Mir (35) ist aufgefallen, dass mein Mann (36) sehr regelmässig Nachbarinnen nachguckt, wenn diese leicht bekleidet oder sogar nackt durch die Wohnung laufen. Ich halte ihn nicht für einen Spanner, aber er guckt meiner Ansicht nach schon länger als nötig. Je schöner die Frau ist und je weniger sie trägt, desto intensiver werden seine Blicke. Ich habe dann das Gefühl, dass die Frauen das geniessen und extra noch eine Runde drehen. Soll ich ihn darauf ansprechen, oder macht es das erst recht interessant für ihn? Raphaela
Liebe Raphaela
Es ist verständlich, dass dir die Idee nicht behagt, dass dein Mann ein Spanner sein könnte. Das wäre er aber nur, wenn er, wie du es nennst, «länger als nötig» hinguckt. Doch was genau länger als nötig ist, ist gar nicht so einfach zu definieren.
Denn eines ist klar: Ein nackter Mensch erregt nun mal eine gewisse Aufmerksamkeit. Es ist also nichts als logisch, dass dein Mann einen Blick riskiert, statt sich sofort unter dem Fensterrahmen auf den Boden zu werfen und blind tastend die Fensterläden zu schliessen. Dass er eine schöne Frau länger und lieber betrachtet als eine nicht so hübsche, liegt auch irgendwie auf der Hand. Sein Verhalten mag also lästig oder verletzend sein, es ist aber erklärbar.
Und streng genommen bist du nicht die unbeteiligte Beobachterin, als die du dich hier darstellst. Denn auch du beobachtest deinen Mann länger als nötig. Du ziehst es vor zu schweigen, statt offen anzusprechen, dass dein Mann aus deiner Sicht Grenzen überschreitet und dich verletzt.
Sprich offen über die Sache, statt dich hinter der Perspektive des Beobachters zu verstecken. In einem offenen Gespräch könntest du wirklich etwas bewegen, und ihr würdet mehr über eure Grenzen erfahren. Ihr müsst klären, was in eurem Haushalt gilt – und nicht, was sich hinter fremden Fenstern abspielt.
Vielleicht lacht ihr bald darüber, dass ihr in einem wahnsinnig freizügigen Quartier zu wohnen scheint, wenn sich die Nachbarinnen gleich reihenweise am Fenster ausziehen.