Die Summe dieser menschlichen Einflüsse habe inzwischen dramatischere Auswirkungen als der Walfang selbst, sagte die Forscherin Helena Feindt-Herr von der Tierärztlichen Hochschule Hannover am Freitag auf einem Kolloquium in Stralsund.
Dennoch könne der Walfang nicht gebilligt werden, betonte die Leiterin der deutschen Delegation im Wissenschaftsausschuss der Internationalen Walfangkommission (IWC). Alle Forschungsergebnisse, die an getöteten Walen erzielt werden, könnten auch anders gewonnen werden.
Nach Angaben der Internationalen Walfangkommission hatte Japan allein 2013 genau 476 Grosswale angeblich zu Forschungszwecken getötet. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag entschied im Jahr 2014, dass Japan diesen Walfang im Südpolarmeer einstellen muss.
Das Forschungsprogramm habe keinem wissenschaftlichen Zweck gedient. Island und Norwegen betreiben trotz des seit 1986 geltenden Moratorium zum weltweiten Schutz der Grosswale kommerziellen Walfang. 2013 fingen beide Länder insgesamt 763 dieser Meeressäuger.
Viele Arten hätten sich vom exzessiven Walfang im 20. Jahrhundert noch immer nicht erholt, sagte Feindt-Herr. Die Bestandsgrössen lägen teilweise bei einem Prozent der Populationen der «Vorausbeutungszeit».
Umso eingreifender seien die sich summierenden Auswirkungen von menschlichen Einflüssen wie Schiffsverkehr, Baulärm, Verschmutzung, Klimawandel und Überfischung. Die Überfischung führe zu einer Nahrungsverknappung. Lärm schädige das Gehör, verschmutze Meere schwächten das Immunsystem. Die Einflüsse durch den Menschen müssten verringert werden, forderte Feindt-Herr.
Als bedenkenswert stufen die Wissenschafter den Umgang mit Kleinwalen ein. Demnach gibt es keinerlei Fangbeschränkungen und Managementpläne. «Wir zweifeln, dass die Bestände nachhaltig bewirtschaftet werden», so die Wissenschafterin.
Nach Greenpeace-Schätzungen sterben Hunderttausende Gross- und Kleinwale durch gezielte Jagd und als ungewollter Beifang. Weltweit würden Fischer etwa 300'000 Wale ungewollt mit ihren Netzen fangen und somit töten, sagte Greenpeace-Meeresexperte Thomas Henningsen.
Zu den Kleinwalen gehört auch der in Nord- und Ostsee verbreitete Schweinswal. Im Vergleich zu Populationen in Gebieten mit geringerem menschlichen Einfluss hätten die Schweinswale in den deutschen Gewässern häufiger parasitäre Erkrankungen wie Lungenentzündung, sagte Ursula Siebert von der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Zudem gebe es viele chronische Erkrankungen. Ein Teil der Tiere leide vermutlich an einer eingeschränkten Hörfähigkeit.