Meyer rät
«Holen sie ihre Gefühle und Gedanken zu sich zurück»

«Mein Mann (58) hat diverse körperliche Beschwerden. Aber er will nicht zum Arzt gehen und akzeptiert auch keine Naturheilmittel. Was kann ich tun?» - Der Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer nimmt Stellung zu dieser Lebensfrage.
Publiziert: 24.05.2019 um 11:45 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2019 um 11:41 Uhr
Wir möchten, dass es den Menschen gutgeht, die wir lieben.
Thomas Meyer

Wir möchten, dass es den Menschen gutgeht, die wir lieben. Wir möchten, dass sie ein Leben in Gesundheit und Zufriedenheit führen, frei von Schmerz jeglicher Art. Denn das bedeutet Liebe ja: dem anderen das Beste zu wünschen.

Jeder Mensch hat Recht auf eine eigene Lebensgestaltung

Doch so gross dieser Wunsch ist, so gering sind unsere Möglichkeiten, Einfluss auf seine Erfüllung zu nehmen. Wir können unsere Partner und Freunde nicht einfach einsperren und ihnen an Heilmitteln einflössen, was wir für nötig halten. Es sind – auch wenn sie sich überhaupt nicht so benehmen – erwachsene, mündige, selbstverantwortliche Personen mit dem Recht auf eine eigene Lebensgestaltung.

Es ist das Recht Ihres Mannes, sein Leben so zu führen, dass er körperliche Beschwerden hat. Es ist auch sein Recht, diese Beschwerden zu ignorieren und an seinem Verhalten nichts zu ändern. Und es ist sein Recht, Ihren Rat auszuschlagen und weiterhin keine Fachperson aufzusuchen. Das ist alles nicht sehr klug, aber erlaubt. Hinzu kommt, dass er Sie vermutlich nicht um Ihre Hilfe gebeten hat. Sie ist, leider, unwillkommen. Und somit nur ein beidseitiges Ärgernis: Der eine will endlich gehört werden, aber der andere will nichts hören.

Helfen Sie sich selbst zuerst


Helfen Sie also lieber jenem Menschen, dem Sie tatsächlich helfen können: Ihnen selbst. Holen Sie Ihre Gedanken und Ihre Gefühle bewusst von Ihrem Mann zurück – vielleicht, indem Sie das immer wieder so aussprechen oder eine Zeichnung anfertigen – und lenken Sie beides wieder auf sich. Teilen Sie Ihrem Mann nur noch eines mit: wie es sich für Sie anfühlt, wenn Sie sehen, wie er mit sich umgeht. Mehr können Sie nicht tun. Der Rest ist seine Aufgabe, und wenn er sie nicht lösen will, ist das bedauerlich, aber eben auch hinzunehmen. Wie so vieles, das wir gern anders hätten, aber vom Leben nun einmal nicht anders bekommen.

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