Das Timing hätte nicht besser sein können. Thomas Horats (55) Dokumentarfilm «Die Rückkehr der Wölfe» läuft nächste Woche in den Kinos an. Mitten in der Diskussion um das revidierte Jagdgesetz profitiert der Schweizer Filmemacher von grossem öffentlichem Interesse am Wolf. Das Raubtier bewegt die Gemüter. Nicht zuletzt, weil die Wolfsbestände in der Schweiz wieder wachsen. Mittlerweile leben acht Wolfsrudel in der Schweiz. Vor zwei Jahren waren es noch zwei.
Mehr Wölfe, mehr Probleme. «Der Wolf ist wieder da. Das ist ein Fakt», so Horat. «Die Frage ist, wie wir den richtigen Umgang mit ihm finden.» Das treibt nicht nur ihn um, sondern auch die Schweizer Politik. Seit Jahren.
Das Thema ist brandaktuell
Erst Ende September verabschiedete das Parlament das revidierte Jagdgesetz. Nach über zweijähriger Diskussion. Doch es ist nach wie vor umstritten, vor allem unter Tierschützern. Denn neu können Wolfsbestände leichter reguliert werden. Für Jäger und Hirten in den Bergkantonen ist das wichtig, sie sorgen sich um die Alpwirtschaft. Indem der Wolf bereits präventiv abgeschossen werden kann, soll verhindert werden, dass er sich unkontrolliert ausbreitet.
Von Artenschutz könne mit dem neuen Gesetz keine Rede mehr sein, kritisieren hingegen Tierschutzverbände. Der Wolf werde zum Abschuss freigegeben. Ohne Einschränkungen. Ein Referendum gegen das Gesetz ist bereits lanciert, SP und Grüne stellten sich dahinter. Kommen die nötigen Unterschriften zustande, ist die Vorlage nächstes Jahr vor dem Volk.
Viele wissen zu wenig über den Wolf
«Der Wolf war unter dem alten Gesetz sicher besser geschützt als unter dem neuen», meint auch Horat. Doch ihm geht es gar nicht so sehr um die politische Dimension: «Mit meinem Film möchte ich den Wolf dem Menschen näherbringen. Viele wissen schlicht zu wenig über das Tier. Daher haben sie oft Angst und reagieren so emotional.»
Der Wolf meidet normalerweise den Menschen. Horat sah erstmals einen in freier Wildbahn, als er für Dreharbeiten in der Lausitz in Ostdeutschland unterwegs war. «Das war 2016, an einem kalten Dezembermorgen. Ein ganz spezieller Moment», erinnert sich der Schwyzer.
Die Produktion dauerte insgesamt mehr als drei Jahre. Einen Wolf gesehen hat Horat dabei bloss fünf weitere Male. Die Dreharbeiten führten ihn von Bulgarien über Österreich nach Polen, von Ostdeutschland in die Schweiz, ja sogar bis nach Nordamerika. «In Minnesota habe ich die kältesten Tage meines Lebens durchgemacht. Bei minus 26 Grad zu arbeiten, war hart.» Doch Horat ist zufrieden. Ziel sei von Anfang an gewesen, den Fokus global zu halten. «Ich habe bewusst Länder und Regionen aufgesucht, in denen der Umgang mit dem Wolf entspannter und natürlicher ist. Mir ging es nicht nur um die Schweiz.»
«Der Wolf ist sowieso da»
Horat ist es wichtig, über das Verhältnis zwischen Mensch und Wolf aufzuklären. Ob man nun für oder gegen den Wolf ist, das sei die falsche Frage. «Der Wolf ist sowieso da. Und er ist keine Bestie. Aber wenn er sich wieder ausbreitet, ist das nicht unproblematisch.»
Untätig zuzuschauen, sei der falsche Ansatz. Den Wolf zum Abschuss freizugeben, aber auch. «Die Leute werden wütend, wenn sie nicht alles kontrollieren können. Vielerorts können sie die Wölfe nicht kontrollieren. Das macht sie wütend», sagt auch ein Protagonist des Films. Eine Meinung, die Horat teilt.
Es braucht zusätzlichen Aufwand
Seit der Rückkehr der Wölfe in die Schweiz hat sich aber in den Augen Horats schon einiges getan. Zu Beginn der Produktionsarbeiten vor über drei Jahren habe man in der Schweiz noch von der Ausrottung des Wolfs gesprochen. «Genau diese Forderung gab mir den Anstoss für das Filmprojekt. Ich dachte mir: Das kann doch nicht sein, dass solche Forderungen durchkommen!» Mittlerweile ist die Debatte gemässigter. Von Ausrottung ist heute keine Rede mehr, selbst unter Befürwortern des neuen Jagdgesetzes.
Ein erstes Zeichen dafür, dass sich die Menschen in der Schweiz an den Wolf gewöhnen? Vielleicht. Doch bei aller Sympathie für den Wolf lässt Horat in seinem Film auch besorgte Hirten zu Wort kommen. «Bauern und Älpler sind gefordert und müssen viel zusätzlichen Aufwand betreiben», so der Filmemacher.
Verständnis sei der Schlüssel. Verständnis für die Menschen, aber auch für den Wolf. Zum Wohle beider.
«Die Rückkehr der Wölfe», ab 7. November in den Schweizer Kinos