Ausspucken statt hineinfressen
Warum man Gefühle nicht unterdrücken sollte

Dass sich Seele und Körper gegenseitig beeinflussen, scheint längst kein Geheimnis mehr zu sein. Doch welche wissenschaftliche Beweise gibt es dafür?
Publiziert: 01.03.2019 um 14:57 Uhr
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Aktualisiert: 31.05.2021 um 11:07 Uhr
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Mehrere Studien sprechen dafür, dass sich das Unterdrücken von Gefühlen schädlich auf die Gesundheit auswirken kann.
Foto: Getty Images

Bereits Sigmund Freud behauptete Ende des 19. Jahrhunderts, dass das Unterdrücken unangenehmer Gefühle krank mache. Zwar hat sich die These in der Alltagspsychologie durchgesetzt, allerdings blieben wissenschaftliche Beweise lange aus.

2003 erschien ein Artikel von Forschenden der Stanford University mit dem Titel «The Social Consequences of Expressive Suppression» in der Fachzeitschrift «American Psychological Association». Im Rahmen zweier Studien fanden die Forschenden heraus, dass sich das Unterdrücken von Gefühlen negativ auf den Blutdruck sowie hemmend auf die Beziehungsbildung auswirkt.

Unterdrücken hat erhöhten Blutdruck zur Folge

Dazu haben die Forschenden Paare aus jeweils zwei sich unbekannten Frauen gebildet, die dann über ein bestimmtes Thema diskutieren mussten; im Vorfeld schauten die Probandinnen einen Dokumentarfilm über die Bombenanschläge auf Hiroshima und Nagasaki 1945.

Während die Probandinnen der einen Gruppe die Vorgabe hatten, möglichst ohne Emotionen zu diskutieren, durften jene der anderen Gruppe ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Dabei stellten die Forschenden fest, dass bei jenen Teilnehmerinnen, die ihre Gefühle unterdrücken mussten, der Blutdruck erhöht war. Auch die Beziehungsbildung der Paare wurde durch das Unterdrücken von Gefühlen gehemmt.

Krebs, Herz-, Kreislauferkrankungen, Asthma oder Diabetes

2012 konnten Psychologen der Universität Jena im Rahmen einer Meta-Analyse, die in der Fachzeitschrift «Health Psychology» erschien, zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Verdrängen von Gefühlen und bestimmten Krankheiten gibt. In der Pressemitteilung zur Studie erklärte Marcus Mund, Hauptverantwortlicher der Studie: «Das Unterdrücken unangenehmer Gefühle ist ein allgemeiner Abwehrmechanismus, den jeder Mensch von Zeit zu Zeit nutzt.»

Durch die Analyse von allen weltweit verfügbaren Einzelereignissen, die das Auftreten von Krankheiten wie Krebs, Herz-, Kreislauferkrankungen, Asthma oder Diabetes im Zusammenhang mit Veränderungstendenzen untersucht hatten, stiessen die Forschenden auf entsprechende Ergebnisse.

Ein gesundheitsschädlicher Abwehrmechanismus

Menschen, die ihre Gefühle unterdrücken, werden in der Studie «Represser» genannt: «Setzt man Represser psychischem Stress aus, so zeigen sie heftige körperliche Angstreaktionen, wie Schwitzen oder einen beschleunigten Puls.» Auch im Vergleich zu ‹Nicht-Repressern› reagieren sie häufig stärker.

Obwohl die Forschungsbeiträge dafür sprechen, dass man seinen Gefühlen freien Lauf lassen sollte, eignet sich ein entsprechendes Verhalten nicht in allen Situationen: Unter Umständen kann sich das auch negativ und hemmend auf die Beziehungsbildung oder das Berufsleben auswirken. Aus diesem Grund kann es auch schon hilfreich sein, in einem geschützten Rahmen über die eigenen Gefühle zu sprechen. Dass das eine positive Wirkung hat, zeigt unter anderem auch der Erfolg der Psychotherapie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts.

Es ist sicher ratsam, im Kreise der Familie offen über Gefühle zu sprechen, wenn die Verhältnisse das erlauben. Gefühle zu zeigen heisst aber nicht, einfach immer emotional werden zu müssen, sondern seinem gegenüber auch zuhören zu können und das Gegenüber am Innenleben teilhaben zu lassen, so dass man einander besser versteht. (gup)

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