4 Tipps im Umgang mit Kummer
Darum kann der Muttertag auch traurig machen

Belastende Gefühle gehen am Muttertag neben Blumen und mit Herzchen verzierter Dekoration unter. Fakt ist aber, dass dieser Tag bei vielen Menschen von Trauer überschattet wird. Eine Expertin, die selbst ein Kind verloren hat, erklärt, was Trost und Kraft spendet.
Publiziert: 10.05.2024 um 14:38 Uhr
Am Muttertag wird manchen Menschen mehr als sonst bewusst, was sie nicht haben.
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Jana GigerRedaktorin Service

Von Hand geschriebene Karten, Blumensträusse oder ein gemeinsames Frühstück gehören für viele Familien zum Muttertag dazu. Freude und Dankbarkeit sind am nächsten Sonntag omnipräsent. Scheint es zumindest. «Das Bild einer perfekten Familie, wie es in der Gesellschaft akzeptiert ist, entspricht nicht der Realität», sagt Bettina Ries (39), Trauer- und Familienberaterin aus Zürich. Es gibt viele Menschen, die an diesem Feiertag trauern, weil ihnen der Verlust einer geliebten Person verstärkt vor Augen geführt wird. Seit ein paar Jahren gibt es dafür den Begriff Muttertagstrauer. Nicht nur Mütter, die ein Kind verloren haben, können davon betroffen sein.

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Wer kann am Muttertag mit Trauer konfrontiert sein?

«Alle Menschen, die nicht dem Ideal der glücklichen Familie entsprechen», sagt Ries. Insbesondere Eltern, die ein Kind verloren haben oder Mütter von einem Sternenkind – also ein Kind, das vor, während oder kurz nach der Geburt gestorben ist. Auch Frauen mit einem unerfüllten Kinderwunsch oder Mütter, die ihre Mutterschaft bereuen, können von Trauer betroffen sein. Ebenso Alleinerziehende, Menschen, die keine Mutter mehr haben, oder Familien, in der ein Familienmitglied an einer unheilbaren Krankheit leidet und für die es möglicherweise der letzte gemeinsame Muttertag ist.

Über den Schmerz zu sprechen, mache ihn nicht grösser, sagt die Expertin.
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Was spendet trauernden Menschen an diesem Tag Trost und Kraft?

Ries sagt: «Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass man Mutter ist. Ob von einem verstorbenen oder lebenden Kind.» Dieses Kind habe einem zu Eltern gemacht. Erfolgreiche Trauerarbeit bedeute nicht, die Verbindung zur verstorbenen Person aufzulösen, sondern die Bindung in veränderter und oft symbolischer Form auf eigene Art und Weise weiterzuführen. «Das Festhalten ist genauso ein Teil der Trauerbewältigung wie das Loslassen», sagt die Expertin. Manchen Menschen helfe es, am Muttertag ein Ritual zu haben. Ein paar Beispiele, wie das aussehen könnte:

  • Kerzen anzünden
  • einen Blumenstrauss aufstellen
  • einen Brief an die verstorbene Person schreiben
  • sich in Ruhe eine Tasse Kaffee gönnen und meditieren
  • die Ruhestätte der verstorbenen Person aufsuchen
  • eine Pflanze setzen
  • einen Ballon in den Himmel steigen lassen
  • ein bestimmtes Lied singen oder hören
Für die verstorbene Mutter eine Pflanze zu setzen, kann ein heilendes Ritual sein.
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Kann man dem Schmerz am Muttertag aus dem Weg zu gehen?

Wenn es Personen gibt, mit denen man nicht darüber sprechen möchte, kann man gemäss Expertin sagen: «Hey, es ist grad zu aufwühlend und ich möchte mich jetzt nicht damit befassen. Ich wäre froh, wenn ich mich etwas ablenken kann.» Allerdings betont sie, wie wichtig es ist, als Gesellschaft einen gesunden Umgang mit der Trauer zu finden. «Trauer ist keine Krankheit. Doch wer nicht trauert, kann daran erkranken.» Alle Gefühle seien okay und dürften gelebt werden. Ries sagt: «Meiner Erfahrung nach gibt es sehr tiefgründige Gespräche und Begegnungen, wenn man sich authentisch und ehrlich mit der Trauer zeigt.» Der Schmerz werde nicht grösser, wenn man darüber spricht. Im Gegenteil.

Trauerbegleiterin und Mutter

Bettina Ries (39) war lange als Architektin tätig, bevor sie sich am Institut für Körperzentrierte Psychotherapie zur psychologischen Beraterin ausbilden liess. Der Grund für den Wechsel war, dass sie ein Sternenkind hat. Sie wollte sich nach diesem Schicksalsschlag professionell mit dem Thema Trauer befassen. Heute begleitet sie in ihrer Praxis Inconnection in der Stadt Zürich Einzelpersonen, Paare und Familien dabei, Ängste und Krisen zu überwinden. Ries lebt gemeinsam mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Zürich.

DANIEL SUTTER

Bettina Ries (39) war lange als Architektin tätig, bevor sie sich am Institut für Körperzentrierte Psychotherapie zur psychologischen Beraterin ausbilden liess. Der Grund für den Wechsel war, dass sie ein Sternenkind hat. Sie wollte sich nach diesem Schicksalsschlag professionell mit dem Thema Trauer befassen. Heute begleitet sie in ihrer Praxis Inconnection in der Stadt Zürich Einzelpersonen, Paare und Familien dabei, Ängste und Krisen zu überwinden. Ries lebt gemeinsam mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Zürich.

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Wie kann das Umfeld unterstützend wirken?

Ries sagt: «Betroffene Eltern berichten immer wieder, wie wohltuend es für sie war, wenn sie in schwierigen Situationen jemanden an ihrer Seite gespürt haben.» Jemand, der nicht vor den Tränen und der Trauer zurückschrecke. Nahestehende können den Trauernden gemäss Expertin zum Beispiel anrufen oder am Muttertag eine Textnachricht senden, mit den Worten: «Ich denke an Dich und wir sind da. Du musst nicht darauf reagieren, wenn Du nicht möchtest. Aber wir sind hier.» Zu zeigen, dass man die verstorbene Person nicht vergessen habe, sagt Ries, sei eine der grössten Wertschätzungen für die Trauernden.


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