«Den Pöstlern wird das Theater-Stück gefallen»
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Komiker Beat Schlatter:«Den Pöstlern wird das Theater-Stück gefallen»

Komiker Beat Schlatter (60) über ärgerliche Verwechslung mit Marco Rima
«Ich bin ein Impfdrängler»

Er weiss, wie man kriminelle Energie kreativ umsetzt und daraus Komik macht: Beat Schlatter (60). Nun kommt er mit einem neuen Stück auf die Bühne. Ein Gespräch über Amateur-Gauner, Polizisten und seinen Umgang mit der Pandemie.
Publiziert: 04.12.2021 um 14:12 Uhr
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Aktualisiert: 07.12.2021 um 09:57 Uhr
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Eigentlich wollte er Rockstar werden: Bis heute begeistert Beat Schlatter mit seinem Gespür für komische Situationen.
Foto: Siggi Bucher
Interview: Katja Richard

Was haben Sie als Bub lieber gespielt, Räuber oder Polizist?
Beat Schlatter:
Polizist. Damals gab es im Radio SRF 1 die Sendung «Auto Radio Schweiz», da wurden die Autonummern von gestohlenen Wagen bekannt gegeben. Die habe ich in mein Notizbuch aufgeschrieben und danach Tag für Tag hoffnungsvoll die Nummernschilder an den geparkten Autos in unserer Siedlung überprüft.

Mit Erfolg?
Nein. Weiter weg durfte ich ja nicht. Und weil auf dem Parkplatz in unserer Siedlung immer nur die Autos der Anwohner standen, war die Chance, einen gestohlenen Wagen zu finden, gleich null.

Wussten Ihre Eltern davon?
Natürlich. Ich habe meinen Vater geliebt. Er hat viel mit mir unternommen. Wenn wir durch unser Dorf spaziert sind und uns jemand begegnete, fragte er mich nachher: Was hatte der Mann für einen Pulli an? Wie haben seine Schuhe ausgesehen? Wohin könnte der Mann jetzt gehen? Er sagte, wenn ich Polizist werden will, dann seien solche Beobachtungen enorm wichtig.

Ein Polizist wurde nicht aus Ihnen.
Ja, aber das hat meine Beobachtungsgabe geschärft und meine Kreativität gefördert.

Ein bisschen Punk: Als 20-Jähriger spielte Schlatter bei den Frauen-Punks Liliput – als einziger Mann.
Foto: ddp images

Dafür wurden Sie ein Punk, einer der Katzen klaut!
Ich spielte damals in einer Band und wollte von Beruf Rockmusiker werden. Die Miete für den Proberaum brachten wir nur selten zusammen. So kamen wir auf die Idee, Katzen zu klauen und abzuwarten, bis die Vermisstmeldungen an den Bäumen hingen. Das ging jeweils schneller als erwartet. Dann brachte jemand von uns die Katze zurück und wurde mit Dankbarkeit überschüttet. Im Durchschnitt gab es 20 Franken Finderlohn.

Denen haben Sie auch einen gehörigen Schrecken eingejagt, kein schlechtes Gewissen?
Eine unmoralische Tat lässt sich halbwegs entschuldigen, wenn sie aus einer Not entsteht, die nachvollziehbar ist. In diesem Fall ist noch eine künstlerische Umsetzung gelungen, die zu etwas Grösserem führte, zur Komödie «Katzendiebe». Den Film haben sich viele Leute im Kino angeschaut und hatten Spass daran.

Aus dem Lausbubenstreich kreativ geworden: Beat Schlatter in seinem ersten Film «Katzendiebe».
Foto: ddp images

Eine gewisse kriminelle Energie spielt bis heute eine Rolle in Ihren Stücken, im neusten kommen sogar Postbeamte vom rechten Weg ab.
Ja, sie stehen unter grossem Druck, weil man ihre Filiale schliessen will. Leben heisst sich verändern. Wer sich den natürlichen Veränderungen entgegenstellt, verliert immer. Die beiden Pöstler wollen das nicht wahrhaben und rutschen dabei in die Illegalität ab, indem sie verdeckt anfangen, Leute in ihrem Quartier zu erpressen.

Wie das?
Als Pöstler kennen sie sich aus und wissen, wer die Putzfrau nicht angemeldet hat oder unrechtmässig Sozialhilfegelder bezieht. An der Komödie «Ab die Post» habe ich zusammen mit Christoph Fellmann ein Jahr lang geschrieben.

«Ab die Post»: Im neuen Stücke von Beat Schlatter (Mitte) spielt Jeniffer Mulinde Schmid die Putzfrau Aissate. Christoph Fellmann (r.) steht als Co-Autor ebenfalls auf der Bühne.

