Schweizer Schwalbenschwänze
Wer die Raupe nicht ehrt, ist des Schmetterlings nicht wert

Sie sind gelb und haben auf den Hinterflügeln ein blau-schwarz gerändertes Band: Die Schwalbenschwänze gehören zu den grössten Schmetterlingen Europas. Und sie schlüpfen zu dieser Jahreszeit.
Publiziert: 25.06.2022 um 14:42 Uhr
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Aktualisiert: 27.06.2022 um 09:14 Uhr
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Schwalbenschwänze gehören zu den schönsten einheimischen Schmetterlingen der Schweiz. Der Falter fliegt in zwei Generationen von Mai bis Juni und von Juli bis Oktober.
Foto: Getty Images/Imagebroker RF
Vanessa Nyfeler

Wer in seinem Garten Fenchel, Rüebli, Dill oder Wiesenkerbel hat, findet mit etwas Glück auch Schwalbenschwänze. Für diese einheimischen Schmetterlinge sind das nämlich die Futterpflanzen. Aber auch an Sellerie und Petersilie sind sie hin und wieder zu sehen.

Zurzeit dürfte man aber auch Raupen antreffen, erklärt Andrea Oelhafen (42), Umweltberaterin aus Luzern: «Der Falter fliegt in der Regel in zwei Generationen von Mai bis Juni und von Juli bis Oktober. In dieser Zeit legt er seine Eier. Die Raupen sind dann im Juni/Juli und Mitte August bis Mitte Oktober auffindbar.»

Aktuell befinden wir uns zwischen den beiden Generationen: Die Nachkommen der überwinterten Generation sind verpuppt beziehungsweise schlüpfen in diesen Tagen. Es gibt aber bereits wieder eierlegende Weibchen. Die nächste Generation ist also schon in den Startlöchern.

Von 50 Eiern überleben etwa zwei

Raupen sind nicht nur für Menschen interessant. «Schmetterlingslarven sind ein willkommener Leckerbissen für Vögel. Auch Wespen und Maikäfer ernähren sich von den Eiern und Raupen», so Oelhafen. Von 50 Eiern überleben jeweils nur etwa zwei.

Um die Schwalbenschwänze zu fördern, empfiehlt die Umweltberaterin, Futterpflanzen und einheimische Pflanzen anzubauen, auf Insektizide zu verzichten und naturnahe Flächen zu erhalten. Mit einem geeigneten Puppenkasten, Futterpflanzen und dem richtigen Standort kann man sogar selber welche aufziehen. Damit kann man zwar keine Art vor dem Aussterben bewahren, aber einen Beitrag leisten.

Genau das macht Barbara Kümin (51) seit 40 Jahren: «Ich sammle Schwalbenschwanzeier und nehme sie in eine Art Schutzhaft vor ihren natürlichen Feinden.» Es dauert vier oder fünf Tage, bis aus einem frisch gelegten Ei ein Räupchen schlüpft. Danach frisst die Raupe knapp einen Monat lang, bis sie ausgewachsen ist und sich verpuppt.

Es ist ein Wow-Effekt

Diesen Prozess beobachtete Barbara Kümin schon immer gerne: «Als ich acht Jahre alt war, übernahmen meine Eltern einen Schrebergarten in Kloten. Da mein Vater auf dem Land aufgewachsen ist, wusste er, was das für schöne Raupen waren, die wir eines Tages auf dem Rüeblikraut fanden.» Die Familie nahm die Raupen mit nach Hause und zog sie auf. «Der Wow-Effekt, als eines Tages der erste Schwalbenschwanz geschlüpft war, hat mich nie mehr losgelassen», fährt Kümin fort.

Was sie besonders fasziniert, ist das Freilassen der Falter. Vor dem ersten Flug sei es das einzige Mal, dass man einen Schwalbenschwanz auf der Hand halten kann. «Man lässt den Schwalbenschwanz, nachdem er seine Flügel komplett entfaltet hat und diese trocken sind, vorsichtig auf den Finger krabbeln und hält die Hand dann in die Sonne», erzählt Kümin. Der Falter breitet die Flügel aus und tankt Wärme und Energie. Nach wenigen Minuten putzt er sich kurz die Fühler, dann hebt er ab. «Es ist immer ein sehr schöner Moment, wenn man dem Schwalbenschwanz nachschaut – mit leichter Sorge, wie es ihm wohl in der freien Natur ergeht.»

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