Was darf ich? Was darf der Arzt?
Patientenakten: Das sind deine Rechte

Den Überblick über das eigene medizinische Dossier zu haben, kann für den Krankheitsverlauf wichtig sein. Was alles in der Patientenakte steht, wie du Kopien davon erhältst, und welche Fristen gelten, erfährst du hier.
Publiziert: 22.02.2024 um 10:46 Uhr
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Aktualisiert: 22.02.2024 um 11:28 Uhr
Laborbefunde, Notizen der Ärztin und eine Übersicht über ärztliche Termine: Das alles gehört zur Patientenakte.
Foto: imago images/Westend61
Irene Rohrbach
Beobachter

Eine lückenlose Krankengeschichte hilft, gesund zu werden. Sie umfasst alle zentralen Dokumente wie Arztberichte oder Untersuchungsergebnisse und dokumentiert den Stand der Behandlung. Gestützt darauf entscheiden Ärztinnen und Ärzte, wie es weitergeht. Auch wenn es Streit gibt, schaut man zuerst in die Krankenakten. Aus juristischer Sicht gelten nicht für alle Ärztinnen und Ärzte die gleichen Bestimmungen. Institutionen wie Spitäler oder Pflegeheime sind häufig dem öffentlichen Recht unterstellt. Für die angestellten Ärzte gilt entsprechend dieses öffentliche Recht, besonders die Bestimmungen, die viele Kantone im Gesundheitsbereich erlassen haben. Für Ärztinnen in privaten Arztpraxen oder Privatspitälern gilt dagegen das Privatrecht, insbesondere die Bestimmungen zum Auftragsverhältnis im Obligationenrecht und das Datenschutzgesetz.

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Muss die Ärztin eine Krankengeschichte führen?

Ja. Diese sogenannte Dokumentationspflicht steht in vielen Kantonen im Gesetz. Sie besteht aber auch im Privatrecht. Das ergibt sich aus dem Auftragsverhältnis zwischen Arzt und Patientin, wie das Bundesgericht entschieden hat.

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Was gehört alles zur Krankengeschichte?

Fast alles: Berichte, Untersuchungsergebnisse, Laborbefunde, Diagnosen, Röntgenbilder, Therapieverlaufsberichte, Handnotizen des Arztes oder die Terminplanung. Nicht zur Krankengeschichte gehören ganz persönliche Notizen – etwa reine Gedächtnisstützen, die nur für die Ärztin gedacht sind und nicht der Behandlung dienen. Diese Vorgaben gelten für das gesamte Gesundheitspersonal, für Ärzte und Pflegepersonal – und unabhängig davon, ob sie öffentlich-rechtlich angestellt sind oder privatrechtlich.

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Wem gehört die Krankengeschichte?

Die Röntgenbilder gehören immer dem Patienten. Bei den übrigen Unterlagen gilt: In den meisten Kantonen ist das Original Eigentum des Arztes, der Ärztin – das gilt folglich für öffentliche Spitäler und Pflegeheime. Im privaten Bereich gibt es keine klare Regelung. Aber auch hier kommen die meisten Juristen zum gleichen Resultat.

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Wie lange müssen die Ärzte die Krankengeschichte aufbewahren?

  • Öffentliche Spitäler, Pflegeheime: Die kantonalen Gesetze sehen eine 10- bis 20-jährige Aufbewahrungspflicht vor. Oft wird unterschieden zwischen «normalen» und «speziellen» Fällen, wie etwa unerwarteten Todesfällen.
  • Private Arztpraxen, Privatspitäler: Im Privatrecht gibt es keine genauen Vorschriften dazu. Der Berufsverband der Schweizer Ärzteschaft FMH empfiehlt, die Unterlagen während 20 Jahren aufzubewahren ab der letzten Eintragung.
Es ist normalerweise die Pflicht von Ärztinnen und Ärzten, die Patientenakten mehrere Jahre aufzubewahren.
Foto: Keystone
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Wer darf Einsicht in meine Krankengeschichte haben?

Überall gilt: Grundsätzlich die Patientin, der Patient selbst. Wer ein Einsichtsrecht hat, kann auch anderen Personen eines gewähren, indem er ihnen eine Vollmacht gibt. Etwa dem Ehepartner. Oder Behörden oder Firmen wie einer Krankentaggeldversicherung. Bei urteilsunfähigen Patienten haben die Beistandspersonen ein Einsichtsrecht. Das elterliche Einsichtsrecht bei Kindern endet spätestens mit 16 Jahren.

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Darf ich Kopien haben?

Patienten haben das Recht, die Krankengeschichte einzusehen und davon Kopien zu verlangen. So steht es in der Bundesverfassung.

Weitere Infos zum Patientendossier

Auf der Website des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten finden Sie weitere Informationen zur Einsicht, Aufbewahrung und Löschung von Patientendaten sowie häufig gestellte Fragen und Antworten rund um das Thema Patientendaten und der Schweigepflicht von Ärztinnen und Ärzten.

Patientenvereinigungen

Auf der Website des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten finden Sie weitere Informationen zur Einsicht, Aufbewahrung und Löschung von Patientendaten sowie häufig gestellte Fragen und Antworten rund um das Thema Patientendaten und der Schweigepflicht von Ärztinnen und Ärzten.

