Legt eine Frau wie Milo Moiré (33) offen, dass sie mit 200 Männern geschlafen hat, ist das ein Volltreffer für alle Beteiligten. Ihre Berufung ist es, Reaktionen zu provozieren. Und Menschen wiederum lieben Zahlen, wenn es um Sex geht.
Zahlen machen etwas Vielschichtiges, Individuelles und auch Geheimnisvolles wie Sex greifbar und vergleichbar. Mehr als 200 Männer – diese Aussage ist ein Sprungbrett für feurige Überlegungen.
Wie sieht der Alltag einer 33-jährigen Frau aus, die so etwas erlebt hat? Was hat sie für Ziele, Träume und Werte? Wie passen die zu den eigenen Vorstellungen? Würde man tauschen, wenn man könnte? Würde man mitmachen oder sich sofort abwenden? Eine Zahl bietet Gelegenheit, jemanden in eine Schublade zu stecken. Das tun Menschen nun einmal gerne.
Fakt ist: Die Zahl Sexpartner interessiert die meisten Leute. Vielleicht nicht bei einer Performancekünstlerin, aber sehr wohl, wenn es um die eigene Beziehung geht. Fast alle Paare tauschen sich früher oder später über gemachte sexuelle Erfahrungen aus, fast bei allen wird früher oder später die berühmte Frage nach den Verflossenen gestellt. Verzichtet ein Paar auf den Nummernvergleich, dann meistens, weil das in früheren Beziehungen für Ärger gesorgt hat.
Nicht wenige bringt die Frage nach der Partnerzahl nämlich in Bedrängnis. Eine Zahl macht eine Bewertung möglich, eine Bewertung öffnet das Feld für Ablehnung. Was, wenn die Zahl zu hoch ist? Was ist überhaupt «zu hoch»? Bin ich ab einer gewissen Zahl oberflächlich oder eklig? Darf ich offenlegen, falls ich die Zahl mit Genuss und vielleicht auch einer Leistung in Verbindung bringe?
Eine Zahl kann aber nicht nur nach oben Angriffsfläche bieten. Was, wenn die Zahl gefühlt zu tief ist? Bin ich dann langweilig, prüde, ein Versager?
Es ist gesund, sich für die sexuelle Geschichte eines Menschen zu interessieren, den man an sich ranlässt. Exakte Daten auszutauschen, ist aber keine Pflicht. Ist das Interesse da, sollte es zwingend über eine nackte Zahl hinausgehen. Hinter jeder Zahl steckt eine Biografie, und eine erfüllte Sexualität lebt von Grosszügigkeit und Offenheit.
Die Geschlechterfrage? Zum Glück wanken immer mehr Klischees, was Frauen und Männer sexuell dürfen oder sollen. Weil immer mehr Menschen realisieren, dass es beim Sex um individuelle Vorlieben und Passung geht, statt um plumpe Vorgaben oder Statistiken.