Polizei, Neurologie und Musik
Die TikTok-Jugend wird belehrt

TikTok galt lange als digitale Plattform für Blödeleien. Nun wird sie plötzlich ernst genommen. Zu Recht: Bildungsangebote boomen. Auch Schweizer mischen mit.
Publiziert: 27.06.2020 um 17:35 Uhr
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Aktualisiert: 02.07.2020 um 13:50 Uhr
Gioia Senese

Charli D'Amelio (16), Chase Hudson (18) und Addison Rae (19) wurden dank der 2016 lancierten Plattform TikTok gross. Sie tanzen in 1-minütigen Videos eigene Choreografien oder interpretieren playback berühmte Songs.

Sie kennen die drei nicht? Dann sind Sie vermutlich zu alt.

41 Prozent der TikTok-Nutzer sind zwischen 16 und 24 Jahre alt. Sie können sich mit Charli, Chase und Addison identifizieren. Und wie. Die jugendlichen Stars haben bis zu 70 Millionen Follower.

TikTok hatte lange den Ruf, geistfreie Unterhaltung zu sein, wo man sich über Stunden hinweg Tanzvideos anschauen kann. Dieser Ruf beginnt sich gerade zu wandeln. Nicht nur wegen der Aktion gegen Donald Trump. TikTok entwickelt sich gerade zu einer Drehscheibe für Lern- und Informationsangebote, wie folgende Menschen zeigen:

So funktioniert TikTok

Das Ziel von TikTok ist es, die Kreativität der Nutzer zu fördern, das Tool ist deshalb sehr vielseitig. Man filmt sich beispielsweise beim Tanzen und schneidet dann das Video selbst zu. Die Aufnahme kann beim Schnitt verkürzt werden, so wird ein Patzer am Ende oder Anfang ganz einfach gelöscht, ohne dass alles neu gefilmt werden muss. Weitere Bearbeitungsoptionen sind das Übereinanderlegen von Filtern, wie den Beautyfilter, der scheinbar die Haut glättet und Pickel unsichtbar werden lässt und das Einfügen neuer Elemente wie Fotos oder Schriftzüge.

Das Ziel von TikTok ist es, die Kreativität der Nutzer zu fördern, das Tool ist deshalb sehr vielseitig. Man filmt sich beispielsweise beim Tanzen und schneidet dann das Video selbst zu. Die Aufnahme kann beim Schnitt verkürzt werden, so wird ein Patzer am Ende oder Anfang ganz einfach gelöscht, ohne dass alles neu gefilmt werden muss. Weitere Bearbeitungsoptionen sind das Übereinanderlegen von Filtern, wie den Beautyfilter, der scheinbar die Haut glättet und Pickel unsichtbar werden lässt und das Einfügen neuer Elemente wie Fotos oder Schriftzüge.

Sie erklärt Depression: Kinder- und Jugendtherapeutin Lindsay Fleming (26)

Sie ist jung, sympathisch und ehrlich. Die studierte Therapeutin ist auf die Themen Verhaltensfragen, ADHS, Angstzustände und Depression spezialisiert.

Auf TikTok erläutert sie auf eine lustige, aber dennoch ernst zu nehmende Weise, wie man bei einer Panikattacke handeln muss oder den eigenen Pessimismus ändert. In wenigen Sekunden erklärt die 26-Jährige, was klinische Depression ist, definiert den Begriff ADHS und zählt mögliche Gründe auf, warum man Schwierigkeiten beim Regulieren seiner Emotionen hat.

Damit hatte Fleming selbst schon Erfahrungen. Sie ist Legasthenikerin, leidet selbst unter Angstzuständen und ADHS und zeigt wiederholt, dass auch sie nicht perfekt ist. Ihre Offenheit macht, dass TikTok-Nutzer sich Flemings Erklärungen zu wichtigen psychischen Problemen gerne ansehen und in den Kommentaren eigene Erfahrungen teilen.

Die Amerikanerin mit irischen Wurzeln lebt in Chicago, wo sie ihre eigene Privatpraxis eröffnet hat. In ebendieser nimmt sie hauptsächlich ihre Videos auf. Zu trendiger Musik zeigt sie auf verschiedene Positionen des Handybildschirms, denn dort fügt sie Textboxen mit Informationen ein, welche von über 150'000 Followern angeschaut werden.

Sie ist jung, sympathisch und ehrlich. Die studierte Therapeutin ist auf die Themen Verhaltensfragen, ADHS, Angstzustände und Depression spezialisiert.

