Toiletten machen uns krank
Warum wir falsch auf der Schüssel sitzen

Unsere Toiletten entsprechen nicht unserer natürlichen Position für den Stuhlgang. Proktologe Derek Zieker-Fischer erklärt, was daran problematisch ist und wie wir richtig auf dem Klo hocken.
Publiziert: 14.11.2023 um 17:40 Uhr
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Aktualisiert: 07.12.2023 um 12:07 Uhr
Unsere gewohnte Position auf dem Klo – sitzend, im 90-Grad-Winkel – ist alles andere als natürlich.
Foto: Getty Images
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Valentin RubinRedaktor Service

So wie wir heute auf der Toilette sitzen, schaden wir unserer Verdauung, unserem Darm und unserem After. Denn unsere gewohnte Position auf dem Klo – sitzend, im 90-Grad-Winkel – ist alles andere als natürlich. Über weite Strecken der Geschichte verrichteten die meisten Menschen ihr Geschäft in der Hocke auf dem Boden. In vielen Ländern Asiens und Afrikas ist das heute noch der Fall. Derek Zieker-Fischer (48), Proktologe und Chirurg aus Reutlingen (D), sagt dazu: «Die Position in der Hocke ist nicht nur natürlicher, sondern oft auch effektiver.»

Die natürliche Position für den Stuhlgang sähe so aus: Gebückt und in der Hocke.

Der Grund dafür liegt im Darm. Sitzen wir auf einem Stuhl, ist der Enddarm gekrümmt und wird durch einen Muskel, die sogenannte Puborectalschlinge, blockiert. Im Alltag ist das hilfreich, da damit verhindert wird, dass wir unfreiwillig unseren Darm entleeren. «Auf der Toilette kann das den Stuhlgang aber erschweren», sagt Zieker-Fischer.

Je kürzer der Stuhlgang, desto besser

Die für uns normale Sitzposition auf der Toilette ist nicht nur unnatürlich, sie kann auch Verdauungs- und Darmprobleme hervorrufen.
Foto: Shutterstock

Konkret heisst das, dass wir aufgrund der Krümmung des Enddarms und der damit verbundenen unnatürlichen Stuhlgang-Position auf der Toilette oft länger brauchen. Dabei gilt: Je kürzer der Toilettengang, desto gesünder. «Damit der Stuhl trotzdem kommt, haben viele Menschen das Gefühl, sie müssen pressen», sagt Zieker-Fischer. Das sei kontraproduktiv. Je mehr Druck ausgeübt werde, desto stärker würden die Analvenen, die Hämorrhoiden und der Beckenboden durchblutet. «Auf Dauer begünstigt das die Vergrösserung von Hämorrhoiden, sodass sie zum Problem werden.»

Proktologe mit Humor

Derek Zieker-Fischer (48) widmet sich in seinem Sachbuch «F**k you Hämorrhoiden» auf humoristische Art dem Tabuthema Hämorrhoiden. Herausgebracht hat er es gemeinsam mit Sven Bach. Der Ernährungsexperte steuerte zahlreich Ernährungstipps und Rezepte bei, die Hämorrhoidalleiden mildern oder sogar verhindern können.

Zieker-Fischer leitet eine chirurgisch-proktologische Praxis in Reutlingen, Baden-Württemberg, und ist Allgemein- und Viszeralchirurg mit der Zusatzbezeichnung Proktologie.

Er wurde als Sohn einer Mutter mit libanesischen und einem Vater mit schwäbischen Wurzeln in Johannesburg (Südafrika) geboren. Sein beruflicher Werdegang führte ihn zunächst in die Sterne-Gastronomie des Brenners Park-Hotel in Baden-Baden (D). Nach dem Medizinstudium ging es über die Universitäten von Pretoria (Südafrika), Basel und Lugano an die Universität Tübingen.

Thomas Kiehl

Derek Zieker-Fischer (48) widmet sich in seinem Sachbuch «F**k you Hämorrhoiden» auf humoristische Art dem Tabuthema Hämorrhoiden. Herausgebracht hat er es gemeinsam mit Sven Bach. Der Ernährungsexperte steuerte zahlreich Ernährungstipps und Rezepte bei, die Hämorrhoidalleiden mildern oder sogar verhindern können.

Zieker-Fischer leitet eine chirurgisch-proktologische Praxis in Reutlingen, Baden-Württemberg, und ist Allgemein- und Viszeralchirurg mit der Zusatzbezeichnung Proktologie.

Er wurde als Sohn einer Mutter mit libanesischen und einem Vater mit schwäbischen Wurzeln in Johannesburg (Südafrika) geboren. Sein beruflicher Werdegang führte ihn zunächst in die Sterne-Gastronomie des Brenners Park-Hotel in Baden-Baden (D). Nach dem Medizinstudium ging es über die Universitäten von Pretoria (Südafrika), Basel und Lugano an die Universität Tübingen.

Da es vielen Menschen in der Sitz-Position schwerer fällt, den Darm zu entleeren, geschieht dies oft nur unvollständig. «Man kann dann das Gefühl haben, man habe sich nur teilweise erleichtert», sagt Zieker-Fischer. In der Folge träten vermehrt Verdauungs- und Darmprobleme sowie Verstopfungen auf. Dieser Befund wird statistisch untermauert: In Europa, wo die Sitztoilette selbstverständlich ist, sind chronische Darmerkrankungen im globalen Vergleich am häufigsten.

Ein Hocker fürs Geschäft

Helfen könnte in diesen Fällen ein Toilettenhocker. In den USA sorgte vor einigen Jahren vor allem ein Hersteller – auch wegen seines Namens – für Aufsehen: der «Squatty Potty», der Töpfchenhocker. Zieker-Fischer: «Ein solcher Hocker kann den Menschen helfen, sich beim Stuhlgang wieder der ursprünglichen Hockeposition anzunähern.» Bilden unsere Oberschenkel und Rücken keinen 90-Grad-Winkel mehr, sondern etwa einen 35-Grad-Winkel, sei unser Enddarm nicht mehr gekrümmt.

Ob aus Holz oder Plastik: Toilettenhocker können bei Problemen mit dem Stuhlgang helfen. Speziell designte Produkte lassen sich nach dem Gebrauch gut unter der Toiletten-Schüssel verstauen.

Der Toilettenhocker wird dabei direkt vor die Toilette gestellt. Während des Stuhlgangs kann man seine Füsse darauf abstellen. Lehnt man sich zusätzlich mit dem Oberkörper ein wenig nach vorne, erreicht man den gewünschten Winkel. Eine Studie in den USA ergab 2019, dass ein Toilettenhocker in 90 Prozent der Fälle für einen erleichterten und in 70 Prozent der Fälle für einen schnelleren Stuhlgang sorgte.

Gängige Toilettenhocker sind ungefähr 20 Zentimeter hoch. Je nach Körpergrösse und individuellen Bedürfnissen können laut Zieker-Fischer aber auch höhere oder tiefere Hocker infrage kommen. «Wichtig ist, dass man die Verwendung solcher Hockerhöhungen für sich selbst austestet.» Und ein Allheilmittel für Verdauungsprobleme seien sie auch nicht: «Wenn ein Hocker keine Besserung verschafft, liegt wahrscheinlich ein tieferliegendes Problem vor. Das müsste man medizinisch abklären lassen.»

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