Ursula von Meiss (70): Wenn der Äquator ruft
Seit zehn Jahren reist Ursula von Meiss (70) zwei bis dreimal jährlich nach Ecuador, wo sie an einer Schule die dortigen Lehrer unterstützt.
Die ehemalige Prorektorin der Freien Evangelischen Schule Zürich besuchte fünf Jahre vor ihrer Pensionierung einen Workshop in Ecuador, den ein an ihrer Schweizer Schule angestellter Psychologe anbot. Dort lernte sie ein österreichisches Ehepaar kennen, das seit 20 Jahren dabei war, eine Schule vor Ort aufzubauen. «Wir dachten uns, dass unsere beiden Schulen von einem Austausch profitieren könnten», erzählt von Meiss. «Und so hat das Projekt angefangen.»
Von da an reiste die Schweizerin jedes Jahr mehrere Male nach Ecuador, nahm Schüler und Lehrer von der Schweiz mit oder solche von Ecuador in die Schweiz. Auf ihre Pensionierung im Jahr 2015 hin bekam von Meiss einen Vertrag angeboten, die dortige Aufbauarbeit weiterzuleiten.
Die neue Tätigkeit war eine Herausforderung. «Ich musste Spanisch lernen, das ist im Alter nicht mehr so einfach», erzählt die inzwischen 70-Jährige. «Und auch die elfstündige Flugreise von Amsterdam nach Ecuador ist nicht ohne. Mal abgesehen vom ungewohnten Klima und der Zeitverschiebung.» Ganz nebenbei hat von Meiss auch ein schweres Erdbeben miterlebt, was «sehr beängstigend» war.
Was hat die Rentnerin veranlasst, diese Strapazen auf sich zu nehmen und das auch weiterhin zu tun? «Ich fand es sehr spannend, meinen Beruf in einer anderen Kultur auszuüben», erklärt sie. «Und ich konnte Ecuador kennenlernen. Mit einem Schweizer Ehepaar bin ich durch den Urwald gereist und durfte sogar eine ganze Woche bei Einheimischen verbringen.» Mit vielen der Lehrer in Ecuador pflegt die Zürcherin eine enge Freundschaft. Ausserdem hat sich diese spezielle Erfahrung auf ihre Persönlichkeit ausgewirkt: «Ich bin flexibler und herzlicher geworden und auch dankbarer. Ich habe gelernt, dass auch andere Kulturen funktionieren und unsere nicht automatisch die richtige ist.»
Sich im Alter noch etwas Neues aufzubauen, ist ihrer Meinung nach etwas, das sich viele wünschen würden: «Wir sind heute mit 65 noch sehr rüstig und müssen uns deshalb neu orientieren.» Aber: «Es braucht Vorbereitung und Anstrengung. Das geht nicht von heute auf morgen.» Wann sie wieder nach Ecuador reisen kann, weiss von Meiss nicht: «Ich habe mein Flugticket von diesem März um ein Jahr verschoben.» Dass sie sich, sobald die Umstände es zulassen, wieder auf den Weg macht, steht aber ausser Frage.
Rudolf Schwob (72): Vom Solomusiker zum Ensemble
Seit sechs Jahren ist Rudolf Schwob (72) Mitglied der Silverhorns and Greenhorns, einem Saxofonensemble im Baslerbiet.
Mit 66 stiess Schwob in der Zeitung auf ein Inserat: «Ein Musiklehrer aus dem Ort suchte für ein Projekt Leute im Rentenalter, die noch nie Saxophon gespielt hatten und es lernen wollten.» Der in Sissach BL wohnhafte Pensionär hatte schon immer ein Faible für Musik. In jungen Jahren spielte er Klavier und Hammond. Ein Blasinstrument hatte er aber noch nie in der Hand gehabt: «Als ich dann das Inserat sah, dachte ich: Das ist meine Chance.»
Er meldete sich für das Projekt an und entdeckte seine Freude daran, in einer Gruppe zu musizieren. «Als das Projekt abgeschlossen war, fanden wir alle, jetzt hören wir doch nicht auf. Wir wollen weiterspielen!», erzählt Schwob. «So entstanden die Silverhorns and Greenhorns.» Zweimal die Woche probt man in kleineren Gruppen, alle zwei Wochen übt die ganze 29-köpfige Truppe zusammen. Immer wieder haben sie Auftritte, unter anderem in Altersheimen.