Auf TikTok erläutert sie auf eine lustige, aber dennoch ernst zu nehmende Weise, wie man bei einer Panikattacke handeln muss oder den eigenen Pessimismus ändert. In wenigen Sekunden erklärt die 26-Jährige, was klinische Depression ist, definiert den Begriff ADHS und zählt mögliche Gründe auf, warum man Schwierigkeiten beim Regulieren seiner Emotionen hat.

Damit hatte Fleming selbst schon Erfahrungen. Sie ist Legasthenikerin, leidet selbst unter Angstzuständen und ADHS und zeigt wiederholt, dass auch sie nicht perfekt ist. Ihre Offenheit macht, dass TikTok-Nutzer sich Flemings Erklärungen zu wichtigen psychischen Problemen gerne ansehen und in den Kommentaren eigene Erfahrungen teilen.

Die Amerikanerin mit irischen Wurzeln lebt in Chicago, wo sie ihre eigene Privatpraxis eröffnet hat. In ebendieser nimmt sie hauptsächlich ihre Videos auf. Zu trendiger Musik zeigt sie auf verschiedene Positionen des Handybildschirms, denn dort fügt sie Textboxen mit Informationen ein, welche von über 150'000 Followern angeschaut werden.

Sie macht Jugendliche sicher: Streifenpolizistin Rahel Egli (34)

Wo man die Wertsachen am besten versorgt, was «1312» überhaupt bedeutet und wie man sich vor E-Mail-Betrügern schützt, darüber spricht Rahel Egli (34).

Sie arbeitet bei der Stadtpolizei Winterthur und nimmt ihre fast 100'000 Follower in ihren Berufsalltag als Streifenpolizistin mit. In allen Videos trägt sie ihre Uniform, egal ob sie am Schreibtisch sitzt und etwas erklärt oder gerade im Einsatz ist.

Ihre Beiträge sind deshalb interessant, weil Egli dem Publikum einen Blick hinter die Kulissen gewährt. So sehen ihre Follower, wie die Polizistin ein Schaf rettet, das in einem Holzzaun eingeklemmt ist, oder wie sie mit Diensthündin Kuma im Wald den verlorenen Schlüssel eines Rentners sucht.

Auch Fragen wie «Welche Kriterien muss ein E-Scooter für den öffentlichen Verkehr erfüllen?» oder «Sind Imitationswaffen legal?» beantwortet Egli.

Die Polizistin geht den Jugendlichen als Vorbild voraus und erinnert daran, dass bei der Nutzung der sozialen Medien Vorsicht geboten ist. Sie spricht das Thema Freizügigkeit im Netz an und antwortet auf Kommentare wie «Spielt es eine Rolle, ob man sich auf TikTok mit seinem eigenen Namen anmeldet?» oder «Nützt ein Privatkonto etwas?».

Wo man die Wertsachen am besten versorgt, was «1312» überhaupt bedeutet und wie man sich vor E-Mail-Betrügern schützt, darüber spricht Rahel Egli (34).

Sie arbeitet bei der Stadtpolizei Winterthur und nimmt ihre fast 100'000 Follower in ihren Berufsalltag als Streifenpolizistin mit. In allen Videos trägt sie ihre Uniform, egal ob sie am Schreibtisch sitzt und etwas erklärt oder gerade im Einsatz ist.

Ihre Beiträge sind deshalb interessant, weil Egli dem Publikum einen Blick hinter die Kulissen gewährt. So sehen ihre Follower, wie die Polizistin ein Schaf rettet, das in einem Holzzaun eingeklemmt ist, oder wie sie mit Diensthündin Kuma im Wald den verlorenen Schlüssel eines Rentners sucht.

Auch Fragen wie «Welche Kriterien muss ein E-Scooter für den öffentlichen Verkehr erfüllen?» oder «Sind Imitationswaffen legal?» beantwortet Egli.

Die Polizistin geht den Jugendlichen als Vorbild voraus und erinnert daran, dass bei der Nutzung der sozialen Medien Vorsicht geboten ist. Sie spricht das Thema Freizügigkeit im Netz an und antwortet auf Kommentare wie «Spielt es eine Rolle, ob man sich auf TikTok mit seinem eigenen Namen anmeldet?» oder «Nützt ein Privatkonto etwas?».

Fürs Hirn: Neurowissenschaftlerin Julia Ravey (27)

Biologie gehört bei den Schülern selten zu den Lieblingsfächern, doch bei Julia Ravey hört man sogar in der Freizeit gerne zu.

Die rothaarige Ravey aus Liverpool erklärt in lockerer Sprache den wissenschaftlichen Hintergrund ihrer Haarfarbe.

Ganz simpel erläutert die Britin, ob und wie rote Haare vererbbar sind. Spielerische Genetik. So viel sei verraten: Ihre Schwester, mit der sie gerne auch Tanzvideos veröffentlicht, ist nämlich kein «Ginger», sondern brünett.

