Schräge Sonnenstrahlen, Musik, Autofahren, ein wunderschönes Mädchen legt vertraut seine Füsse von der Rückbank hinten auf die Schultern des gut aussehenden Mannes am Steuer, Liebe, Freiheit, das schiere Glück wird schon in der allerersten Szene inszeniert. Und auch schon der Ekel und das Grauen, das sich im gleichen Moment einstellt: Die Socken sind dreckig wie bei einem Kind und dennoch reizend, der Mann ist gut aussehend und dennoch viel zu alt – ist er ihr Vater oder ihr Liebhaber?
Hand aufs Herz, Leserschaft:Wer von den Herren unter Ihnen hat nicht schon mal ein junges Mädchen sexuell anziehend gefunden? Und welche Frau hat sich als junges Mädchen nicht mal in einen älteren Lehrer, Skiinstruktor oder Turnriegenleiter verguckt? Ein Glück, wer dann seine Moral und die richtigen Menschen an der rechten Stelle hat – als Mann wären das Töchter, als junges Mädchen wäre das ein anständiger Vater. Die Hauptfiguren im dritten Schwarzwälder Tatort «Für immer und Dich» haben beides nicht – und das Unglück, welches in der unangenehm-wunderschönen Eingangsszene schon angetönt ist, nimmt seinen Lauf.
Stark ist diese Lolita-Geschichte, ziemlich blass bleiben hingegen die Schwarzwald-Ermittler Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau). Dafür gilt es, einem anderen Darsteller Tribut zu zollen: Der 1996 viel zu früh verstorbene Ausnahme-Liedermacher Rio Reiser ist prominent im Soundtrack vertreten. Nur schon, dass man wieder mal «König von Deutschland» hört, macht diesen Tatort zum heutigen Sonntagabend-Muss.
Tatort «Für immer und dich»,
20.05 Uhr, SRF 1,
Sterne: vier von fünf