US-Krankenversicherung begrenzt Einsatz
Rückschlag für Schweizer Alzheimer-Mittel

Die öffentliche US-Krankenversicherung will die Übernahme der immensen Kosten für das umstrittene neue Alzheimer-Medikament Aduhelm stark begrenzen. Das in der Schweiz entwickelte Medikament wurde in den USA im Juni zugelassen, in der Schweiz ist die Zulassung hängig.
Publiziert: 12.01.2022 um 08:18 Uhr
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Aktualisiert: 13.01.2022 um 15:21 Uhr
Das in der Schweiz entwickelte Alzheimer-Medikament Aduhelm wurde in den USA zugelassen, in der EU dagegen nicht. Nun erfolgte auch ein Rückschlag in den USA: Die öffentliche Krankenkasse übernimmt die hohen Kosten nur noch für Patienten, die an klinischen Versuchen teilnehmen (Pressebild).
Foto: Biogen

Im Gegensatz zur US-Arzneimittelbehörde FDA hat die Europäische Arzneimittelbehörde EMA den Antrag auf Zulassung des Wirkstoffes Aducanumab zur Alzheimer-Behandlung in der EU abgelehnt. Die Risiken des Wirkstoffes seien grösser als der Nutzen, so die Begründung der EMA. In der Schweiz wurde der Antrag auf Zulassung letzten Frühling gestellt, Swissmedic prüft noch.

Die vorläufige Beschränkung der Aduhelm-Kostenübernahme in den USA auf Patienten, die an klinischen Versuchen teilnehmen, könnte einen entscheidenden Rückschlag für die Zukunft Aduhelms bedeuten. Die Kosten für die Behandlung betragen pro Jahr und Patient etwa 28'000 Dollar. Ursprünglich war es sogar doppelt so teuer, aber im Dezember 2021 senkte das US-Pharmaunternehmen Biogen mit Sitz in Baar ZG, welches den Wirkstoff vertreibt, den Preis erheblich.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte Aduhelm trotz umstrittener Wirksamkeit im Sommer nach einem beschleunigten Verfahren provisorisch zugelassen. Der Wirkstoff Aducanumab sei die erste neuartige Behandlungsmethode gegen die neurodegenerative Erkrankung, die seit 2003 zugelassen worden sei.

Der Wirkstoff wurde von Forschern der Universität Zürich (UZH) und der Firma Neurimmune in Schlieren, einem Spin-off der UZH, entwickelt. Seine Wirksamkeit beruht auf der Hemmung der für Alzheimer typischen Plaques. Biogen hat die Lizenz erworben. Luterbach SO ist einer der Produktions-Standorte.

Wie gut Aducanumab wirkt, ist umstritten: Ein internes Beratergremium der FDA hatte sich gegen die Zulassung ausgesprochen, mehrere Wissenschaftler hatten sich öffentlich skeptisch geäussert. Zahlreiche Patienten-Organisationen hatten sich jedoch für die Zulassung stark gemacht - auch deswegen, weil die Zulassung die Forschung auf dem Gebiet stärke.

(SDA)

Wie erkenne ich Alzheimer?

Neben Vergesslichkeit können auch Orientierungsprobleme oder die Verschlechterung des sprachlichen Ausdrucksvermögens auf Alzheimer hinweisen. Vor allem das Vergessen von Alltäglichem und Schwierigkeiten bei vertrauten Abläufen sind Alarmzeichen. Auch Persönlichkeitsveränderungen und ungewohntes Verhalten sowie fehlender Antrieb und sozialer Rückzug sind Symptome, die mit der Erkrankung in Verbindung gebracht werden. Stellen Sie vermehrt eines dieser Symptome bei Ihnen oder bei jemandem in Ihrem Umfeld fest, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Mehr Infos über Alzheimer unter www.alz.ch

Neben Vergesslichkeit können auch Orientierungsprobleme oder die Verschlechterung des sprachlichen Ausdrucksvermögens auf Alzheimer hinweisen. Vor allem das Vergessen von Alltäglichem und Schwierigkeiten bei vertrauten Abläufen sind Alarmzeichen. Auch Persönlichkeitsveränderungen und ungewohntes Verhalten sowie fehlender Antrieb und sozialer Rückzug sind Symptome, die mit der Erkrankung in Verbindung gebracht werden. Stellen Sie vermehrt eines dieser Symptome bei Ihnen oder bei jemandem in Ihrem Umfeld fest, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Mehr Infos über Alzheimer unter www.alz.ch

Expertin Stefanie Becker beantwortet Leserfragen zu Demenz

Demenz: Eine Krankheit, die nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für ihre Angehörigen schwer zu begreifen ist. Der grösste Risikofaktor ist zwar das Alter, doch auch jüngere können betroffen sein: Rund sechs Prozent der Menschen mit Demenz erkranken bereits vor dem 65. Lebensjahr. Stefanie Becker, die Geschäftsleiterin von Alzheimer Schweiz, beantwortet die wichtigsten Fragen.