Ravey ist Neurowissenschaftlerin und besucht das University College London, wo sie zurzeit an ihrem Doktorat arbeitet.

Auf TikTok hat sie 50'000 Abonnenten. Ihnen erklärt sie, wieso Alkohol uns vergessen lässt, was Herdenimmunität ist und wieso ein Lockdown bei einer Pandemie notwendig ist.

Die angehende Doktorin begann mit Social Media, weil ihre Freunde genauer wissen wollten, was sie tut. Mittlerweile hat Ravey aber nicht nur TikTok, sondern auch einen erfolgreichen Blog mit Artikeln zu verschiedenen Themen der Neurologie sowie einen Youtube-Kanal.

Biologie gehört bei den Schülern selten zu den Lieblingsfächern, doch bei Julia Ravey hört man sogar in der Freizeit gerne zu.

Die rothaarige Ravey aus Liverpool erklärt in lockerer Sprache den wissenschaftlichen Hintergrund ihrer Haarfarbe.

Ganz simpel erläutert die Britin, ob und wie rote Haare vererbbar sind. Spielerische Genetik. So viel sei verraten: Ihre Schwester, mit der sie gerne auch Tanzvideos veröffentlicht, ist nämlich kein «Ginger», sondern brünett.

Ravey ist Neurowissenschaftlerin und besucht das University College London, wo sie zurzeit an ihrem Doktorat arbeitet.

Auf TikTok hat sie 50'000 Abonnenten. Ihnen erklärt sie, wieso Alkohol uns vergessen lässt, was Herdenimmunität ist und wieso ein Lockdown bei einer Pandemie notwendig ist.

Die angehende Doktorin begann mit Social Media, weil ihre Freunde genauer wissen wollten, was sie tut. Mittlerweile hat Ravey aber nicht nur TikTok, sondern auch einen erfolgreichen Blog mit Artikeln zu verschiedenen Themen der Neurologie sowie einen Youtube-Kanal.

Hilfe zur Selbsthilfe: Selbstverteidigungslehrer Earl Dunn

«Alright let's break it down», sagt Kampfsportlehrer Earl Dunn jeweils in seinen Videos. Der Aufbau ist simpel und immer gleich: Zuerst zeigt er mit einer Hilfsperson die Selbstverteidigungsbewegung, dann folgt sein berüchtigter Spruch und anschliessend eine detailliertere Übungsanleitung.

Dunn kommt aus dem US-Bundesstaat Tennessee, ist Pastor und Familienvater von sieben Kindern.

Er besitzt sein eigenes Brazilian Jiu-Jitsu Center, wo er Techniken unterrichtet, mit denen man sich bei einem körperlichen Übergriff selbst helfen kann. Auf TikTok lässt er sich von seiner Tochter über ihre Schulter auf den Boden werfen und zeigt sogar kleinen Kindern, wie man sich aus einem Griff befreit.

Seine Videos begeistern über 600'000 Follower.

«Alright let's break it down», sagt Kampfsportlehrer Earl Dunn jeweils in seinen Videos. Der Aufbau ist simpel und immer gleich: Zuerst zeigt er mit einer Hilfsperson die Selbstverteidigungsbewegung, dann folgt sein berüchtigter Spruch und anschliessend eine detailliertere Übungsanleitung.

Dunn kommt aus dem US-Bundesstaat Tennessee, ist Pastor und Familienvater von sieben Kindern.

Er besitzt sein eigenes Brazilian Jiu-Jitsu Center, wo er Techniken unterrichtet, mit denen man sich bei einem körperlichen Übergriff selbst helfen kann. Auf TikTok lässt er sich von seiner Tochter über ihre Schulter auf den Boden werfen und zeigt sogar kleinen Kindern, wie man sich aus einem Griff befreit.

Seine Videos begeistern über 600'000 Follower.

Für ruhigen Pop: Musiker Tucker McKee

Sein Instrument – die Gitarre. Tucker McKee schreibt eigene Pop-Lieder, auf TikTok zeigt er, wie.

McKee klärt auf, welches Equipment für eine eigene Musikaufnahme benötigt wird, gibt Tipps für Anfänger sowie fortgeschrittene Gitarristen und zeigt, wie man die Akkorde berühmter Songs von Rapper Mac Miller (1992–2018) und Sänger Khalid (22) einübt.

Der Songwriter kommt aus Alabama und hat zwei Alben sowie mehrere Singles veröffentlicht und gibt Online-Gitarrenstunden. In einigen Videos vermittelt er Techniken, mit welchen man seinem Gitarrensolo mehr Blues verleihen kann oder seine Zupftechnik verfeinert. Ausserdem sind auf seinem Profil einzelne Erklärvideos zu verschiedenen Themen der Musiktheorie zu finden.

