YouTube-Hype um Robert Franz
Seriöser Gesundheits-Guru oder Scharlatan?

Er ist nicht Arzt, sondern Automechaniker, empfiehlt (fast) immer dasselbe, und hat riesige Einschaltquoten. Wie seriös ist der Gesundheitsguru Robert Franz?
Publiziert: 31.08.2017 um 18:21 Uhr
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Aktualisiert: 07.09.2020 um 16:42 Uhr
Robert Franz entwickelt sich zum neuesten Gesundheitsguru im deutschsprachigen Raum.
Foto: www.robert-franz-gesundheit.tv
Werner Vontobel

Wenn er auftritt, sind die Säle berstend voll und viele seiner zahlreichen YouTubes sind bisher weit über 100'000 mal angeklickt worden. Damit ist er nicht allzu weit entfernt von Joseph Mercola, der Welt Nr. 1 auf diesem Gebiet. Das Erfolgsgeheimnis von Robert Franz dürfte in seiner rustikalen Erscheinung und in der Einfachheit seiner Botschaft liegen: Alle Krankheiten sind Mangelerscheinungen und von diesen drei Dingen haben wir immer zu wenig. Vitamin D 3 (ist an tausend Genen beteiligt, sagt dem Körper, dass wir nicht mehr im Winterschlaf sind), Vitamin C (Baustoff für unser Gewebe) und Traubenkernextrakt (verdünnt unser Blut). Der Automechaniker gibt auch gerne mal den Maurer: Vitamin C sind die Steine, OPC ist der Mörtel und Vitamin D ist der Bauplan.

Diese drei, so Franz, brauche auch, wer gesund ist. Allfällige Krankheitssymptome geben dann Hinweise auf andere Mängel: MSM, ein Schwefelpulver gegen Schmerzen, Magnesium, Iod, Coenzym Q10 und Carnitin (der Mund der Zelle) kommen in seinen YouTubes am häufigsten vor, meist mit Hinweisen auf Studien oder auf Gespräche mit Ärzten und anderen Fachleuten. («Ein Professor in den USA hat mir gesagt: Herr Franz, Sie haben recht») Auch mit homöopathischen Mittel kennt sich Franz offenbar aus.

Ungewöhnlich hohe Dosierung

Was Franz sagt, sagen viele andere auch. Ungewöhnliche sind aber die hohen Dosierung, insbesondere beim Vitamin D 3. Er empfiehlt 10 Tage lang je 40'000 Einheiten (iU) pro Tag, dann 10'000 pro Tag. Dabei hat gerade in diesen Tagen eine Studie des Journal oft the American Medical Association (JAMA) in den USA Schlagzeilen gemacht, wonach Dosierungen von 4000 Einheiten und mehr ungesund seien. Liegt Robert hier falsch? Nun, er ist zumindest in guter Gesellschaft. Joseph Mercola hat die Studie auf seiner Webseite auseinandergenommen und ihr bessere gegenübergestellt. Quintessenz: Der optimale Vitamin D3-Level des Blutes liege nicht bei 20 Mikrogramm pro Liter, wie JAMA aufgrund veralteter Untersuchungen annehme, sondern bei 40 bis 60 und erst ab 200 Mikrogramm wird es gefährlich. Gemäss einer Auswertung von 10 Studien, bei der die Vitamin D3-Einnahme mit dem Vitamin D3-Spiegel abgeglichen wurden, braucht es 8895 iU täglich, damit 97,5 Prozent der Teilnehmer nur schon einen D3-Spiegel von 20 Mikrogramm zu erhalten. Unbestritten ist, dass deutlich höhere Mengen nötig sind, um einen höheren Spiegel überhaupt erst zu erreichen.

So hohe Dosen von Vitamin D 3 sind allerdings nur dann – oder vor allem dann - gesund, wenn man auch genügend Magnesium (bzw. nicht zu viel Kalzium) und Vitamin K2 zu sich nimmt. Dass weiss und sagt Robert zwar auch (hier), aber bei manchen seiner oft marktschreierischen Videos geht das ein wenig unter. Vorsicht ist auch angebracht, wenn Frank etwa Quercitin als «kaum bekanntes Mittel gegen Krebs» anpreist. Richtig ist, dass sich Krebszellen in vielen Punkten von normalen Zellen unterscheiden.

