Als Jugendliche haben wir in Zeitschriften ganz nach hinten geblättert, um nachzulesen, was die Sterne über uns zu sagen haben. Am meisten interessierte natürlich die Liebe, also welches Sternzeichen zu wem passt. So ganz ernst hat das niemand genommen, aber lustig wars. Ob Humbug oder nicht – das Interesse an Horoskopen ist ungebrochen und erlebt derzeit geradezu einen Hype. Und das nicht nur aufs neue Jahr hin.
Denn inzwischen hat die Sterndeutung den Sprung in die grosse weite digitale Welt geschafft. Auf Social Media tummeln sich unzählige Astro-Influencerinnen, dazu gehört hierzulande Alexandra Kruse (42), 10'000 Leute verfolgen ihre Talks, wenn die selbsternannte «Magic Mama» wie jetzt gerade über die Steinbock-Saison sinniert: «Mach dein Spiel, mach deine Grenzen stark und dein Herz weich. Unverfroren. Mond in den Fischen will, dass du alles fühlst. Das Gute, das Schlechte, das Böse. Und vergiss nie: Energievampire gibt es!»
Astro-Apps im Hoch
Etwas dezenter klingen die Ratschläge der populären Astro-App «Co-Star». Mit über acht Millionen Nutzern weltweit gehört sie zu den erfolgreichsten ihrer Art. Auf Wunsch poppen auf dem Handy täglich Tipps auf wie: «Nutzen Sie diese Zeit, um darüber nachzudenken, was Sie wirklich wollen» oder «Kontrollieren Sie Ihre Impulse». Beliebt sind auch «Sanctuary» oder «Astrology Zone» der US-Star-Astrologin Susan Miller. Um ein persönliches Horoskop zu generieren, das auf dem genauen Datum, der Zeit und dem Ort der Geburt basiert, verwenden die Apps die Daten der Nasa für die Sternkonstellationen und künstliche Intelligenz – daraus spucken sie millionenfach Astro-Weisheiten aus.
Auch die bekannte deutsche Schauspielerin Palina Rojinski (37) ist als Astro-Influencerin auf Social Media präsent. In ihrem Podcast «Podkinski» diskutiert sie mit prominenten Gästen zum Thema und hat kürzlich ihr Buch «Folge deinen Sternen» veröffentlicht. Sie möchte die Astrologie für alle zugänglich machen, vor allem der jungen Generation: «Ich glaube, das Genre braucht eine kleine Auffrischung. Das, was gerade am Himmel passiert, möchte ich ins Real Life übersetzen.» Ebenfalls bekannt: Astrologin Lori Haberkorn (32), die auch Stars berät.
Kult der Sterne
Tatsächlich sei das Interesse vor allem bei der jungen Generation gross, bestätigt Monica Kissling (65), die Präsidentin des Schweizer Astrologenbunds. Der Bund verzeichnete dieses Jahr einen Rekord an Neumitgliedern mit einem Zuwachs von 25 Prozent. «Mit der Astrologie kann man keine konkreten Ereignisse vorhersagen. Es geht vielmehr um Selbsterkenntnis, Persönlichkeitsentwicklung und Sinnfindung. Daraus kann man seine persönliche Zukunftsvision entwickeln», sagt Kissling. Schweizweit berühmt wurde sie als «Madame Etoile». Statt zu einzelnen Sternzeichen, wie man es bis anhin kannte, machte sie eine Prognose zur allgemeinen Sternenlage, eine Art Wetterbericht, der auf Radio SRF während 25 Jahren zum Kult wurde. Bis sie von einer Petition der Freidenker zu Fall gebracht wurde, weil das öffentliche Radio über Gebührengelder finanziert wird.
Der Klassiker zum Jahreswechsel ist nach wie vor die Prognose von Elizabeth Teissier (84) in der «Schweizer Illustrierten» – in der 111-jährigen Geschichte der Zeitschrift zierte die Star-Astrologin die meisten Titelseiten. Darauf sei sie «als ehrgeiziger Steinbock» stolz. Zu ihren Kunden gehören gekrönte Häupter und Politiker, auch der russische Präsident Wladimir Putin (70) hat sich laut Teissier von ihr indirekt die Sterne lesen lassen.
