Inklusivität ist die neue Exklusivität
Wer zahlt, ist dabei

Luxusfirmen wie Gucci wollen Mode allen zugänglich machen. Allen, die bereit sind, 420 Franken für Badeschlappen auszugeben.
Publiziert: 05.08.2018 um 17:56 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:48 Uhr
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Werbung aus der aktuellen ­Zusammenarbeit des ­Luxushauses Gucci mit ­Kult-Designer Dapper Dan.
Jonas Dreyfus

Inklusivität heisst das neue Trendwort der Modebranche. Gemeint ist das Gegenteil von Exklusivität. Vereinfacht: Ein Kunde soll nicht mehr betteln müssen, um auf die Warteliste für eine seltene Tasche zu kommen, sondern das Modell in jeder Farbe aus dem Laden mit nach Hause nehmen können.

Vorausgesetzt, er kann es sich leisten. Denn die Preise sind noch dieselben wie zu Zeiten, als Exklusivität Luxus definierte. Die Marke Gucci hat ihren Umsatz beinahe verdoppelt, seit sie auf Inklusivität setzt. Die vielen Fans des italienischen Modehauses geben viel Geld aus für etwas, das viele besitzen. Damit das so bleibt, wird in der Werbung die Illusion einer coolen, jungen Clique kreiert, zu der jeder gehört, der ein Gucci-Produkt besitzt.

Auch die Shops setzen auf Kundennähe – Kleider und Accessoires dürfen angefasst werden, Vitrinen gibts keine. Der Besucher taucht ein in ein gemütliches Ambiente und fühlt sich absolut willkommen.

Wie sich das Geschäft mit Inklusivität auszahlt, zeigt die neue Kollaboration von Gucci mit dem Designer Dapper Dan (73, gebürtig Daniel Day) und dessen gleichnamigem Brand. Der ehemalige Kleinkriminelle führte in den 80er-Jahren in Harlem, New York City, ein Atelier, in dem er gefälschte Markenklamotten designte.

Hip-Hop-Stars wie die Mitglieder des Trios Salt 'n' Pepa, Sportler wie der Boxer Mike Tyson und erfolgreiche Drogendealer rissen sich um die mit riesigen Gucci-Logos bedruckten Lederjacken und um Ganzkörper-Outfits, die flächen­deckend mit dem Louis-Vuitton-­Logo bedruckt waren.

Dapper Dans Kleider, alles Spe­zialanfertigungen, waren Statussymbole, die sich nur die wenigsten leisten konnten. Als erster Designer, der Luxusmode verkaufte, die sich nicht an eine weisse Kundschaft richtete, gehört er zum afroamerikanischen Kulturgut.

Sie trieben ihn in den Ruin, jetzt verdienen sie mit ihm Geld

Das Internet und die damit verbundenen Kommunikationskanäle gabs in der heutigen Form noch nicht, Dapper Dan konnte relativ lange unentdeckt seinem Geschäft nachgehen.

Irgendwann begannen die Marken dann doch zu klagen, auch Gucci. 1992 musste er sein Atelier schliessen. Als Gucci 2017 einen Look von Dapper Dan ungefragt zurück kopierte, löste das im Internet einen Shitstorm aus. Dass er jetzt mit Gucci zusammen Kleider entwirft, die an damals erinnern, kann man ihm nicht verübeln.
Dass sich ein Unternehmen an jemandem bereichert, den es in den Ruin getrieben hatte, ist allerdings daneben. Genauso wie die fast schon lächerlich hohen Preise, die für die Teile verlangt werden.

So kostet ein Paar Badeschlappen aus Leder 420 Franken. Für eine mit Swarovski-Kristallen besetzte Brille ohne Korrektur aus dem Naturmaterial Acetat verlangt Gucci mehr als 1000 Franken. Die Produkte können Interessierte mit ein paar wenigen Klicks online bestellen. Es ist genug für jeden da.

Inklusivität hin oder her: Es gibt schönere Vorstellungen als weisse Modebloggerinnen, die nichts mit Hip-Hop am Hut haben und jetzt plötzlich wie Rapper aus den heruntergekommmenen New Yorker Vierteln der 80er-Jahre herumlaufen. 

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