Heute kommt der Papst – Regisseur Wim Wenders filmte ihn
«Franziskus ist der furchtloseste Mensch, dem ich je begegnet bin»

Der deutsche Regisseur Wim Wenders (72) zeigt in seiner Dokumentation Papst Franziskus (81) als bescheidenen und deshalb bei den Menschen umso glaubwürdigeren Heiligen Vater.
Publiziert: 20.06.2018 um 23:38 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 21:29 Uhr
Auge in Auge mit dem Papst
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Star-Regisseur über Franziskus:Auge in Auge mit dem Papst
Christiane Binder

Vier Jahre, die ihn auch selbst verändert hätten, sagt der deutsche Regisseur Wim Wenders. Durch die Arbeit an der Dokumentation «Papst Franziskus: Ein Mann seines Wortes» und die intensive Beschäftigung mit diesem charismatischen Kirchenoberhaupt sei er «viel mutiger geworden. Ich komme mit weniger aus», sagt er. Und er spende mehr Geld. 

Für den Film hatte Wenders die Erlaubnis, alles in allem acht Stunden Interviews mit dem Heiligen Vater zu führen. Er stellte ihm 55 Fragen. Für die Antworten liess er Franziskus in einen Teleprompter blicken, damit es so wirkt, als ob er direkt in Wenders Kamera blickt. Der Regisseur bleibt unsichtbar, er wollte keinesfalls in Erscheinung treten, «meine Meinung als Filmemacher zählt nicht». Auf dem Teleprompter stand kein einziges Wort. Franziskus, ein begnadeter Kommunikator, spricht frei, er scheint den Menschen direkt in die Augen zu blicken.

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Die Schweiz würdigt den heutigen Papstbesuch mit einer Sonderbriefmarke.
Foto: Die Post

Selbst Atheisten fühlen sich von diesem Papst berührt

Wenders kam am Montag nach Genf, um den Film vorzustellen, am Abend sollte er UN-Vertretern präsentiert werden. Es dürften Tränen geflossen sein – wie bei allen Vorführungen. Der berührenden Ausstrahlung von Papst Franziskus können sich selbst Atheisten schwer entziehen.

Wenders erzählt, wie er einen Brief des Vatikans erhielt mit der Frage, ob er gerne  ein Projekt mit Franziskus machen würde. Neben den acht Stunden Interview-Zeit wurde ihm der Zugriff auf bestehendes Dokumentationsmaterial zugesagt, zum Teil aus nie gezeigten Beständen des Vatikans. Wenders betont, dass ihm bei der Umsetzung niemand hineingeredet habe.

Der Film zeigt den Papst auf seinen Reisen zu den Armen dieser Welt, wie er auf der italienischen Insel Lampedusa zu den Flüchtlingen spricht, in einem amerikanischen Gefängnis Verbrechern die Füsse wäscht, während Besuchen bei Opfern von Naturkatastrophen, bei Veranstaltungen mit Eltern und Kindern.

Als Mensch trete Franziskus «bescheiden und liebevoll» auf

Natürlich versteht es Wenders, den Papst mit allen Mitteln der Filmkunst zu überhöhen, mit starken Bildern und gefühliger Musik. Dabei hätte dieser Heilige Vater Gefühlsverstärker gar nicht gebraucht. Er kommt auch beim Publikum so rüber, wie Wenders ihn erlebt hat: «Ein unglaublich mutiger Mann, der furchtloseste Mensch, der mir je begegnet ist, der lebt, was er predigt.» Dabei sei er bescheiden und «ein liebevoller Mann».

Der Zuschauer erlebt den Papst genau so – als einen, der eine Utopie verkündet, «die im 21. Jahrhundert von unseren Politikern verraten wird», wie Wenders sagt. Man muss schon abgebrüht sein, um sich nicht rühren zu lassen, wenn sich der Papst vor den US-Kongress stellt und eindringlich die Abschaffung des Waffenhandels fordert. Hartgesottene Männer im Publikum wischen sich eine Träne aus dem Augenwinkel.

Eine Szene aus dem Vatikan ist besonders eindrücklich. Franziskus predigt vor Kardinälen gegen Reichtum und Humorlosigkeit. Die Kamera streift über von Hartherzigkeit gezeichnete Gesichter. Es ist offensichtlich: Bei den Kirchenoberen kommt dieser Papst nicht gut an.

Vatikan-Experte

Wim Wenders (72) wollte Pfarrer werden. Es sei ihm jedoch der Rock ’n’ Roll  dazwischengekommen, sagt er. Musik ist ein wichtiges Gestaltungsmittel seiner Filme, das er auch in der Papst-Dok einsetzt. Metaphysische Themen behandelte er unter anderem in «Der Himmel über Berlin» (1987). 2015 führte er Regie bei der Direktübertragung des Vatikanischen Fernsehens der Eröffnung des ausserordentlichen Heiligen Jahres vom Petersplatz. Das mag ihn für die Anfrage des Vatikans für den Papst-Film prädestiniert haben. Wenders erhielt mehrere bedeutende Filmpreise (in Cannes, an der Berlinale u. a.) und war für den Oscar nominiert.

Wim Wenders (72) wollte Pfarrer werden. Es sei ihm jedoch der Rock ’n’ Roll  dazwischengekommen, sagt er. Musik ist ein wichtiges Gestaltungsmittel seiner Filme, das er auch in der Papst-Dok einsetzt. Metaphysische Themen behandelte er unter anderem in «Der Himmel über Berlin» (1987). 2015 führte er Regie bei der Direktübertragung des Vatikanischen Fernsehens der Eröffnung des ausserordentlichen Heiligen Jahres vom Petersplatz. Das mag ihn für die Anfrage des Vatikans für den Papst-Film prädestiniert haben. Wenders erhielt mehrere bedeutende Filmpreise (in Cannes, an der Berlinale u. a.) und war für den Oscar nominiert.

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