Mein Freund (31) und ich (28) hatten einen nicht so guten Start in unsere Beziehung: Er hat es mit der Treue nicht sehr genau genommen, was sich aber stabilisiert hat. Trotzdem habe ich noch immer Schwierigkeiten, ihm zu vertrauen. Er hat mich beispielsweise mehrfach im letzten Moment sitzen lassen, wenn wir etwas unternehmen wollten. Wenn ich gemeinsame Projekte vorschlage, geht immer alles sehr harzig. Ich verstehe das zwar, aber wenn es um seine Wünsche und seine Freunde geht, hat er immer sofort Zeit. Er sagt, er sei unter Druck wegen seiner finanziellen Probleme, und nächstes Jahr werde es besser. Aber ich habe Mühe, um zu vertrauen. Michèle
Liebe Michèle
Ohne Geduld und eine gewisse Frustrationstoleranz funktioniert eine Beziehung nicht. Man muss verschiedene Bedürfnisse unter einen Hut bringen und die Schwierigkeiten bewältigen, die einem das Leben vor die Füsse wirft. Hürden nimmt man leichter, wenn eine Beziehung eine starke, gesunde Basis hat. Da diese bei euch angeschlagen ist, ist es kein Wunder, dass du dich schwer tust, Vertrauen zu haben.
Betrachten wir, was dein Freund jetzt sofort beeinflussen kann und was nicht: Dass er dich betrogen hat, lässt sich nicht mehr ändern. Mit den Narben dieser Erlebnisse müsst ihr leben. In Bezug auf die Geldprobleme scheint er die nötigen Veränderungen gemacht zu haben. Das Einzige, das er sofort frei gestalten könnte, wäre die gemeinsam verbrachte Zeit – nur musst du da auch zurückstecken. Dass er viele Freiräume braucht, ist schön und gut. Aber dann stellt sich irgendwann die Frage, ob er eurer Beziehung genug Priorität gibt.
Leg für dich fest, wo deine Grenzen sind und zeige diese deinem Freund auf. Du bist kein Selbstbedienungsladen an Geduld und perfekt dosierter Präsenz. Denn gerade weil niemand die Zukunft vorhersagen kann, ist es wichtig, dass ihr gemeinsam dafür sorgt, dass die Gegenwart für beide stimmt.