Weihnachten, das Fest der Liebe? Immer wieder fliegen am Christbaum die Fetzen, eskaliert Gewalt sogar in Tötungsdelikten, wie die traurigen Schlagzeilen der letzten Tage zeigen. Warum ist das friedliche Feiern für manchen so schwer?
Wir sprachen mit dem Stress-Experten Dr. Klaus Heer. «Es ist eine Zeit mit viel Finsternis. Die Tage sind nie so kurz wie jetzt. Man fischt viel im Trüben sozusagen, ist hilflos wie selten», sagt der Paartherapeut und Buchautor, «ausgerechnet in diese Zeit fällt Weihnachten.» Es sei feste Tradition, an der man nicht rütteln könne und wolle. Man müsse es allen recht machen – eine klare Überforderung.
«Man will unbedingt glücklich sein»
Sehnsüchte seien tief und Erwartungen hoch, erklärt Klaus Heer, «man will unbedingt glücklich sein. Das löst emotionalen Stress aus. Die Menschen haben frei, drängen sich zusammen auf engem Raum.»
Die Nähe schlage schnell in irritierende Reibung um, sagt der Paartherapeut, «das Jahresende kann nicht liebevoll sein, wenn das Jahr lieblos war». So habe es nicht nur Staus auf Strassen. Es staue sich auch in so manchen Köpfen, Herzen und Mägen. «Gewaltenergie sammelt sich an», so Heer, «die dann an Weihnachten zuweilen in Sekundenschnelle durch eine Kleinigkeit zum Ausbruch kommt – besonders unter Kalorien und Alkohol im Übermass.»
Der Rat des Experten: «Man könnte die Tradition der Weihnacht ein wenig aufweichen, rechtzeitig miteinander darüber reden, was man aus früheren Weihnachtserfahrungen lernen könnte, wie man das Fest diesmal neu gestalten möchte. Es braucht Mut zur Veränderung, um Konflikte hinter sich zu lassen.»