den Krankenkassen bezahlt werden. Zusätzlich ist es sinnvoll, Angebote zu nützen, welche eine Verhaltensänderung fördern. Dazu gibt es Tipps und Programme, Selbsthilfe-Broschüren, Kurse und Beratung bei Fachstellen. Für starke Raucher ist etwa eine Kombination von Nikotinpflastern und ein gezieltes Training zur Verhaltensänderung mit professioneller Unterstützung am wirksamsten.

«Niemand nahm Rücksicht»

Als sie mit 15 Jahren anfing zu rauchen, «war die Raucherei voll im Trend. Mein täglicher Zigarettenkonsum stieg auf bis zu drei Schachteln täglich», erklärt Mirjam Aellen (55). Mit 34 Jahren hörte sie auf – heute ist sie Suchtberaterin. Ihre eigene Abhängigkeit hat die zweifache Mutter ganz alleine in den Griff bekommen. 

«Nie mehr Rauchen» ist das Motto der kaufmännischen Angestellten, nach dem sie ihre Praxis «Nimera» in Kreuzlingen TG benannt hat. Erst beim ersten Rauchstopp-Versuch sei ihr aufgefallen, wie süchtig sie war. «Wenn ich will, kann ich aufhören», hatte sie sich vorher eingebildet. Doch: «Der Körper schreit nach Nikotin, da kann man noch so viel wollen.»

Mehrere Anläufe scheiterten. Sie war frustriert. «Alle meine Bürokollegen und mein Partner haben stark geraucht. Sie nahmen keine Rücksicht auf mich», erinnert sich Aellen. Das sei normal gewesen, sogar im Flugzeug hat man geraucht, und das habe niemanden gestört. Schliesslich war sie wieder so weit, dass sie sich «eine angezündet» habe, während die alte Kippe noch im Aschenbecher glimmte. «Meine Kollegen sagten, du schaffst es sowieso nicht, aufzuhören.»

Ihr grösstes Problem war, die Zeit zu füllen, in der sie geraucht hatte. Sie begann, ihr Verhalten zu analysieren. «Ich habe viel darüber gelesen. Man muss das Problem an der Wurzel packen, das hat viel mit Psychologie zu tun und ist bei jedem individuell.» Der Wille zum Aufhören sei bei fast jedem Raucher da. Bloss: Er allein reiche nicht. In ihrer Praxis arbeitet Aellen darum mit Laser-Akupunktur, um die Entzugserscheinungen zu reduzieren. (Elisabeth Zirk)

Mirjam Aellen, Suchtberatung/Rauchentwöhnung von Nimera AG.
PRIVAT

Als sie mit 15 Jahren anfing zu rauchen, «war die Raucherei voll im Trend. Mein täglicher Zigarettenkonsum stieg auf bis zu drei Schachteln täglich», erklärt Mirjam Aellen (55). Mit 34 Jahren hörte sie auf – heute ist sie Suchtberaterin. Ihre eigene Abhängigkeit hat die zweifache Mutter ganz alleine in den Griff bekommen. 

«Nie mehr Rauchen» ist das Motto der kaufmännischen Angestellten, nach dem sie ihre Praxis «Nimera» in Kreuzlingen TG benannt hat. Erst beim ersten Rauchstopp-Versuch sei ihr aufgefallen, wie süchtig sie war. «Wenn ich will, kann ich aufhören», hatte sie sich vorher eingebildet. Doch: «Der Körper schreit nach Nikotin, da kann man noch so viel wollen.»

Mehrere Anläufe scheiterten. Sie war frustriert. «Alle meine Bürokollegen und mein Partner haben stark geraucht. Sie nahmen keine Rücksicht auf mich», erinnert sich Aellen. Das sei normal gewesen, sogar im Flugzeug hat man geraucht, und das habe niemanden gestört. Schliesslich war sie wieder so weit, dass sie sich «eine angezündet» habe, während die alte Kippe noch im Aschenbecher glimmte. «Meine Kollegen sagten, du schaffst es sowieso nicht, aufzuhören.»

Ihr grösstes Problem war, die Zeit zu füllen, in der sie geraucht hatte. Sie begann, ihr Verhalten zu analysieren. «Ich habe viel darüber gelesen. Man muss das Problem an der Wurzel packen, das hat viel mit Psychologie zu tun und ist bei jedem individuell.» Der Wille zum Aufhören sei bei fast jedem Raucher da. Bloss: Er allein reiche nicht. In ihrer Praxis arbeitet Aellen darum mit Laser-Akupunktur, um die Entzugserscheinungen zu reduzieren. (Elisabeth Zirk)

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