Ist die Ästhetik von Genitalien für guten Sex wichtig?
Sex macht dann am meisten Spass, wenn man den eigenen und den Körper des Gegenübers gern hat und geniesst. Dazu gehört durchaus eine gewisse optische Anziehung, auch im Intimbereich. Man kann aber nicht sagen: Menschen mit schönen Genitalien haben besseren Sex.
Kann man denn überhaupt definieren, wann ein Intimbereich schön ist?
Wir haben durchaus ein Schönheitsempfinden, wenn es um Geschlechtsteile geht. Warum sollte es bei einem Gesicht eine gewisse Einigkeit darüber geben, was schön ist, nicht aber bei einem Penis oder einer Vulva? So lange mann so eine Einschätzung offen, wertschätzend und nicht einengend versteht, ist das nichts Schlechtes.
Wie entsteht ein Schönheitsideal für Geschlechtsteile?
Aus einem Mix aus unserem genetischen Programm, das zum Beispiel eine Vorliebe für Symmetrie vorgibt, aber auch aus gesellschaftlichen Vorgaben, die eher trendabhängig sind. Gerade Intimbehaarung ist ziemlichen Moden unterworfen. Dann spielen nicht zu knapp auch individuellen Vorlieben eine Rolle. Die Geschmäcker sind verschieden.
Was bringen Studie wie die vom Kinderspital Zürich, die dem Schönheitsideal des Penis wissenschaftlich auf den Grund gehen will?
Ich finde es sehr gut, dass diese Studie gemacht wurde. Wir werden laufend mit sexuellen Halbwahrheiten bombardiert und systematisches erarbeitetes Wissen ist Gold wert. Noch mehr freue mich übrigens über die Resultate.
Wieso?
Weil sie äusserst versöhnlich sind und dem entsprechen, was Sexualwissenschaftler schon lange sagen: Es geht nicht um irgendwelche Monstermasse. Am wichtigsten war den befragten Frauen ein gepflegter Gesamteindruck. Eine ansprechende Intimbehaarung, eine schöne Haut, die Form des Hodensacks oder der Eichel – all diese Dinge schätzten die Frauen mehr, als Dicke oder Länge. Und trotzdem dreht sich die Diskussion jetzt nur wieder um die Grösse.
Aber sehr viele Frauen sagen ja mittlerweile offen, dass die Grösse wichtig ist?
Die Frage “Kommt es auf die Grösse an?” greift einfach viel zu kurz. Natürlich kommt es auf die Grösse an. Aber der Spielraum ist unglaublich viel grösser, als in teils sehr simpel geführten Diskussionen von Männern und Frauen kolportiert wird. Ja, es gibt Frauen, die auf massiv überdurchschnittlich grosse Penisse stehen und die diese Optik und das entsprechende Gefühl mögen. Genau wie es Männer gibt, die auf massiv überdurchschnittlich grosse Brüste stehen. Aber die absolute Mehrheit der Leute ist doch sehr flexibel. Und selbst wenn mal etwas nicht dem persönlichen Ideal oder Wunschtraum entspricht, kann der Sex absolut toll sein. Man kann nicht oft genug sagen: Man hat in erster Linie Sex mit einem anderen Menschen, nicht mit einem anderen Geschlechtsteil.
Was soll man tun, wenn man sich mit seinem eigenen Geschlechtsteil nicht wohl fühlt oder unsicher ist?
Das Wichtigste ist, dass man sich gern hat und den eigenen Körper schätzt. Für viele Leute ist das ein Lernprozess. Man muss beim Anblick des eigenen Intimbereiches nicht permanent in rauschende Begeisterungsstürme verfallen. Aber man soll sich mögen und vor allem auch kennen. Sprich: sich optisch und fühlend erkunden und sich mindestens okay finden.
Man kann seinen Intimbereich auch gestalten?
Man kann und man soll. Das ist Teil des Schätzens des eigenen Körpers.
Wie?
Beispielsweise, indem man die Intimbehaarung so stutzt oder eben entfernt, wie man es selber für schön und lustvoll empfindet. Da darf man ruhig auch experimentieren. Es sind nur Haare. Sie wachsen nach. Viele Leute lassen beim Eincremen den Intimbereich systematisch aus. Warum? Er verdient auch Aufmerksamkeit. Andere Leute möchten ihren Intimbereich schmücken und entscheiden sich für ein Piercing und zeigen so ihren Stolz für ihr Geschlechtsteil. Das mag nicht der gängigste Weg sein, aber warum eigentlich nicht? Andere schmücken sich lieber mit schöner Wäsche. So lange sie nicht nur Versteck und Verhüllung ist, ist das auch ein Schmuck und Wertschätzung.