Die grösste Herausforderung beim neuen Hobby war für Schwob das Zusammenspiel mit den anderen Ensemblemitgliedern: «Das kannte ich vorher nicht, Klavier habe ich immer allein gespielt. Man muss auf die anderen hören und sich ihnen anpassen.» Technisch sei Saxofonspielen aber recht einfach. «Ich war erstaunt, wie schnell man einen anständigen Ton rauskriegt», lacht der 72-Jährige. Die nächste Herausforderung wartet schon auf ihn: «Unser Musiklehrer meinte, er würde demnächst Improvisationskurse anbieten. Das würde mich sehr interessieren.»
Manchmal fragt sich der ehemalige Chemiker, was er getan hätte, wenn dieses Zeitungsinserat nicht gewesen wäre: «Ich hatte nach der Pensionierung plötzlich wahnsinnig viel Zeit. Zwar habe ich ein Haus und einen Garten, aber das allein erfüllt mich nicht.» Bei der Musikgruppe kann er sich seiner Passion zuwenden und hat obendrein einen regen sozialen Austausch: «Ich habe viele neue Freunde gefunden. Es ist ja nicht nur Musizieren, sondern auch Kaffee und Kuchen.» Die Musik sei ein gemeinsamer Nenner, aber «es läuft auch einiges rundherum». Und zwar von Intensivwochenenden vor Konzerten über Ausflüge nach Paris ins Saxofonmuseum bis hin zu musikpädagogischen Kongressen in Münster (Westfalen).
Schwob wird von manchen um sein neues Hobby beneidet. Trotzdem ist er in seinem Umfeld der Einzige, der im Alter noch etwas Neues angefangen hat: «Es braucht halt einen Schupf. Es hilft, wenn etwas unverbindlich daherkommt, wenn man einfach mal ausprobieren kann. Das senkt die Hemmschwelle.» Das Wichtigste ist aber, sich ein Herz zu fassen und eine Gelegenheit einfach zu ergreifen. Und wenn es nur eine Annonce in der Zeitung ist.
Marianne Leber (70): Lebenskünstlerin hilft bei Umorientierung
Mit 62 Jahren gründete Marianne Leber (70) die Webseite «Lifestyle50plus», wo sie Hilfe bei Innendekoration und Modefragen anbietet. «Ich habe keine Kinder, keinen Hund, und der Tag hat 24 Stunden. Irgendwas musste ich tun», erklärt die mittlerweile 70-jährige Zürcherin. Fünf Jahre später begann sie ihre Dienstleistungen zusätzlich auf «Rent a Rentner» anzubieten. Seither bekommt die Pensionärin fast jede Woche zwei neue Anfragen.
Leber musste in ihrem Leben schon oft umsatteln. Nachdem sie 22 Jahre lang als Foto- und Filmstylistin um die ganze Welt gereist war, wechselte sie mit 50 zur «Corporate Design und Branding»-Abteilung der UBS. Schon da begann der Lernprozess: eine neue Vita schreiben, zwei Tage Assessment. «Ich wusste nicht mal, was das ist», schmunzelt Leber.
Mit 61 wurde ihr dann im Zuge der Ospel-Krise gekündigt, und die Frührentnerin wider Willen stand erneut vor einem Prozess der Umorientierung. Leber holte sich Hilfe bei einer Coachin. Zusammen gingen sie ihren Lebenslauf durch, und seither betätigt sich die ehemalige Stylistin als selbständige Innendekorateurin und Modeberaterin: «Ich suche gemeinsam mit meinen Kunden neue Einrichtungsgegenstände aus, bringe sie mit Moodboards auf Ideen, berate sie in der Ausstattung ihres Kleiderschranks.»
Anfangs hatte Leber Mühe, sich «zu outen und zu den Ruheständlern zu zählen». Hinzu kam, dass ihre Freunde skeptisch waren: «Sie haben nicht recht verstanden, was ich machen möchte. Die meisten sind verheiratet und finanziell versorgt. Ich hingegen habe während meiner Stylistinnen-Tage nie an Altersvorsorge gedacht, ich brauche also das Geld.» Als sie mit «Lifestyle 50+» anfing, plagten Leber Selbstzweifel: «Ich hatte Angst, dass man mich auslachen würde. Die innere böse Stimme, die immer sagt, ‹das kannst du doch nicht›, meldete sich. Sie zu überwinden, war nicht einfach.»
Mit der Zeit verdrängte der Erfolg Lebers Zweifel: «Es war unglaublich, wie gut es funktionierte. Und ich war überrascht, wie viele junge Personen sich meldeten, die meisten zwischen 28 und 45.»
