Kurz nachdem ich (34) mit meiner Freundin (31) zusammengekommen bin, habe ich erfahren, dass sie als junge Erwachsene von ihrem damaligen Freund vergewaltigt worden ist. Bis heute kann sie keinen Geschlechtsverkehr haben. Wir können sonst eine durchaus schöne Sexualität leben, aber Eindringen geht nicht. Als wir es einmal versucht haben, ist sie weinend zusammengebrochen. Wir sind nun mehrere Jahre zusammen, und ich merke, dass mir die Kraft ausgeht. Meine Freundin lehnt es ab, in eine Therapie zu gehen, egal ob allein oder zu zweit. Sie sagt, sie würde jederzeit mit mir schlafen, wenn es nicht mehr anders gehe, aber ich sage ihr, es sei okay, wie es ist. Mark
Lieber Mark
Deine Freundin braucht Hilfe von einer Fachperson, um das Erlebnis von damals aufzuarbeiten. Das wiederum ist nur möglich, wenn sie selber hinter dieser Beratung steht und primär für sich hingeht und nicht auf Druck von aussen.
Im Kern der damaligen Verletzung liegt, dass ihr die Selbstbestimmung genommen wurde. Verfügen nun wieder andere über sie, vertieft dieser erneute Kontrollverlust nur ihre seelische Wunde.
Es ist also richtig und wichtig, dass du nicht darauf eingehst, wenn deine Freundin dir Sex dem Frieden zuliebe anbietet. Gleichzeitig ist es heikel, wenn du ihr signalisierst, dass diese Lösung für dich stimmt, während dich der Verzicht stetig aushöhlt. Ihr haltet euch so in einem Alles-ist-gut-Spiel gefangen, indem du zwischen der Rolle des stützenden Freundes und jener des auf Sex fixierten Täters wählen kannst.
Angehörige von traumatisierten Menschen gehen nach einem Schicksalsschlag oft vergessen und bleiben mit ihrer Überforderung allein. Aber auch du hast die Möglichkeit, dich beraten zu lassen. Erkundige dich bei einer Opferhilfe-Beratungsstelle, wo du weitere Unterstützung bekommen kannst.