«Krebspaket» für fünf Franken

Deshalb gibt es auch zahlreiche Stoffe, die Krebs- , nicht aber gesunde Zellen schwächen. Dazu gehört auch Quercitin, das die Bildung neuer Blutgefässe im Krebsgewebe unterbindet. Es gibt aber keine Substanz, die Krebs mit Sicherheit heilt. Um die Chancen zu erhöhen, braucht es immer eine Kombination. Deshalb ist Quercitin bei Franz nur Teil eines «Krebspakets» bestehend aus einer höhere Dosis der Grundausstattung (Vitamin C, D und OPC) plus Carnitin und Vitabiosa für den Darm) und eben Quercitin. Das scheint mir sinnvoll, zumindest zur Vorbeugung oder als Begleittherapie in Absprache mit dem Arzt.

Heilversprechen vor allem bei Krebs sind deshalb ungern gesehen, weil man damit verzweifelten Patienten sehr viel Geld aus der Tasche ziehen kann. Bei Franz ist das nicht so. Seine Produkte sind – vor allem wenn man die Versandkosten berücksichtig – eher noch billiger als bei Puritans Pride oder Lucky Vitamin. Die „Grundausstattung“ mit den Vitaminen D und C sowie OPC kostet (in den Grosspackungen) weniger als 1 Franken pro Tag. Sein «Krebspaket» kommt etwa auf 5 Franken zu stehen. Das zahlt man meist schon für einen Cappuccino.

Seine Schwachpunkte

Was sind die Schwachpunkte bei Robert Franz? Erstens: Er hat – da er kein Arzt ist – keinen Patientenstamm, der es ihm erlauben würde, die Wirkung seiner Tipps zu überprüfen. Diesen Nachteil teilt es allerdings mit vielen Bloggern und YouTubern. Zweitens: Franz hält nicht viel von gesunder Ernährung: Bei seinen Veranstaltungen kokettiert er gerne damit, dass auch gerne mal Bratwurst und Fritten ist, und notfalls den ganzen Saal unter den Tisch saufen könnte. Das dürfte nicht nur Folklore sein. Den vitalen Eindruck, der er hinterlässt, verdankt es jedenfalls nicht einem durchtrainierten schlanken Körper. Drittens: Franz will nicht nur 725 YouTubes jetten, sondern nebenbei auch noch die Welt retten. Sein Sendungsbewusstsein nervt zuweilen, vor allem, weil er zu schnell und undeutlich spricht.

Unter dem Strich bringt Robert Franz aber ein willkommenes Kontrastprogramm. Er bietet Leuten, die nicht jede Studie selber lesen und die ihr Leben nicht ändern wollen, ein einfaches Rezept: Seine Grundausstattung kann man sich für weniger als einen Franken täglich auch einfach morgens ins Müesli oder ins Smoothie tröpfeln. Fertig. Damit ist zwar nicht alles, aber schon mal einiges gewonnen.

14 Stunden lang nichts essen

Dennoch seien hier drei kleine Zusatzipp erlaubt. Erstens: Kurkuma ist vermutlich genau so wirksam und noch billiger als OPC. Benjamin Wedig bewertet OPC mit 7 und Kurkuma gar mit 10 von 10. Warum also nicht beides nehmen? Zweitens: Magnesium gehört zur Grundausstattung dazu. Es ist billig und die Wahrscheinlichkeit, dass man zu wenig davon hat, ist sehr gross. Drittens: Intermittierend fasten, also möglichst oft mindestens 14 Stunden lang nichts essen und/oder sich auf drei Mahlzeiten ohne Zwischenmahlzeit beschränken. Kostet nichts, gewöhnt man sich (relativ) leicht an, ist wissenschaftlich bestens erprobt.

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