Rache nach Entlassung
Ex-Modechefin der «Vogue» rechnet ab

Die ehemalige Modechefin der britischen «Vogue» rächt sich für ihre Entlassung. So öffentlich wie Lucinda Chambers wusch noch selten jemand schmutzige Wäsche.
Publiziert: 24.07.2017 um 15:16 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 18:18 Uhr
Lucinda ­Chambers auf dem Weg zur Frühlingsshow von Balenciaga. Hier war sie noch Modechefin der UK-«Vogue».
Foto: DUKAS
Jonas Dreyfus

Ein Interview mit Lucinda Chambers, ehemalige Modeverantwortliche der britischen «Vogue», beschäftigt die ­Fashionwelt zurzeit mehr als alle Sommerkollektionen zusammen. Erschienen ist es auf der Webseite des intellektuellen Modemagazins «Vestoj».

Chambers legt offen, was man in den Elitekreisen ihres Metiers sonst lieber für sich behält: dass sie ihren Job nicht freiwillig aufgab, sondern vom neuen Chefredaktor Edward Enninful (45) gefeuert wurde. Die 57-Jährige geht knallhart mit dem Magazin ins Gericht, das sie während 36 Jahren mitgeprägt hat, 25 davon als Modechefin.

Edward Enninful feuerte Chambers. Der Londoner mit ghanaischen Wurzeln ist neuer Chefredaktor der britischen «Vogue».
Foto: DUKAS

Die oft «lächerlich teuren» Kleider, die dort gezeigt würden, seien weltfremd, sagt sie. Es gehe nur noch darum, das neuste Produkt im Blatt zu haben. Chambers: «Um ehrlich zu sein, habe ich ‹Vogue› seit Jahren nicht mehr gelesen.»

«Beschissene» Titelseiten, «dämliche» T-Shirts

Das Interview ist ein Rundumschlag gegen die Profitgier in der ­Luxusbranche und gipfelt in einer hässlichen Schimpftirade, in der die Interviewte über das – Zitat – «beschissen» gewordene Cover der Juni-Ausgabe herzieht, für das sie selbst noch verantwortlich war. Man habe ihr vorgeschrieben, dem Model ein «dämliches» T-Shirt des Designers Michael Kors anzuziehen, eines wichtigen Anzeigekunden. Dass Kors’ Mainstream-Marke ­weder weltfremd noch lächerlich teuer ist, so weit denkt die beleidigte Stil-Ikone nicht. Und trotzdem ist ihre Kritik teilweise gerechtfertigt. Dass diese für einmal nicht von aussen kommt, sondern von einer Strippenzieherin der Branche, ist die eigentliche Sensation.

Dieses Cover mit It-Girl Alexa Chung findet ­Lucinda Chambers schlicht ­«beschissen».

Dumm nur, zieht Chambers erst nach ihrer Entlassung über das ­System her, das ihr jahrzehntelang Ruhm, Ehre und sicher keinen allzu schlechten Lohn bescherte. Der Fall ist symptomatisch für die ­Modebranche in Zeiten von Social Media. Über die sozialen Medien können eben nicht nur Luxusbrands Millionen von Menschen erreichen, auch Einzelpersonen gelingt das. Bereits haben sich die Anwälte des riesigen Condé-Nast-Verlags, der «Vogue» herausgibt, eingeschaltet und beim kleinen Team des Nischenprodukts «Vestoj» einige Änderungen am Interview durchgesetzt.

Was beim Konsumenten zurückbleibt, sind ein schaler Nachgeschmack und die Gewissheit, dass in der Modebranche einiges im Argen liegt. Fehden gab es dort schon immer, doch sie spielten sich meist zwischen Designern und Models ab. Wie sich Karl Lagerfeld (83) und Yves Saint Laurent (1936–2008) ab den 1950er-Jahren bekriegten, oder Naomi Campbell (47) und Tyra Banks (43) in den 1990er-Jahren – das hatte im Vergleich zu den heu­tigen Gifteleien echtes Unterhaltungspotenzial. Gerade die Nine­ties gelten, zynisch ausgedrückt, als das Jahrzehnt, als Mode noch Spass machte. Ironischerweise sehnt sich Lucinda Chambers wohl gerade nach jener Zeit zurück. 

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