Patientenvereinigungen

  • Öffentliche Spitäler, Pflegeheime: Viele kantonale Gesetze schränken dieses Recht ein – etwa bezüglich der persönlichen Notizen der Ärzte und des Pflegepersonals. Ausserdem, wenn sie Auskünfte von weiteren Personen betreffen, die nicht zum Betrieb gehören. Kopien dürfen nur etwas kosten, wenn das im Gesetz vorgesehen ist.
  • Private Arztpraxen, Privatspitäler: Patienten haben Anspruch auf eine Kopie der Krankengeschichte. Und zwar kostenlos, ausser der Aufwand ist unverhältnismässig gross. Dann müsste die Praxis jedoch vorgängig die Kosten bekannt geben. Sie dürfen gemäss Datenschutzverordnung höchstens 300 Franken betragen.
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Was, wenn man mir keine Kopie herausgibt?

Dann stellt man am besten schriftlich ein Herausgabegesuch und setzt eine Frist an. Im öffentlich-rechtlichen Bereich gelten die kantonalen Bestimmungen, im privatrechtlichen beträgt die Herausgabefrist gemäss Datenschutzgesetz 30 Tage. Wenn man damit nicht weiterkommt, kann man sich an den Kantonsarzt wenden – egal, ob öffentlich- oder privatrechtlicher Bereich. Am besten schildert man kurz und sachlich, was geschehen ist, legt eine Kopie der ID bei und weitere relevante Belege, wie etwa den E-Mail-Verkehr. Die kantonsärztliche Stelle wird den Sachverhalt dann prüfen.

Mustervorlage «Herausgabe der Krankengeschichte»

Mustervorlage «Herausgabe der Krankengeschichte»

Wechseln Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt oder will man Ihnen die Krankengeschichte nicht aushändigen? Mit der Mustervorlage «Herausgabe der Krankengeschichte» können Beobachter-Mitglieder schnell ein Gesuch stellen.

Mustervorlage «Herausgabe der Krankengeschichte»

Wechseln Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt oder will man Ihnen die Krankengeschichte nicht aushändigen? Mit der Mustervorlage «Herausgabe der Krankengeschichte» können Beobachter-Mitglieder schnell ein Gesuch stellen.

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Kann ich verlangen, dass die ganze Krankengeschichte gelöscht wird?

  • Spitäler, Pflegeheime: Im kantonalen Gesetz steht meistens, dass die Institution die Originale während der Aufbewahrungspflicht nicht herausgeben darf. In dieser Zeit können sie auch nicht gelöscht werden, weil das öffentliche Interesse an den Akten höher gewichtet wird als das Recht auf Löschung der Daten.
  • Private Arztpraxen, Privatspitäler: Im privatrechtlichen Bereich kann man die Löschung verlangen. Der Arzt, die Ärztin kann sich jedoch weigern, wenn es einen Rechtfertigungsgrund gibt – etwa weil im Gesetz eine Aufbewahrungsfrist vorgeschrieben wird. Patienten haben ein Recht darauf, zu erfahren, warum das Dossier nicht gelöscht wird.
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Kann ich einzelne Berichte aus der Krankengeschichte löschen lassen?

Hier gibt es die gleichen Probleme, wie wenn man die ganze Krankengeschichte löschen lassen will, siehe oben. Das geht nicht einfach so. Wenn es um falsche Angaben in einem Bericht geht, verlangt man besser, dass sie berichtigt werden. Falls man nicht durchkommt, kann man auch selbst eine Ergänzung schreiben und zu den Akten geben.

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Kann ich verlangen, dass die Krankengeschichte korrigiert wird?

Die Krankengeschichte muss wahr sein – etwa bei der Frage, ob man raucht oder nicht. Falsche Einträge muss der Arzt korrigieren. Jedoch ist die Medizin in vielen Belangen keine exakte Wissenschaft, und die Schlussfolgerungen des Gesundheitspersonals sind deren Interpretation der Situation. In diesen Punkten können die Patienten keine Korrektur verlangen. Sie können aber eine Zweitmeinung einholen und diesen Bericht zu den Akten geben.

Stimmt etwas in der Krankenakte nicht, können Patienten eine Korrektur verlangen. Ist das nicht möglich, empfiehlt sich, zumindest eine Zweitmeinung eines anderen Arztes einzuholen – und diese Meinung ebenfalls in der Krankenakte zu hinterlegen.
Foto: imago images / Westend61
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Gehört die Patientenverfügung zur Krankengeschichte?

Wenn eine vorhanden ist, ist es durchaus sinnvoll, diese in der Krankengeschichte beim Hausarzt abzulegen. Weil man aber nicht verpflichtet ist, eine Patientenverfügung zu machen, gehört sie auch nicht zwingend zur Krankengeschichte. Im Moment fehlt eine einheitliche Regelung zur Ablage der Patientenverfügung. Am besten bespricht man mit einer Gesundheitsfachperson, was in der Patientenverfügung stehen und wo man sie ablegen soll.

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Was ist das elektronische Patientendossier?

Das ist ein digital geführtes Dossier für sämtliche Krankenakten. Der Bund ist bestrebt, ein einheitliches Patientendossier einzuführen, das elektronisch geführt wird. So sollen die Patienten jederzeit auf alle medizinischen Berichte zugreifen können. Die gleiche Möglichkeit hätte das autorisierte Gesundheitsfachpersonal. Im Moment ist das Projekt aufgrund technischer Hürden jedoch noch in der Schwebe.

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