Viele von ihren Kunden haben eine unschöne Lebensphase hinter sich und möchten sich in Sachen Einrichtung oder Garderobe neu orientieren. «Die Menschen darin zu unterstützen, fasziniert mich. Und ich finde es unglaublich mutig, dass die Leute mir, einer völlig Fremden, ihr Herz öffnen. Das Vertrauen, das sie mir entgegenbringen, und ihre Dankbarkeit und Begeisterung sind wahnsinnig erfüllend.»
Leber findet es wichtig, dass ältere Menschen herausfinden, was ihnen Spass macht, und das ausprobieren. «Man muss im Leben immer wieder einen Schritt vorwärtsgehen, sonst ist man dann wirklich alt.» Und dieser Schritt kann auch gern eine neue Kleiderausstattung oder Wohnungseinrichtung sein.
Einen anderen Weg zum Bahnhof oder zum Lieblingsrestaurant gehen: Generell gilt: Routine ist Gift für das Gehirn. Deshalb tut es gut, kleine Umstellungen in den Alltag einzubauen: Auf dem Weg zur Bushaltestelle mal in eine andere Strasse einbiegen als üblich und schon wird der Orientierungssinn aktiviert.
Ohne Einkaufszettel einkaufen gehen: Eine weitere Methode, um den Alltagstrott zu durchbrechen: Wer auf die Shoppingliste verzichtet, muss sich im Supermarkt viel aufmerksamer umsehen und trainiert so seine geistige Flexibilität.
Einen Tanzkurs besuchen: Oder während der Pandemie: Im Wohnzimmer tanzen. Sich zur Musik rhythmisch zu bewegen, verlangt geistige Konzentration und körperliche Koordination – der ideale Mix, insbesondere, um Demenz vorzubeugen. Und Spass machts auch.
Sich ein Smartphone zutun und lernen damit umzugehen: Abgesehen davon, dass sie unglaublich nützlich sind, regt der Umgang mit neuen technischen Geräten auch das Gehirn an. Ausserdem kann man darüber soziale Kontakte pflegen, was der geistigen Fitness ebenfalls guttut.
Rätsel lösen – aber nicht immer die gleichen: Ein Kreuzworträtsel, Sudoku oder auch Kopfrechnen aktiviert die grauen Zellen. Jedoch gilt auch hier das Prinzip: keine Routine bitte. Deshalb die Art Rätsel immer mal wieder wechseln.
Anspruchsvolle Bücher lesen: Die Wort- und Sinnverknüpfungen, die das Gehirn während des Lesens eines hochstehenden Textes macht, sind geistiger Hochleistungssport. Das Thema ist frei wählbar, nur sollte es eben kein Comic sein.
Einen anderen Weg zum Bahnhof oder zum Lieblingsrestaurant gehen: Generell gilt: Routine ist Gift für das Gehirn. Deshalb tut es gut, kleine Umstellungen in den Alltag einzubauen: Auf dem Weg zur Bushaltestelle mal in eine andere Strasse einbiegen als üblich und schon wird der Orientierungssinn aktiviert.
Ohne Einkaufszettel einkaufen gehen: Eine weitere Methode, um den Alltagstrott zu durchbrechen: Wer auf die Shoppingliste verzichtet, muss sich im Supermarkt viel aufmerksamer umsehen und trainiert so seine geistige Flexibilität.
Einen Tanzkurs besuchen: Oder während der Pandemie: Im Wohnzimmer tanzen. Sich zur Musik rhythmisch zu bewegen, verlangt geistige Konzentration und körperliche Koordination – der ideale Mix, insbesondere, um Demenz vorzubeugen. Und Spass machts auch.
Sich ein Smartphone zutun und lernen damit umzugehen: Abgesehen davon, dass sie unglaublich nützlich sind, regt der Umgang mit neuen technischen Geräten auch das Gehirn an. Ausserdem kann man darüber soziale Kontakte pflegen, was der geistigen Fitness ebenfalls guttut.
Rätsel lösen – aber nicht immer die gleichen: Ein Kreuzworträtsel, Sudoku oder auch Kopfrechnen aktiviert die grauen Zellen. Jedoch gilt auch hier das Prinzip: keine Routine bitte. Deshalb die Art Rätsel immer mal wieder wechseln.
Anspruchsvolle Bücher lesen: Die Wort- und Sinnverknüpfungen, die das Gehirn während des Lesens eines hochstehenden Textes macht, sind geistiger Hochleistungssport. Das Thema ist frei wählbar, nur sollte es eben kein Comic sein.