Wenn der Regen auf heissen Asphalt prasselt, die Luft nach Sommer riecht und es draussen blitzt und kracht, sitzen wir am liebsten im Trockenen und beobachten das Spektakel durchs Fenster. Nicht so unsere Haustiere: Gewitter versetzen sie nicht selten in Todesangst. Wir haben bei Expertinnen nachgefragt, weshalb sich Tiere vor dem Unwetter fürchten, und was man tun kann, um ihnen zu helfen.
Hunde sind besonders betroffen
«Häufig sind es Pferde, Hunde und Katzen, die sich vor dem Donnergrollen fürchten», sagt Lucia Oeschger vom Schweizer Tierschutz STS. Bei Hunden sei die Angst besonders ausgeprägt. Weshalb das so ist, könne noch nicht abschliessend beantwortet werden.
Doch spielen ihre geräuschempfindlichen Ohren eine grosse Rolle: Während Menschen Frequenzen zwischen 20 und 20000 Hertz wahrnehmen können, sind es bei Hunden viel mehr: Sie reagieren auf den Bereich zwischen 15 und 50000 Hertz. «Gewitter und noch mehr die Feuerwerke am 1. August können für Hunde deshalb zur Qual werden», sagt Oeschger.
Border Collies und Schäferhunde besonders gefährdet
Grundsätzlich kann jeder Hund von Gewitterangst betroffen sein. Besonders häufig tritt diese Angst aber bei eher sensiblen und reizempfindlichen Rassen und Mischlingen auf, sagt die Hundepsychologin Katrin Andres (33): Zum Beispiel bei Border Collies oder Schäferhunden. «Im Alter nimmt die Angst tendenziell zu», so Andres.
Hat ein Hund Angst, zeigt sich das körperlich. «Zum Beispiel mit stark angespanntem Gesicht, schnellem Hecheln, Schütteln des Körpers oder mit dem Lecken der Schnauze.» Bei zunehmender Panik können Symptome wie Zittern, Erbrechen und gar ohnmachtsähnliche Zustände folgen.
Der Donner sei vermutlich Hauptverursacher der Angst: Laut und unangekündigt – das Tier erschrickt. «Mit der Zeit verbindet es dann auch andere Elemente des Gewitters mit der negativen Erfahrung», so Andres. Zum Beispiel den fallenden Luftdruck. Deshalb kann es vorkommen, dass Hunde bereits eine halbe Stunde vor dem Gewitter erste Stresssymptome zeigen.
Elektrischer Schlag durch Druckabfall
Der Luftdruck könnte eine weitaus grössere Rolle spielen als bisher gedacht: Wie der Tiermediziner Terry Curtis gegenüber dem Wissenschaftsmagazin National Geographic sagte, sei es möglich, dass sich das Fell der Haustiere durch den veränderten Luftdruck statisch auflade. Kommt es danach zu einer zufälligen Berührung mit einem metallischen Gegenstand, entlädt sich diese schlagartig - das Tier erhält einen elektrischen Schlag und erschrickt.
9 Tipps – so hilfst du deinem Haustier
1. Fenster zu
Um die Geräuschkulisse zu minimieren, sollten Fenster und Türen während des gesamten Gewitters geschlossen sein. Dies verhindert zugleich, dass das Tier in Panik aus der Wohnung stürmt, vor ein Auto rennt oder nicht mehr zurück nach Hause findet.
2. Ab an die Leine
Wird man beim Spazierengehen vom Unwetter überrascht, sollte man seinen Hund umgehend an die Leine nehmen. Ansonsten könnte er davonrennen, wenn er sich erschrickt. Den Spaziergang während des Gewitters sollte man nicht erzwingen: Ob der Hund Lust darauf hat, merkt man schnell.
3. Orte zum Verstecken schaffen
Während manche verängstigten Hunde bellen, wenn sie sich bedroht fühlen, setzen Katzen oft auf die Flucht. Sorge deshalb bei Hund und Katze dafür, dass genügend sichere Orte zum Verstecken zur Verfügung stehen – zum Beispiel ein abgedunkelter Raum ohne Fenster oder für die Katze ein Karton.
4. Von wegen Katzenjammer
Um das Haustier akustisch zu beruhigen, kann gutes Zureden, Streicheln oder das Abspielen von Musik oder für sie angenehmen Klängen hilfreich sein. Zum Beispiel spezielle Hunde- oder Katzenmusik, die extra für Haustiere komponiert wurde und zum Beispiel auf Youtube kostenlos angehört werden kann.
5. Ruhe ausstrahlen
Werden die Bezugspersonen ebenfalls unruhig, verstärkt sich die Angst des Hundes zusätzlich. Es ist deshalb wichtig, möglichst viel Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen. Achtung: Lass den Vierbeiner in dieser Situation nicht alleine!
6. Kauen gegen die Angst
Vielen Menschen hilft es in stressigen Situationen, Kaugummi zu kauen. So kann die Kaubewegung des Kiefers von Stressfaktoren ablenken. Dasselbe gilt für Tiere – wenn auch nicht mit Kaugummi, sondern mit den Lieblingsleckerlis für die Katze oder einem Knochen für den Hund.
7. Spielen, spielen, spielen
Wenn Leckerlis nicht helfen, kann auch Spielen eine willkommene Ablenkung sein.
8. Donnergrollen desensibilisieren
Längerfristig kann es sinnvoll sein, den Hund langsam aber sicher an das Gewitter zu gewöhnen, indem man in den eigenen vier Wänden das Geräusch des Donnergrollens abspielt. Auch ein Termin beim Hundetrainer ist oft hilfreich.
9. Entspannt durch das Gewitter
Indem man bestimmte Gerüche, Massagen oder Musik mit Entspannungstraining verbindet, kann man versuchen, dass sich der Hund trotz Gewitter möglichst wohlfühlt.