Darauf müsst ihr achten
Getrennte Eltern scheitern oft an alternativen Wohnformen

Zwei Wohnungen, Nestmodell oder gar Eltern-WG? Trennt sich ein Elternpaar, stellt sich die Frage nach dem Wohnmodell. Nicht jedes eignet sich für jede Familie gleich gut. Eine Expertin erklärt, worauf man bei der Wahl achten muss.
Publiziert: 16.04.2025 um 12:05 Uhr
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Aktualisiert: 16.04.2025 um 13:08 Uhr

Darum gehts

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Sylvie KempaRedaktorin Service

Wie wohnen nach der Trennung? Wenn Eltern sich entscheiden, ihre Paarbeziehung zu beenden, steht diese Frage immer im Raum – egal, ob die Trennung im Guten oder im Schlechten erfolgt. «Die meisten entscheiden sich für zwei Wohnungen, zwischen denen ihre Kinder hin und her wechseln. Ich würde schätzen, rund zwei Drittel der getrennten Elternpaare leben so», sagt Trennungsexpertin Nelda Pfister (52) von Trennpunkt.ch.

Das übrige Drittel probiere andere Modelle – und scheitere nicht selten damit. Der Grund dafür liegt laut Nelda Pfister auf der Hand: «Viele Paare orientieren sich illusorisch an finanziellen Überlegungen.» Sie versuchen zum Beispiel, Geld zu sparen, um die gewünschte Work-Life-Balance mit Teilzeitarbeit aufrechterhalten zu können. «Mit diesen Gedanken sind alternative Modelle oft zum Scheitern verurteilt.»

«Ich kann Paaren nur raten, neben dem Wunschmodell auch immer einen Plan B zu diskutieren. So steht man nicht gleich vor einem Loch, wenn das Modell nicht wie geplant funktioniert oder ein beteiligter Elternteil seine Meinung ändert», sagt Nelda Pfister.
Foto: Getty Images/Maskot

Worauf getrennte Elternpaare wirklich achten müssen, um das geeignete Wohnmodell für sich und die Kinder zu finden, erklärt die Expertin anhand der drei häufigsten Wohnformen.

Residenzmodell – der Klassiker

Beide Elternteile haben eine eigene Wohnung, die Kinder haben den offiziellen Wohnsitz bei einem Elternteil und pendeln, basierend auf der Betreuungsregelung, hin und her – auch wenn diese hälftig organisiert wird.

Vorteile: 

  • Es gibt klare Strukturen für die Kinder.
  • Jeder Elternteil kann seinen Wohnraum nach eigenen Vorstellungen gestalten.
  • Konflikte, die auf unterschiedlicher Haushaltsführung basieren, fallen weg.
  • Gut planbar, da die Zuständigkeiten klar geregelt sind.

Nachteile: 

  • Hohe Kosten, da zwei Wohnungen finanziert werden müssen.
  • Ein Elternteil hat oft weniger Kontakt zu den Kindern als der andere.
  • Das Modell bringt logistische und organisatorische Belastungen für die Kinder.
  • Je nach Distanz zwischen den Wohnungen haben die Kinder weniger Austausch mit Freunden.
  • Emotionale Herausforderung für den Elternteil, bei dem die Kinder weniger Zeit verbringen.

Erfahrungswert der Expertin: «Finden Eltern zwei Wohnungen in direkter Nachbarschaft oder sogar im gleichen Haus, ist das meiner Meinung nach der Fünfer und das Weggli für alle: Die Kinder haben kurze Wege und können ab einem gewissen Alter selbst bestimmen, wo sie sich gerade aufhalten möchten, und die Übergänge zwischen den Eltern sind fliessend und flexibel.»

Nestmodell

Die Kinder leben in einer gemeinsamen Wohnung, während die Eltern abwechselnd anwesend sind und je eine eigene oder eine weitere gemeinsame Unterkunft haben.

Vorteile: 

  • Stabilität für die Kinder, da sie nicht zwischen zwei Haushalten pendeln müssen.
  • Alle Betreuungsmodelle für die Kinder sind gut umsetzbar.
  • Kinder erleiden keinen Verlust von Schulwegen, Freundschaften oder Freizeitaktivitäten.

Nachteile: 

  • Grosse finanzielle Belastung, da teilweise drei Wohnräume finanziert werden müssen.
  • Unterschiedliche Vorstellungen von Haushaltsführung können zu Konflikten führen.
  • Logistische Herausforderung für die Eltern, da sie ausserhalb der Familienwohnung nicht immer auf alle persönlichen Dinge zugreifen können.
  • Emotionale Belastung für die Eltern, da sie nicht immer Zugang zum Familiennest haben.

Erfahrungswert der Expertin: «Dieses Modell funktioniert super, wenn zum Beispiel ein Elternteil in einer neuen Partnerschaft ist und dort seinen Rückzugsort einrichten kann. Im besten Fall sogar beide Eltern. Oder wenn genügend Geld vorhanden ist, sodass sich beide Elternteile neben der Familienwohnung einen Rückzugsort leisten können. Viele Paare, die dieses Modell wählen, mieten jedoch nur provisorische Zimmer oder kleine Studiowohnungen und müssen dort abwarten, bis sie wieder in die Familienwohnung können – diese Form hat daher oft nicht lange Bestand.»

Im Nestmodell teilen sich getrennte Eltern eine Familienwohnung und betreuen die Kinder abwechselnd in diesem Zuhause.
Foto: Getty Images

Eltern-WG

Die Eltern leben in einer gemeinsamen Wohnung oder einem gemeinsamen Haus, aber getrennt in eigenen Bereichen. Die Kinder haben Zugang zu beiden Elternteilen.

Vorteile: 

  • Finanzielle Entlastung, da keine zweite Wohnung benötigt wird.
  • Kinder wachsen mit beiden Eltern im Alltag auf.
  • Alle Betreuungsmodelle für die Kinder sind gut und oft auch spontan umsetzbar.
  • Gemeinsame Erziehung bleibt direkt möglich.

Nachteile: 

  • Emotionale und kommunikative Herausforderungen sind sehr hoch.
  • Schwierige Abgrenzung – private Bereiche könnten nicht klar genug definiert sein.
  • Konfliktpotenzial bleibt bestehen, besonders wenn es keine klare Regelung gibt.
  • Aufbau eines neuen Lebens ausserhalb des Familienkonstrukts ist erschwert.
  • Neue Partnerschaften sind problematisch und oft schwer in das Modell zu integrieren.

Rat der Expertin: «Dieses Modell funktioniert meiner Erfahrung nach gut, wenn klare Hausordnungen und Spielregeln definiert wurden. Ich empfehle Eltern, die nach der Trennung in einer WG wohnen wollen, dringend, vorher zu vereinbaren, wie sie damit umgehen werden, und auch betreffend Finanzen klare Regeln zu treffen. Und ich glaube, dass es am besten ist, wenn neue Partner nicht in die Familienwohnung kommen – so wird der sichere Rahmen der Kinder nicht gefährdet.» 

Fazit: Aus naheliegenden Gründen ist das Residenzmodell der Normalfall. «Die Wohnformen Nestmodell und Eltern-WG funktionieren in der Realität nur, wenn Eltern nach der Trennung gut miteinander klarkommen und sich an die Abmachungen halten», sagt Nelda Pfister.

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