Die dunkelhäutige Schauspielerin Jennifer Mulinde spielt darin eine Putzfrau aus Uganda. Das ist doch sehr klischiert. Ist das angesichts der aktuellen Rassismusdebatte nicht heikel?
Jenny ist eine hervorragende Schauspielerin und Komödiantin. Wir haben im Film «Die Standesbeamtin» schon zusammengespielt. Bei der Rollengestaltung ihrer Figur hat der Regisseur Pascal Ulli sehr sorgfältig mit ihr zusammengearbeitet. Jenny hat dabei viel von sich mitgebracht und in die Rolle hineingegeben.

Schon mal zusammen gespielt: Jennifer Mulinde-Schmid und Beat Schlatter in «Die Standesbeamtin» (2009).
Foto: outnow.ch (ZVG - Pressebild)

Wie weit darf Humor gehen?
In einer Komödie ist das Wichtigste, dass die Figuren und ihre Anliegen glaubwürdig sind. Wie weit man überspitzt und erhöht, ist eine sensible Angelegenheit. Man bringt die Figuren in Fallhöhe und lässt sie in die schlimmstmögliche Situation laufen – so entsteht Komik. Und wenn sie sich dadurch entwickeln und zu einer neuen Erkenntnis gelangen, dann darf der Humor sehr weit gehen.

Aber heute wird doch jedes Wort auf die Goldwaage gelegt?
Manchmal ist es besser, still zu bleiben. Mich ärgert zum Beispiel, dass mich kürzlich ein paar Leute mit Marco Rima verwechselten. Darum wollten sie nicht mehr in meine Vorstellungen kommen, weil ich ein Corona-Massnahmen-Gegner sei. In Tat und Wahrheit bin ich seit Beginn der Pandemie ein Impfdrängler.

Wegen Corona musste Ihre Premiere um ein Jahr verschoben werden.
Die wenigsten Künstler haben Kapital auf der Bank. Unser Kapital ist es, wenn 200 Leute eine Vorstellung verlassen und sagen, die Komödie ist sehr lustig. Die Pandemie hat uns die Essenz weggenommen. Das ist aber noch nicht alles. Wenn man ein Jahr lang an einer Komödie schreibt, kommt man aufgerundet auf den Lohn von einem Asylbewerber. Umso wichtiger ist die Anerkennung. Künstler sein ist kein Beruf, das ist ein Leben.

Jetzt kommen verschärfte Massnahmen.
Wichtig finde ich, dass man das Vertrauen in unsere Regierung nicht verliert. Schon Kaiserin Sissi hat voll auf Schweizer Magistraten gesetzt.

Wie das?
Kürzlich habe ich im Landesmuseum einen Vortrag gehalten. Dort sind einige der Geschenke ausgestellt, die unsere Bundesräte bekommen haben. Darunter ist auch das Poesie-Tagebuch von Kaiserin Sissi. In ihrem Testament hielt sie fest, dass es 60 Jahre nach ihrem Tod an unseren Bundespräsidenten gehen soll. Die Schweizer Regierung hatte also damals schon einen guten Ruf. Natürlich konnte sie zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, dass sie später einmal in Genf ermordet wird.

Im Mai haben Sie Ihren 60. Geburtstag gefeiert, wie fühlt sich das an?
Die grosse Poolparty mit 500 Gästen konnte nicht stattfinden. Dafür überraschte mich mein engster Freundeskreis. Sie haben alles zusammengelegt und mir ein neues Kinn geschenkt. Ein Gutschein für fünf Laser-Behandlungen bei einem Schönheitschirurgen.

Ist das nicht etwas beleidigend?
Meine Freunde dürfen alles. Und das Unkonventionelle ist ja auch immer eine Keimzelle der Inspiration. Seither betrachte ich im Spiegel mein Kinn und mache mir Gedanken zur Perfektion. Was ist schon Perfektion? Spannend ist doch genau das Gegenteil, dort, wo Fehler sind und nicht alles glatt ist. Also ich verliebe mich meistens ins Unperfekte.

Was würde Ihre Frau zu so einem Schönheitseingriff sagen?
Frau Fischer und ich haben das noch nicht ernsthaft besprochen. Aber sie wird mir raten, mit dem Geld lieber von einer Schweizer Künstlerin oder einem Schweizer Künstler Kunst zu kaufen – und gleich Vorschläge dazu machen.

Eine unkonventionelle Liebe seit 11 Jahren: Beat Schlatter und Mirjam Fischer sind verheiratet, aber wohnen getrennt.
Foto: SI

Sind Sie eigentlich immer noch per Sie?
Da wir uns schon 15 Jahre kennen, überlegen wir uns, langsam ins Du hinüberzuwechseln. Aber ein solcher Schritt muss gut überlegt sein. Das Duzis lässt sich hinterher nur sehr schwer wieder rückgängig machen.

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