imago/Paul von Stroheim

Demenz: Eine Krankheit, die nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für ihre Angehörigen schwer zu begreifen ist. Der grösste Risikofaktor ist zwar das Alter, doch auch jüngere können betroffen sein: Rund sechs Prozent der Menschen mit Demenz erkranken bereits vor dem 65. Lebensjahr. Stefanie Becker, die Geschäftsleiterin von Alzheimer Schweiz, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Stand der Forschung: Erster Wirkstoff vor Zulassung

Noch immer wartet die Menschheit auf ein potentes Medikament gegen Alzheimer. Doch etliche Rückschläge haben die Hoffnung schwinden lassen. Im Zeitraum zwischen 2002 und 2012 lag die Misserfolgsquote von Arzneimitteln gegen Alzheimer, die schon an Patienten getestet wurden, bei 99,6 Prozent, wie eine wissenschaftliche Erhebung zeigt. Seit 18 Jahren ist kein neues Medikament gegen Alzheimer auf den Markt gekommen. Viele Pharmaunternehmen haben der Alzheimerforschung den Rücken gekehrt.

Im Frühjahr 2019 hat das Pharmaunternehmen Biogen schliesslich zwei Studien zum vielversprechenden Wirkstoff Aducanumab wegen ausbleibender Erfolge abgebrochen. Nun soll das Medikament im Januar doch noch zur Zulassung bei der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA eingereicht werden. Biogen teilte im Oktober mit, dass der Wirkstoff in einer höheren Dosierung doch den Verlust von Gedächtnisleistung, Orientierung und Sprachvermögen von Alzheimer-Patienten verlangsamt habe.

Dies hätten weitere Analysen einer grösseren Datenmenge ergeben. In diese Analysen wurden mehr Patienten eingeschlossen, die über einen längeren Zeitraum eine hohe Wirkstoffdosis erhalten hatten. «Die neuen Daten geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Eine zuverlässige Beurteilung der Angaben von Biogen kann aber erst erfolgen, wenn die Daten aus den klinischen Versuchen mit Aducanumab vollständig vorliegen», sagt Alzheimer-Spezialist Prof. Dr. Sascha Weggen von der Universität Düsseldorf.

Sollte Aducanumab zugelassen werden, wäre das der erste Wirkstoff, der an einer der möglichen Ursachen der Alzheimer-Krankheit ansetzt. Bislang gibt es keine Medikamente, die auf die grundlegenden Mechanismen der Erkrankung einwirken. Biogen strebt die Zulassung von Aducanumab auch in Europa an. Sven Zaugg

Tau-Proteine sind für die Stabilität und die Nährstoffversorgung der Zellen verantwortlich. Bei der Alzheimer-Erkrankung wird das Tau-Protein chemisch verändert. Dieses veränderte Protein sammelt sich in der Nervenzelle und lagert sich in Form von Fasern an, den sogenannten Tau-Fibrillen. Die Zellen verlieren ihre Form, ihre Funktionen und zerfallen.

Noch immer wartet die Menschheit auf ein potentes Medikament gegen Alzheimer. Doch etliche Rückschläge haben die Hoffnung schwinden lassen. Im Zeitraum zwischen 2002 und 2012 lag die Misserfolgsquote von Arzneimitteln gegen Alzheimer, die schon an Patienten getestet wurden, bei 99,6 Prozent, wie eine wissenschaftliche Erhebung zeigt. Seit 18 Jahren ist kein neues Medikament gegen Alzheimer auf den Markt gekommen. Viele Pharmaunternehmen haben der Alzheimerforschung den Rücken gekehrt.

Im Frühjahr 2019 hat das Pharmaunternehmen Biogen schliesslich zwei Studien zum vielversprechenden Wirkstoff Aducanumab wegen ausbleibender Erfolge abgebrochen. Nun soll das Medikament im Januar doch noch zur Zulassung bei der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA eingereicht werden. Biogen teilte im Oktober mit, dass der Wirkstoff in einer höheren Dosierung doch den Verlust von Gedächtnisleistung, Orientierung und Sprachvermögen von Alzheimer-Patienten verlangsamt habe.

Dies hätten weitere Analysen einer grösseren Datenmenge ergeben. In diese Analysen wurden mehr Patienten eingeschlossen, die über einen längeren Zeitraum eine hohe Wirkstoffdosis erhalten hatten. «Die neuen Daten geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Eine zuverlässige Beurteilung der Angaben von Biogen kann aber erst erfolgen, wenn die Daten aus den klinischen Versuchen mit Aducanumab vollständig vorliegen», sagt Alzheimer-Spezialist Prof. Dr. Sascha Weggen von der Universität Düsseldorf.

Sollte Aducanumab zugelassen werden, wäre das der erste Wirkstoff, der an einer der möglichen Ursachen der Alzheimer-Krankheit ansetzt. Bislang gibt es keine Medikamente, die auf die grundlegenden Mechanismen der Erkrankung einwirken. Biogen strebt die Zulassung von Aducanumab auch in Europa an. Sven Zaugg

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