Ich (32) kenne meinen Freund (32) schon seit über zehn Jahren. Als wir vor zwei Jahren endlich zusammengekommen sind, war ich überglücklich. Alles war perfekt – bis er mir sagte, dass er mich liebe, aber mich gleichzeitig fragte, ob ich mich schminken würde, weil das schön sei. Für mich brach eine Welt zusammen, und ich habe drei Tage lang nur geheult. Heute trage ich für ihn Kleider, die ich hässlich finde, und mein ganzes Selbstbewusstsein ist kaputt. Wir gehen kaum noch raus zusammen, weil es ständig rattert in meinem Kopf. Sein Umfeld sagt, ich sei ein Psycho und brauche Hilfe. Daniela
Liebe Daniela
Das klingt tatsächlich so, als ob du Unterstützung gebrauchen könntest. Aber nicht, weil du «ein Psycho» wärst, sondern weil damals in deinem Inneren etwas passiert ist, das sich oberflächlich nicht nachvollziehen lässt. Solange du, dein Freund und sein Umfeld nicht in die Tiefe blicken, könnt ihr diesen Knoten auch nicht lösen.
Die Aussage deines Freundes hat offensichtlich einen wunden Punkt getroffen. Eine bestimmt nicht abwertend gemeinte Aussage hat in deinem Inneren eine Kette von negativen Schlussfolgerungen ausgelöst, die dich bis in den Kern deines Wesens erschüttert haben. Was dein Freund formuliert hat, war für ihn ein harmloser Vorschlag. Was du gehört hast, war eine Abwertung der Essenz deines Seins.
Wenn etwas derart tief und zerstörerisch in einem Menschen wirken kann, gibt es immer eine Vorgeschichte. Bei dir vielleicht eine lange Geschichte von Zurückweisungen oder eine frühere tiefe Verletzung, weil du so, wie du bist, nicht willkommen warst. Spür mit einer Fachperson auf, wie dieser wunde Punkt in dir entstanden ist.
Stell dich der Tatsache, dass dich nicht Ansprüche deines Freundes in die Knie zwingen, sondern deine eigenen. Denn im Grunde verbiegt nicht er dich, sondern du dich selber.