Ihnen ist es in letzter Zeit sicher auch aufgefallen: Die Kleidung der Jugend hat sich verändert. Ein Mix aus Trainingsbekleidung, XL-Fussballtrikots, Baggy-Kapuzensweatshirts und dünnen 1980er-Tennisjacken. Mädchenbeine stecken in figurzeigenden Leggings oder Baggy Pants, Schirmmützen verdecken die Gesichter.
Es ist ein neuer Hype, der aus Grossbritannien und den USA zu uns gekommen ist: Streetwear-Fashion. Er bringt Old-School-Teile von Sportlabels wie Adidas, Nike und Puma und hippe Sportswear sowie Retro-Teile aus den 1980ern zurück in die Kleiderkästen.
Die Kids drehen durch – und mit ihnen auch die Eltern
Am Anfang des Erfolgs steht das zu Tode gehypte New Yorker Streetwear-Label Supreme, bei dem Adidas, Nike und sogar Luxusdesigner Schlange stehen, um eine Kollaboration mit ihm eingehen zu dürfen. Die letzte mit Louis Vuitton war innerhalb von Tagen weltweit ausverkauft – trotz saftiger Preise. Die Kids drehten durch, und deren Eltern mussten natürlich gleich mitdrehen.
Dasselbe Phänomen mit Yeezy, der Kollektion von Rapper Kanye West (39), die durch Kollaboration mit Adidas zu einer Verkaufsrakete wurde. Und wieder drehten alle Kids und Fashion-People durch. Lange gab es keinen einzigen Yeezy Boost mit Riffelsohle mehr zu kaufen, und alle warteten geduldig auf den neuen. Diese Woche kam Yeezy Boost 350 V2 endlich in die Läden. Die Autorin dieser Zeilen kaufte sich auch ein Paar.
Andere Kids, etwa der Münchner Benjamin Penshorn und dessen Freunde, begannen bei ihren Eltern und auf Flohmärkten nach Trikots und Sweatshirts von Ellesse, Fila, Sergio Tacchini und Ralph Lauren zu suchen – und verkaufen das, was sie nicht selbst anziehen, auf der Instagram-Site «Screwed up vintage» – auch an erstaunlich viele Fans in der Schweiz. «Die Gegend um München ist von uns schon so gut wie abgegrast», sagt Penshorn, «nun überlegen wir, mal in die USA zu fahren, denn dort gab es in den 80ern eine ganz andere Markenkultur als bei uns.»
Woher kommt dieser Hype und warum schaffen es nur bestimmte Sportswear-Labels, in den Hipster-Olymp aufzusteigen? «Es ist der Einfluss der Rap-Musik und des Nachtlebens», sagt Benjamin Penshorn, das Vintage-Kid.
Musiker und Produzent Pharrell Williams (44), supererfolgreich mit dem Welthit «Happy», ist der König dieses Fachs. Er hat in den letzten zehn Jahren zwanzig (!) Kollaborationen designt – Sneakers für Reebok und Adidas Superstar, Sonnenbrillen für Louis Vuitton und viele mehr. Trägt Williams ein Fila-Sweatshirt oder eine Zipper-jacke von Ellesse, wollen das sofort alle – und auch, dass er genau den Look für ihre Marke kreiert.
Die Supreme-Jungs gehören zu den heissesten Dates
Virgil Abloh, Chef der Marke Off-White und Creative-Director von Kanye West, DJ, Möbeldesigner und Künstler, könnte dreimal so viel produzieren. Alles, was aus seinen Händen stammt, wird zu Gold. Er pendelt als DJ Flat White -zwischen Tokio und Paris, bespricht unterwegs mit seinem -Designteam in Mailand die neuen Kollektionen und legt abends in irgendeinem Club auf, bevor er nach New York zurückfliegt, wo er voller neuer Ideen in sein Hipster-Imperium in Manhattan eintaucht.
Die Jungs, die bei ihm oder bei Supreme als Designer und Grafiker arbeiten, sind alle jung und gehören zu den begehrtesten Dates der Stadt. Sie alle haben, was in einer Metropole wie New York City das Kostbarste überhaupt ist: Zugang zu den Topadressen! Mädchen, die mit diesen Jungs abhängen, sehen aus wie blasse Chloë-Sevigny-Kopien und sind oft Skatergirls aus gutem Hause. Rihanna, -Beyoncé, Drake und Jay-Z tragen die ausverkauften Supremes-Jacken und Hoodies mit der weissen Aufschrift auf dem Rücken.
Man muss hin, sonst war man nie in höchsten Hipsterkreisen
Der Supreme-Shop in Tokio gilt seit den 1990ern als das Mekka aller Hipster. Man musste einfach hin und wieder dahinpilgern, sonst war man nichts in höchsten Hipsterkreisen. Nach dem grossen Andrang wurden viele neue Stores eröffnet.
Aber Abloh und die anderen haben nicht nur Klamotten entworfen. Sie schufen auch eine neue Lebenswelt, die zwar fashionable, aber teils auch sehr teuer ist. Daran scheinen sich junge Menschen jedoch nicht zu stören, sie wollen dazugehören. Ausgangspunkt dieser Welt sind die Strasse und das Nachtleben. Die Orte, an denen alle unterwegs sind und die als Quelle für alle neuen Ideen wirken.