Ich (38) bin Erwachsenenbildnerin und in einer schönen Beziehung. Trotzdem fühle ich zu einem meiner Schüler (25) eine grosse Anziehung. Ich bin überzeugt, dass solche Gefühle kein Zufall sind und dass man sie aufdecken und annehmen soll. Ich habe aber Skrupel. Würde ich mich strafbar machen? Soll ich warten, bis der Schüler nicht mehr mein Schüler ist? Alexandra
Liebe Alexandra
Einen wasserdichten juristischen Rat kann ich dir als Psychologin nicht bieten. Aber selbst für Juristen wäre eine abschliessende Antwort schwierig, weil einiges offen ist. Strafbar machst du dich, wenn du ausnutzt, dass dieser Mann in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dir steht und er sexuellen Handlungen unter Druck und aus Angst vor negativen Konsequenzen zustimmen würde.
Auf der menschlichen Ebene wirkt es etwas seltsam, dass du die Anziehung als schicksalshafte Rechtfertigung betrachtest, diese Attraktion zu verfolgen. Was würdest du denken, wenn dein Partner sich zu einer dreizehn Jahre jüngeren Arbeitskollegin hingezogen fühlte? Und er diese Gefühle dann auch «annehmen» und «aufdecken» würde, weil sie «kein Zufall» sein können?
Falls du nun argumentierst, dass mal Kaffee trinken noch kein Betrug ist, dann muss ich einfach fragen: Was genau willst du mit dieser intensivierten Nähe bezwecken? Die meisten Leute machen leider beide Augen zu, wenn sie Kontakt zu einer Person suchen, die sie fasziniert. Anschliessend sind sie überrascht, wenn sich eine Affäre entwickelt.
Sollte diese Begegnung tatsächlich so schicksalshaft sein, dann ist sie es auch dann noch, wenn dein Schüler nicht mehr in deiner Klasse ist. Dann musst du dir wenigstens nur noch Gedanken machen, ob dein Verhalten deinem Freund gegenüber fair ist. Und das dürfte knifflig genug sein.