«Ich habe Rücken!» – der Ausruf von Horst Schlämmer, gespielt von Hape Kerkeling (59), ist legendär. Doch nicht jeder, der sich mit schmerzverzerrtem Gesicht ans Kreuz greift, ist wehleidig wie diese Kunstfigur in Form eines unangenehmen Journalisten mit schlechten Zähnen. Gemäss dem Rückenreport der Rheumaliga Schweiz leiden fast 70 Prozent der Bevölkerung mehrmals jährlich unter Rückenschmerzen. Benedikt Burkhardt (41), Facharzt für Neurochirurgie am Wirbelsäulenzentrum der Klinik Hirslanden in Zürich, weiss, wie du dafür sorgen kannst, dass du möglichst nicht von ihm behandeln werden musst.
Blick: Herr Burkhardt, ab welchem Alter zeigen sich am Rücken die ersten Abnutzungserscheinungen?
Der Prozess beginnt ab dem 20. Lebensjahr und läuft bis ins hohe Alter weiter. Die Abnutzung muss nicht zwangsläufig mit Beschwerden einhergehen. Bei der älteren Bevölkerung zeigen sich bei MRI-Untersuchungen regelmässig Abnutzungen, obwohl im Alltag überhaupt keine Rückenschmerzen bestehen. Am häufigsten ist die Lendenwirbelsäule betroffen, weil sie beweglich ist und die Last des ganzen Körpergewichts summiert auf sie einwirkt.
Heisst das, man kann – bis man 20 ist – bedenkenlos Kisten schleppen?
Nicht unbedingt, denn Sie können sich schon mit 18 Jahren einen Teil der Bandscheiben durch exzessiven Verschleiss kaputt machen und das dann erst ein paar Jahre später merken. Das Verletzungsrisiko ist bei 18-Jährigen allerdings gering, weil Muskulatur und Gelenke in diesem Alter noch sehr widerstandsfähig sind.
Auf welche Art belastet «lupfen» den Körper?
Wenn Sie ein Gewicht mit ausgestreckten Armen vor sich tragen – zum Beispiel etwas scheinbar Leichtes wie ein Tablett – hat das eine Hebelwirkung. Rumpf- und Rückenmuskeln werden angespannt, um den Körper im Lot zu halten. Das kann zu einer starken Belastung für den Körper werden. Wird der Hebelarm zu gross, werden Wirbelgelenke und Bandscheiben verstärkt belastet, was schmerzhaft ist und die Bandscheiben beschädigen kann.
PD Dr. med. Benedikt Burkhardt (41) ist Facharzt für Neurochirurgie am Wirbelsäulenzentrum der Klinik Hirslanden in Zürich und auf die Therapie von Erkrankungen der Wirbelsäule spezialisiert. Er studierte in Deutschland, den USA und der Schweiz. Im Rahmen seiner wissenschaftlichen Arbeit etablierte er neue Operationstechniken und lehrte anderen Wirbelsäulen-Chirurginnen und -Chirurgen diese anzuwenden. Sein Credo: «Eine Operation mit massgeschneidertem Behandlungskonzept macht erst dann Sinn, wenn alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.»
PD Dr. med. Benedikt Burkhardt (41) ist Facharzt für Neurochirurgie am Wirbelsäulenzentrum der Klinik Hirslanden in Zürich und auf die Therapie von Erkrankungen der Wirbelsäule spezialisiert. Er studierte in Deutschland, den USA und der Schweiz. Im Rahmen seiner wissenschaftlichen Arbeit etablierte er neue Operationstechniken und lehrte anderen Wirbelsäulen-Chirurginnen und -Chirurgen diese anzuwenden. Sein Credo: «Eine Operation mit massgeschneidertem Behandlungskonzept macht erst dann Sinn, wenn alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.»
Wie sieht es bei schweren Lasten aus?
Je näher eine Last am Körper getragen wird, desto kleiner ist die Hebelwirkung. Die Wirbelsäule puffert beim Tragen von schweren Lasten wie Koffern, Kisten oder Einkaufstaschen das Gewicht ab. Vor allem die elastischen Bandscheiben, die wie Kissen zwischen den Wirbelkörpern liegen, werden dabei beansprucht.
Wie gefährlich ist das?
Gefährlich ist das Tragen von Lasten prinzipiell nicht, solange man nicht über das Ziel hinausschiesst. Beim ruckartigen Heben von sehr schweren Lasten können die Bandscheiben beschädigt werden. Längerfristig kann sich so die Elastizität des Gewebes stark verringern. Auch langes und verkrümmtes Stehen kann diesen Effekt haben.
Die Abnutzung der Wirbelsäule lässt sich nicht verhindern, oder?
Nein. Das liegt unter anderem daran, dass ein Teil der Abnutzung genetisch bedingt ist. Mithilfe einer gesunden Lebensweise lässt sich der andere Teil aber beeinflussen und der Prozess kann verlangsamt werden. Durch das Einhalten von Ruhepausen, respektive ausreichendem Schlafen in der Nacht, haben die Bandscheiben die Möglichkeit, sich zu regenerieren.
Was heisst «ausreichend Schlafen»?
Die Mindestruhephase für eine gesunde Erholung liegt im Schnitt bei sechs Stunden Schlaf. Das ist gut für die Wirbelsäule und fürs zentrale Nervensystem. Sieben Stunden wären natürlich besser. Es geht dabei nicht nur darum, dass man liegt, sondern entspannt schläft.
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Was passiert im Schlafzustand mit den Bandscheiben?
Sie füllen sich mit Nährstoffen. Dieser Regenerationsprozess kann in einer allzu kurzen Nacht nicht ausreichend stattfinden. Ungesunde Lebensgewohnheiten wie Rauchen erschweren die Regeneration.