Psychologe erklärt Suarez-Attacke
«Er hat lustvoll zugebissen»

Kleine Kinder beissen gerne und oft zu. Aber wieso beisst ein Fussball-Profi einen Gegner vor laufender Kamera in die Schulter? Blick.ch hat mit zwei Psychologen gesprochen.
Publiziert: 25.06.2014 um 19:12 Uhr
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Aktualisiert: 09.09.2018 um 01:00 Uhr
Von Kathia Baltisberger

Wieso beisst ein erwachsener Mann einen anderen in die Schulter? So geschehen gestern beim Spiel Uruguay gegen Italien. Der Uru-Mann Luis Suarez (27) bohrte seine Beisserchen in den Italiener Chiellini (29).

Blick.ch hat bei Psychologen nachgefragt, wieso Menschen andere Menschen beissen. Der Ursprung des Beissens findet sich schon im Säuglingsalter. «Zähne sind für uns eine erste Möglichkeit etwas festzuhalten», erklärt Psychoanalytiker Markus Fäh. Jeder habe einen Impuls, das, was er will – zum Beispiel etwas zu essen – festzuhalten und zuzubeissen. «Zähne sind ein Aggressionswerkzeug.»

Ziel ist, diese primitive Ausdrucksform zu kontrollieren

Die Beiss-Attacke von Suarez finden Psychologen nicht sehr abwegig. «Sport ist Aggression par excellence. In der Hitze des Gefechts kann der aggressive Trieb, den wir alle in uns haben, durchbrechen», sagt Fäh. «Doch es ist wichtig, dass wir diese primitiven Ausdrucksformen unter Kontrolle haben.»

Der forensische Psychiater Thomas Knecht erklärt, woher die Aggressionen kommen. «Diese Verhaltensweise ist bei den Säugetieren im Hirnstamm gespeichert. Kommen die Emotionen hoch, bricht ein solches Verhalten durch. Wir nehmen dann keine Rücksicht auf Regeln.»

Je intensiver das Spiel, desto tierischer der Kampf

Im Sport und insbesondere an einer Weltmeisterschaft sieht man ein solches Verhalten besonders gut. «Sport ist ritualisierter Krieg. Der Stärkere gewinnt. Je intensiver ein Spiel ist, desto tierischer wird der Kampf», sagt Knecht.

Passieren könne das grundsätzlich jedem. «Im Grunde sind wir Menschen wandelnde Pulverfässer, oder kultivierte Bestien», sagt Fäh. Deshalb sei es wichtig, diesen aggressiven Trieb kontrollieren zu können.

Kinder beissen gerne und oft zu. «Man muss ihnen beibringen, dass verletzendes Beissen nicht toleriert wird. Wünsche sollen über Sprache ausgedrückt werden.» Wenn jemand auch im erwachsenen Alter noch zubeisst, sei das auf die Erziehung zurückzuführen. Hier sehe man, wer besser und wer weniger gut erzogen ist.

«Beissen hat auch eine erotische Seite»

Auch wenn Beissen immer etwas Aggressives hat, kann der Trieb auch auf einer sexuellen Ebene zum Ausdruck kommen. «Beissen hat auch eine erotische Seite. Aggression und Lust können sich vermischen», sagt Fäh. Und auch wenn Suarez' Beiss-Attacke nichts Erotisches hatte und er dem Italiener kaum seine Zuneigung ausdrücken wollte. Für Fäh ist klar: «Suarez hat lustvoll zugebissen! Er hat nicht in Notwehr gehandelt. Er wollte das.»

Ob der Uru-Mann absichtlich zugebissen hat oder ob Chiellinis Schulter einfach zur falschen Zeit am falschen Ort war, muss jetzt die Fifa untersuchen.

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