Sie haben leidenschaftlich gestritten – im echten Leben und im gemeinsamen Film «Who's Afraid of Virginia Woolf?» von 1966: Elizabeth Taylor (1932–2011) und Richard Burton (1925–1984). Dass das Paar zweimal verheiratet war, spricht dafür, dass es gern stritt – zumindest, wenn es nach einer Studie der Universität Zürich geht. Sie kommt zum Schluss, dass das Glück von Paaren, die Konflikte als weniger tragisch einstufen, weniger gefährdet ist als das Glück von Paaren, für die Konflikte etwas Schlimmes sind.
Um zu untersuchen, wie sie mit Stress umgehen, was ihre Beziehung stärkt und was sie schwächt, untersuchte ein Forschungsteam während zehn Jahren die Interaktion von Paaren. Zentral waren Streitgespräche, die ein Teil der rund 360 Paare vor der Kamera zu Themen wie Kommunikation, Geld, Kinder und Haushalt führte. Die Ergebnisse der Studie wurden jüngst im Magazin der Uni erklärt.
Wie wir in Konflikten miteinander umgehen, habe viel mit den Zielen zu tun, die wir in einer Partnerschaft verfolgen, wenn auch meist unbewusst, sagt der Zürcher Paarpsychologe Guy Bodenmann, der mit der Motivationspsychologin Veronika Brandstätter und anderen Forschern die Studie leitete. Diese definiert bei den Erziehungszielen zwei Haupttendenzen: Entweder ein Paar möchte primär Streit verhindern. Oder es geht ihm vor allem darum, Nähe zu schaffen.
Pessimistische Haltung ist kontraproduktiv
Paare, die Konflikte scheuen, sind gemäss der Forschungsergebnisse in einer konstanten inneren Alarmbereitschaft. Sie gehen mit einer pessimistischen Haltung in einen Streit, erwarten eher Unverständnis und reagieren heftiger auf negative Reaktionen des Gegenübers. Paare, für die Intimität an erster Stelle steht, gehen hingegen mit weniger negativen Erwartungen in einen Konflikt und sind eher der Meinung, dass Auseinandersetzungen zu einer Beziehung gehören.
Spannungen und Meinungsverschiedenheiten würden dazugehören, wenn zwei Menschen zusammen sind, sagt Bodenmann. «Werden sie nicht angesprochen, staut sich negative Energie auf, die auf Dauer für die Gesundheit des Einzelnen und für die Paarbeziehung schädlich ist.» Paare, die eine gesunde Streitkultur aufweisen, seien längerfristig glücklicher. Dabei komme es nicht darauf an, worüber und wie häufig gestritten werde, sondern auf die Art, wie Konflikte ausgetragen würden. «Das heisst, dass man sie anspricht, ausdiskutiert und faire, tragbare Lösungen findet.»
Neue Ziele, bessere Streitkultur
Hängt es nicht vor allem mit dem Charakter und dem Temperament des Einzelnen zusammen, ob ein Paar konstruktiv streiten kann? Negative Kommunikation sei immer paarspezifisch, sagt Bodenmann dazu. Selbst die hitzigsten Paare seien problemlos in der Lage, mit anderen Menschen besonnen zu reden und sich zusammenzureissen.
Das heisst, dass sich jeder in einer Beziehung neue Ziele setzen und damit die Streitkultur verbessern kann. Es sei aber ganz normal, auch mal sauer zu sein und das Gegenüber eben gerade nicht zu verstehen, sagt Bodenmann. Der Unterschied zwischen zufriedenen und unzufriedenen Paaren liege im Verlauf des Konflikts: «Wir konnten in unseren Studien immer wieder feststellen, dass eine negative Interaktion bei glücklichen Paaren stets von mindestens zwei positiven Bemerkungen oder Reaktionen aufgefangen wird.»