Diese Videoart spricht besonders Neuankömmlinge im Gitarrespielen an, die sich gerne in der Kommentarspalte unter McKee's Videos melden, wo er auch auf Fragen seiner fast 47'000 Follower antwortet.

Sein Instrument – die Gitarre. Tucker McKee schreibt eigene Pop-Lieder, auf TikTok zeigt er, wie.

McKee klärt auf, welches Equipment für eine eigene Musikaufnahme benötigt wird, gibt Tipps für Anfänger sowie fortgeschrittene Gitarristen und zeigt, wie man die Akkorde berühmter Songs von Rapper Mac Miller (1992–2018) und Sänger Khalid (22) einübt.

Der Songwriter kommt aus Alabama und hat zwei Alben sowie mehrere Singles veröffentlicht und gibt Online-Gitarrenstunden. In einigen Videos vermittelt er Techniken, mit welchen man seinem Gitarrensolo mehr Blues verleihen kann oder seine Zupftechnik verfeinert. Ausserdem sind auf seinem Profil einzelne Erklärvideos zu verschiedenen Themen der Musiktheorie zu finden.

Diese Videoart spricht besonders Neuankömmlinge im Gitarrespielen an, die sich gerne in der Kommentarspalte unter McKee's Videos melden, wo er auch auf Fragen seiner fast 47'000 Follower antwortet.

Grün kochen: Koch Philipp Steuer (29)

Bei seinen Videos läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Der Kölner Koch Philipp Steuer möchte etwas bewegen. Auf seiner Website informiert er: «Heute nutze ich meine Reichweite für das Gute und möchte Veränderungen durch Informationen schaffen.»

Auf TikTok wird dem Publikum rasch klar, was Steuer am Herzen liegt. Er zeigt, welche Lebensmittel vegan sind – bei den meisten hätte man es nicht erwartet –, und erklärt auch, wieso sie es sind. So trägt ein kurzes Video den Titel «Warum sind Oreos eigentlich vegan, obwohl es nicht draufsteht?».

Prominente auf seinem Profil sind seine Haustiere: die Katzen Kleo und Nimbus, die Sauen Lotte und Greta und die Hunde Emma und Ole. Die Sauen hat Steuer aus einem Labor für Kosmetikversuche gerettet.

Nebst den Rezept- und Informationsvideos zur tierfreien Ernährung verrät der Deutsche seinen 11'000 Followern auch Küchentricks. Zum Beispiel: Wie schneidet man Paprika in lediglich fünf Sekunden?

In den sozialen Medien ist er kein Neuling. Sein Youtube-Kanal hat über 200'000 Abonnenten, auch auf Instagram sowie Twitter veröffentlicht er sein veganes Leben.

Steuer ist Autor eines eigenen Rezeptbuchs und hat ausserdem mit seiner Frau Nadine die Naturkosmetik-Linie «Kupfergrün» ins Leben gerufen, die sich auf Nachhaltigkeit spezialisiert hat.

Bei seinen Videos läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Der Kölner Koch Philipp Steuer möchte etwas bewegen. Auf seiner Website informiert er: «Heute nutze ich meine Reichweite für das Gute und möchte Veränderungen durch Informationen schaffen.»

Auf TikTok wird dem Publikum rasch klar, was Steuer am Herzen liegt. Er zeigt, welche Lebensmittel vegan sind – bei den meisten hätte man es nicht erwartet –, und erklärt auch, wieso sie es sind. So trägt ein kurzes Video den Titel «Warum sind Oreos eigentlich vegan, obwohl es nicht draufsteht?».

Prominente auf seinem Profil sind seine Haustiere: die Katzen Kleo und Nimbus, die Sauen Lotte und Greta und die Hunde Emma und Ole. Die Sauen hat Steuer aus einem Labor für Kosmetikversuche gerettet.

Nebst den Rezept- und Informationsvideos zur tierfreien Ernährung verrät der Deutsche seinen 11'000 Followern auch Küchentricks. Zum Beispiel: Wie schneidet man Paprika in lediglich fünf Sekunden?

In den sozialen Medien ist er kein Neuling. Sein Youtube-Kanal hat über 200'000 Abonnenten, auch auf Instagram sowie Twitter veröffentlicht er sein veganes Leben.

Steuer ist Autor eines eigenen Rezeptbuchs und hat ausserdem mit seiner Frau Nadine die Naturkosmetik-Linie «Kupfergrün» ins Leben gerufen, die sich auf Nachhaltigkeit spezialisiert hat.

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