Kratzbäume, Katzenklos, Decken, Spielzeuge und drei Katzen stehen um uns herum. Mietzi, eine alte Katzendame humpelt durch den Raum und miaut laut. Sarah Fehr (32), Tierpflegerin im Tierheim Pfötli, nimmt sie auf den Arm. «Tiere wie Mietzi tun mir besonders leid. Sie finden nur sehr schwer ein neues zu Hause weil sie schon älter sind und mehr Pflege brauchen.»
Fehr machte eine Lehre im KV und ging dann in den IT-Bereich weiter. Sie stand am Anfang einer guten Karriere, doch etwas fehlte: die Leidenschaft. Sie kündigte und ging auf Reisen. In Bolivien, Südamerika, im Tierreservat Senda Verde, wurden aus den geplanten zwei Wochen Freiwilligenarbeit drei Monate intensive Lebensschule. «Ab da war für mich klar, dass ich Tierschützerin werden wollte.»
Der Weg zur Tierpflegerin
Zurück in der Schweiz machte sich Fehr auf die Suche nach einer Ausbildung zur Tierpflegerin. Das war keine leichte Aufgabe. Im Jahr 2018 haben laut dem Bundesamt für Statistik nur 107 Frauen und Männer die Lehre Tierpfleger EFZ begonnen. Die Stellen sind knapp und der Lohn ist tief: Fehr hat während ihrer Ausbildung 700 Franken verdient. «Es ist sicher ein Beruf, den man aus Leidenschaft ausübt», sagt sie dazu.
Auch nach der Lehre bleibt der Lohn zwischen 3600 und 5000 Franken. Es kommt stark auf den Kanton und die Organisation darauf an. Die Leute um sie herum waren zu Beginn kritisch. «Ich habe mir ein paar Mal überlegt, aufzugeben. Aber das Feuer in mir hat einfach zu stark gebrannt.»
Mehr als nur «Tierli streichle»
Jeder Tag im Tierheim beginnt mit der Morgenrunde. Allfällige Medikamente müssen verabreicht und gewisse Tiere schon gefüttert werden. «Dann kommt der schöne Teil. Man schnappt sich ein Hund und geht spazieren. Ich schätze das, weil man den Tag in der Natur starten kann.» Dann gehts zurück zum Tierheim in die zugeteilte Abteilung. «75 Prozent des Jobs ist putzen.» Boxen, Räume, Klos und Futternäpfe müssen immer aufs Neue gereinigt werden.
Alle Tiere müssen auf ihren Zustand untersucht werden. Gewisse pflegerische Massnahmen müssen eingeleitet werden, wie die Fell- und Krallenpflege oder ein allgemeiner Gesundheitscheck. «Das Schönste ist, dass man abends zwar schmutzig und müde ist, aber weiss, dass man etwas Sinnvolles gemacht hat. Man ist auch mit Stolz erfüllt, wenn man sieht, wie sich die Tiere entwickeln von der Ankunft bis sie in ein neues Zuhause gehen dürfen.»
Dass Tierpfleger den ganzen Tag nur mit Tieren kuscheln, sei ein Klischee. «Die Leute, die das sagen, würde ich gerne eine Woche lang zur Arbeit mitnehmen. Die hätten am Schluss sicher eine andere Meinung.» Es sei auf jeden Fall ein körperlich anstrengender Job, da man den ganzen Tag auf den Beinen sei. Putzen, hochheben, Tiere einfangen und fixieren braucht Energie. «Am Anfang braucht man eine gewisse Zeit, bis man sich daran gewöhnt hat. Am Abend merkt man es in den Knochen.»
Schicksale, die nahe gehen
Psychisch ist der Beruf anspruchsvoll. «Man bekommt Schicksale von Tieren und Menschen mit. Das lässt einem nicht kalt. Als Tierpfleger sollte man eine gewisse professionelle Distanz wahren.» Trotzdem gibt es Tiere, die ihr ans Herz gewachsen sind. Bis zu ihr nach Hause ist aber noch keines gekommen.
Auf die Frage, wie ihre Zukunft aussehe antwortet Fehr: «Ich will meinem Herzen folgen, wo auch immer es mich hinführt.» Früher oder später möchte sie auch wieder nach Bolivien zurück. Sie engagiert sich nämlich auch von der Schweiz aus für ihr Herzensprojekt. Mit dem Tierschutzverein Animalma betreibt sie Fundraising für das Tierreservat in Bolivien.