Es ist der Stil von Frauen mit gefestigten Karrieren, der jetzt die Topdesigner inspiriert. Von Frauen, die vielleicht schon Kinder grossgezogen haben. Klassische Schnitte, Unisex-Passformen und übereinander geschichtete Kleider sind in den Herbst-Winter-Kollektionen überall zu sehen.
«Menocore» nennt Darling Ross vom Modeblog Manrepeller.com das Phänomen – eine Wortverbindung aus Menopause und Hardcore. Es geht um ein selbstbewusstes Körpergefühl, das Ross im Erscheinungsbild der Frauengeneration ihrer Mutter erkennt. Stilistisch ist der Trend irgendwo zwischen Kunstlehrerin und Geschäftsführerin auf Urlaubsreise einzuordnen. Endlich sehen Designer ein, dass sie mit ihren jugendlichen Kollektionen lange direkt an ihrer kaufkräftigsten Kundin vorbeischrammten: Der Frau mittleren Alters, also von 45 aufwärts.
Die ewige Ikone dieser Altersgruppe ist Diane Keaton (71). Seit den späten 1980er-Jahren trägt die Schauspielerin hochgeschnittene Wollhosen und Männerhemden, legt sich Kaschmirpullover um die Schultern oder bindet sich Regenjacken um die Hüften. Quirliger mag es Miuccia Prada (67). Die Designerin trägt Jupes, die knapp übers Knie reichen und locker geschnittene Blusen aus Seiden- und Brokatstoffen.
Cate Blanchett (48) wiederum trägt breite Jacketts und Hosen mit tief liegendem Schritt. Judi Dench (82) macht in ethnohaften Tuniken auf weise Grossmutter.
Tragekomfort kombiniert mit Selbstbewusstsein
Während «Menocore» einerseits Tragekomfort bedeutet, zeugt der Stil parallel von einer emanzipierten Gelassenheit: Blanchett und Keaton brauchen keine hautengen Kleider, um der Welt zu beweisen, dass sie körperlich in Form sind.
Entsprechend kleidet der belgische Designer Dries Van Noten diesen Winter über 40-jährige Models in Mäntel und Jacketts, deren breite Schultern gelassen zur Seite herabhängen. Victoria Beckham (43) dient sich selbst als Muse und schneidert weite Stoffhosen – darüber flatternde, transparente Seidenkleider und legere Blazer in Überlänge. Die Olsen-Zwillinge (31) machen für The Row Anzüge, die aussehen, als hätte eine Frau den Anzug ihres Mannes beim Schneider abändern lassen.