Auf leisen Sohlen pilgern sie dieses Wochenende nach Zürich West. In ihren ledernen Retro-Modellen oder ultraleichte Stoffturnschuhen stellen sie sich ohne zu murren in die Schlange, zahlen die 18 Franken Messe-Eintritt, in der Hoffnung, an der Sneakerness ein gesuchtes Modell zu ergattern. 6500 Besucher werden im Maag-Areal erwartet. Sergio Muster (34), Mitbegründer der Messe, ist vom Erfolg selber überrascht: «Als wir die Sneakerness vor acht Jahren in Bern ins Leben gerufen haben, hätte niemand gedacht, dass sie mal ein Business Case würde.»
Symbol von Status und Gruppenzugehörigkeit
Turnschuhe sind das Begehrteste, was die Modebranche aktuell zu bieten hat. Den Sportplatz haben die angesagten Modelle schon längst verlassen, im Zusammenhang mit Streetwear wird deshalb der englische Begriff Sneaker (abgeleitet vom Wort Schleichen) verwendet. Eine Aura von Dynamik, Athletik und Kraft verströmen die Schuhe aber immer noch. Für Männer sind sie deshalb, was Handtaschen für Frauen sind: ein Symbol von Status und Gruppenzugehörigkeit.
Und: Turnschuhe sind ein Geschäft, das läuft – und sogar die Big Player aus Übersee anlockt. Der amerikanische Riese Foot Looker eröffnet hierzulande eine Filiale nach der anderen: Basel, Biel, Luzern, Bern sind in Planung, und in Zürich folgt mit dem ehemaligen Bernies-Ladenlokal beim Löwenplatz im Sommer bereits ein zweites Geschäft.
Die beiden grossen Namen im Sneaker-Business sind Adidas und Nike. Zahlen veröffentlichen veröffentlichen sie nicht. Auf Anfrage von BLICK sagt Jochen Bauer, Director Originals und NEO von Adidas: «Mit der Wiedereinführung des Stan Smith und des Superstars konnten wir in der Schweiz grosse Erfolge feiern.»
Limitierung als Strategie
Das Comeback des Stan Smith startete der deutsche Sportartikelhersteller damit, dass er den einstigen Tennisschuh 2012 vom Markt nahm. Anderthalb Jahre später, pünktlich zur Fashion Week in New York, brachte Adidas den Schuh zurück. Aber nicht für die breite Masse, nur ausgewählte «Influencer», Leute aus der Showbranche wie Pharrell Williams (43) bekamen ihn geschenkt.
Verknappung lautet das Marketing-Zauberwort. Mit limitierten Editionen kann in einem übersättigten Markt ein Hype kreiert werden. Die gleiche Strategie funktioniert auch bei den «Yeezy»-Modellen, die US-Rapper Kanye West (38) seit 2014 für Adidas entwirft. Um eines der 70 Stücke erbeuten zu können, die der Berner Sneakerstore Titolo im Angebot hatte, kampierten Hardcore-Fans drei Tage vor dem Laden. Und das im Februar. Im Netz werden Yeezys für bis zu 5000 Franken gehandelt.
Auch Schweizer Musiker lieben Sneakers
Der Schweizer Sänger Seven (37) kann über den Yeezy-Hype nur den Kopf schütteln. Für den bekennenden Turnschuhfreak (er besitzt 316 Paar Nikes) ist das konsequente Tragen von Sneakern mehr Lebenseinstellung als Fashionstatement. «Ich trage immer Turnschuhe. Ausser im Bett, im Pool, am Strand und zu Anzügen.»
Auch Claudio Candinas (32), der mit seiner Hip-Hop-Band «Breitbild» gerade die Schweizer Album-Charts stürmt, hat mit knapp 300 Paar einen Turnschuh-Tick. «Aber dass Leute für einen Schuh campen, das ist sogar für einen Schuh-Sammler wie mich zu viel des Guten. Es sind und bleiben Schuhe und keine Medikamente oder Ähnliches.»