Ein amerikanischer Quereinsteiger mit ghanaischen Wurzeln übernimmt eine Top-Position beim Pariser Modehaus Louis Vuitton. Karrieremärchen wie das von Virgil Abloh gibt es nur in der Mode.
Die Geschäftsleitung des konservativen französischen Luxusimperiums Louis Vuitton Moët Hennessy, kurz LVMH, engagierte den 38-Jährigen Ende März als Chefdesigner der Herrenkollektion – und die Branche dreht durch.
Zum ersten Mal steht ein Schwarzer an der Spitze eines Fashionbrands von LVMH. Erst noch einer, der nie eine Modeschule besuchte und nebenher als DJ arbeitet.Abloh studierte Architektur und beriet den Rapper und Designer Kanye West in kreativen Angelegenheiten. Mit der Luxusbranche in Kontakt kam er während eines Praktikums bei Fendi in Rom.
Heute gilt sein eigenes Label Off-White als Inbegriff von Coolness. Abloh sagt in Interviews, er wolle eine Brücke schlagen von der Streetwear, sprich der Mode jugendlicher Subkulturen, zur Haute Couture.
Wenn Virgil Ablohs Coolness auf Louis Vuitton trifft
Mit einem Führungswechsel Schwung in ein Unternehmen zu bringen, ist nicht nur in der Modebranche üblich. Doch nirgendwo in der Massenproduktion spiegelt sich die Persönlichkeit des neuen Chefs so stark im Produkt wider. Das Geschlecht eines Designers, seine Einstellung zum Thema Sexualität, seine Herkunft – alles fliesst direkt in eine Kollektion mit ein. Aus einem frischen Wind wird so schnell einmal ein heftiger Sturm.
Bereits Ablohs Vorgänger Kim Jones, der nach sieben Jahren zu Dior Homme wechselt, baute bei Louis Vuitton, wenn auch zaghaft, Streetwear-Elemente in seine Kollektionen ein.
Wie es aussieht, wenn Virgil Ablohs Coolness auf Louis Vuitton trifft, wird sich im Sommer zeigen, wenn die nächste Fashionweek in Paris stattfindet. Dass er reüssiert, ist trotz dem Tamtam um seine Anstellung so gut wie sicher. Die Käuferschaft von Luxusmode lechzt nach urbanen Entwürfen, die an Outfits von Club-Gängern, Skateboardern und Hipstern erinnern.
Auf den ersten Blick weniger einleuchtend ist ein anderer heiss diskutierter Jobwechsel: der von Hedi Slimane. Der 49-jährige Franzose mit tunesischen Wurzeln sorgte während seiner Zeit als Designer von Yves Saint Laurent, heute Saint Laurent, für Umsatz, gilt aber auch als arrogant und fixiert auf junge, dünne, weisse Menschen. Seine bisherige Inspirationsquelle: die Indie-Rock-Szene von Los Angeles. Seine Models sahen oftmals aus wie minderjährige Prostituierte.
Ausgerechnet er übernimmt jetzt das Ruder beim Label Céline, das unter seiner Vorgängerin Phoebe Philo zur Top-Adresse für feminine Mode mit intellektuellem Anspruch avancierte. Céline tragen Frauen, die neben einem Party- auch noch ein Berufsleben führen.
Von Kim Kardashian zu Herzogin Kate
Für viele Fans der zierlichen Engländerin Philo ist die Ernennung Slimanes ein Affront. Verantwortlich für den Entscheid ist LVMH. Dem Konzern gehört auch Céline. Slimane lancierte einst erfolgreich eine Männerlinie für Dior. Kommenden September soll er dasselbe für Céline tun. Eine Männerlinie zu etablieren, die auf einen Frauennamen lautet – keine leichte Aufgabe.
Der dritte grosse Designerwechsel der Saison dürfte sogar das britische Königshaus in Aufregung versetzt haben: Burberry, die bekannteste englische Modemarke, kleidete Herzogin Kate fürs «Vogue»-Cover ein, jetzt fällt sie in die Hände des Italieners Riccardo Tisci. Der 43-Jährige entwarf für seinen ehemaligen Arbeitgeber Givenchy unter anderem das Hochzeitskleid von US-Reality-Star Kim Kardashian.
Von Brit-Chic zu Bling-Bling – Burberrys CEO Marco Gobbetti will das mit Regenmänteln bekannt gewordene Unternehmen offenbar ummodeln. Gobbetti war früher Geschäftsführer von Givenchy und engagierte Tisci schon dort als Chefdesigner. Virgil, Hedi und Riccardo – die Namen werden noch viel zu reden geben.