Sterne brauchen keine Magie
Gegenwind kommt jeweils aus der Naturwissenschaft. Denn beweisen lässt sich Astrologie nach deren Massstäben nicht. Laut Astrophysiker Ben Moore (54) habe sich die Sterndeutung in Doppelblindversuchen als falsch erwiesen. «Alle frühen Kulturen haben in den Sternen Muster erkannt, die aber alle unterschiedlich sind.» Für ihn sind Sterne nichts als weit entfernte Gasbälle. «Aber sie sind wunderschön, und ich liebe es, sie durchs Teleskop zu betrachten. Für mich ist das Magie genug.» Er ist überzeugt, dass es keine Kraft von den Sternen gibt, die auf uns einwirken. Das sei ein bisschen wie in der Religion, wo sich der Mensch ins Zentrum stelle. «Aber wir stehen nicht im Mittelpunkt und sind auch nicht wirklich etwas Besonderes.»
Weniger streng sieht das Rafael Walthert. Der Professor für Religionswissenschaft kann das Interesse der jungen Generationen an Astrologie in Zeiten von Pandemie, Krieg und Klimakrise nachvollziehen: «Im oft spielerischen Umgang spiegelt sich auch ein tiefes Bedürfnis nach Orientierung in einer unsicheren Welt.» Für ihn ist Astrologie einer von vielen Wegen, um sich mit sich selbst und seinem Umfeld auseinanderzusetzen. Dabei gehe es nicht um eine messbare Wissenschaft. Er vergleicht das mit dem Regentanz bei Stammesgesellschaften. «Früher hat man sich darüber lustig gemacht, weil Tanzen nicht unmittelbar zu Niederschlag führt.» Heute sei klar, dass es um etwas anderes geht: «Nach dem Tanz regnet es meist nicht, und trotz Horoskop bleibt die Zukunft ungewiss, aber man hat für sich einen Umgang mit dem Problem gefunden.»
Hipp sind die Sterne auch in der Welt der Stars. Zu den berühmtesten Sternenanbeterinnen gehört Adele (34). Das zeigte sie bei ihrem Bühnencomeback vor einem Jahr mit ihrem Schmuck: An ihren Ohren baumelten zwei Saturne. Zum Planeten und Astrosymbol hat die Sängerin eine tiefe Verbindung, auch auf ihrem Unterarm befindet sich ein Saturn-Tattoo. «Nach der Rückkehr des Saturn hat sich mein Leben verändert. Das hat mein Leben erschüttert, und ich habe sehr vieles infrage gestellt», erklärte sie in einem Interview mit der amerikanischen «Vogue». Damit spricht sie einen wichtigen astrologischen Moment an: 30 Jahre dauert es, bis Saturn die Sonne umrundet hat und exakt an die Position zurückkehrt, wo er war, als man zur Welt kam. Für Adele war es die Phase, in der sie ihr neues Album «30» schrieb.
Hipp sind die Sterne auch in der Welt der Stars. Zu den berühmtesten Sternenanbeterinnen gehört Adele (34). Das zeigte sie bei ihrem Bühnencomeback vor einem Jahr mit ihrem Schmuck: An ihren Ohren baumelten zwei Saturne. Zum Planeten und Astrosymbol hat die Sängerin eine tiefe Verbindung, auch auf ihrem Unterarm befindet sich ein Saturn-Tattoo. «Nach der Rückkehr des Saturn hat sich mein Leben verändert. Das hat mein Leben erschüttert, und ich habe sehr vieles infrage gestellt», erklärte sie in einem Interview mit der amerikanischen «Vogue». Damit spricht sie einen wichtigen astrologischen Moment an: 30 Jahre dauert es, bis Saturn die Sonne umrundet hat und exakt an die Position zurückkehrt, wo er war, als man zur Welt kam. Für Adele war es die Phase, in der sie ihr neues Album «30» schrieb.
Blick ins neue Jahr
Zum Schluss dann doch noch ein kurzer Blick in die Sterne fürs 2023 von «Madame Etoile»: «Pluto wechselt in den Wassermann, das steht für eine Zeitwende mit fundamentalen gesellschaftlichen Neuerungen und grossen Herausforderungen. Es gibt kein Zurück zum Gewohnten, man muss sich völlig neu orientieren.» Positiv: «Glücksplanet Jupiter läuft noch bis Mitte Mai durch den Widder und stärkt den Tatendrang, dann geht er in den Stier, was neue Einnahmequellen eröffnen kann.» Negativ: «Saturn tritt im März in das Seelenzeichen Fische, das deutet auf eine Zunahme psychischer Probleme wie Ängste oder Depressionen. Auch die Flüchtlingskrise dürfte sich verschärfen.»