Die Idee ist nicht neu, aber der Ice-Man, ein Holländer namens Wim Hof, hat sie mit zwei anderen Techniken kombiniert und am eigenen Leib vordemonstriert. Und weil er damit das Interesse von Wissenschaftlern geweckt hat, darf er nun sagen, die Wim-Hof-Methode (WHM) sei wissenschaftlich bewiesen.
Der Mann der unmöglichen Dinge
Worum geht es? Fangen wir mit der Kälte an. Wim Hof ist dafür bekannt geworden, dass es Dinge tut, die noch bis vor kurzem als unmöglich, bzw. als tödlich galten. Wie etwa mit nackten Oberkörper und kurzen Hosen den 5900 Meter hohen Kilimanjaro besteigen, oder zwei Stunden lang im Eiswasser ausharren, ohne dass die Kerntemperatur des Körpers sinkt.
Dass er so viel Kälte aushält, verdankt er seiner Atem- und Meditationstechnik. Die geht so: 30 Mal kräftig ein- und locker ausatmen bis zur leichten Benommenheit. Nach dem letzten Ausatmen den Atem anhalten bis zur Atemnot. Ein- und ausatmen. Dann noch einmal stark einatmen und den Atem etwa 20 Sekunden anhalten. Dabei Bauchmuskeln anspannen. Ende. Dauer etwa 3 Minuten. Dann das ganze noch zwei Mal.
Kalte Duschen für Anfänger
Der meditative Teil besteht erstens darin, dass man sehr bewusst atmet und hinterher den meditativen Zustand noch ein paar Minuten aufrecht erhält. Dabei kann man sich auch vorstellen, dass ein inneres Feuer brennt. Das hilft vor allem, wenn man in der Kälte meditiert.
Was die Kälte betrifft, man muss nicht stundenlang im Eis ausharren. Anfänger sollten mit kaltem Duschen beginnen. Der Körper reagiert darauf, indem er Sauerstoff anfordert (wir atmen automatisch tief ein) und die Energie- und Wärmeproduktion ankurbelt. Zu diesem Zweck werden unter anderem die Hormone Kortisol, Adiponektin und Irsin ausgeschüttet. Kälte ist also auch ein Hormonregulator. Zudem wird die Bildung von braunen Fettzellen gefördert. Diese produzieren Energie indem sie Fett verbrennen, statt zu lagern, wie normale Fettzellen.
In einem Versuch mit 12 Testpersonen haben Wissenschafter gezeigt, dass zehn Tage Training mit der Wim Hof Methode reichen, um das Immunsystem entscheidend zu stärken. Den Testpersonen wurden Grippebakterien eingespritzt, was sie wesentlich besser überstanden haben als eine Kontrollgruppe. Unklar blieb allerdings, welche der drei Element der Wim-Hof-Methode dabei den Ausschlag gab.
Die Oberfläche zur Aufnahme von Sauerstoff wird vergrössert
Die Atemübung bewirkt auch noch 80 Minuten danach eine stark erhöhte Sauerstoffaufnahme der Zellen. Bei Wim Hof wurde gar eine Verdoppelung gemessen. Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass sich die Lunge durch das starke Atmen ausweitet, bzw. entfaltet und sie so die zur Aufnahme von Sauerstoff verfügbare Oberfläche deutlich vergrössert. Ein weiterer Trainingseffekt dürfte sich daraus ergeben, dass die Sauerstoffsättigung des Blutes bei der Übung von den üblichen 98 Prozent auf 85 oder bei Wim Hof angeblich sogar auf 50 Prozent sinkt. Damit wird gleichsam ein Höhentrainingslager simuliert.
Der Körper lernt, mit Sauerstoff sparsam umzugehen. Messungen zeigten gar, dass die Atemübung den pH-Wert der Blutes vorübergehend über den Gleichgewichtswert von 7,45 erhöht. Kritiker wenden ein, dass dies ungesund sei. Stimmt. Andererseits werden die Abwehrkräfte des Körpers genau dadurch gestärkt, dass man ihn immer wieder mal (sanft) aus dem Gleichgewicht bringt. Beispielsweise indem man mal ein paar Minuten lang unnatürlich hart atmet oder sich der Kälte aussetzt. Beides führt zu Stressreaktionen und zur Aktivierung des sympathischen Nervensystems. Meditation kurbelt den Gegenspieler, das parasympathische Nervensystem, an und sorgt so für den sorgt für den nötigen Ausgleich.