Was 1959 noch eine Sensation war, ist heute ein Routineeingriff: der Ersatz eines Hüftgelenks. Rund 21 000 Patienten erhalten in der Schweiz pro Jahr eine sogenannte Endoprothese. Dr. Tobias Bühler, leitender Arzt Orthopädie am Kantonsspital Aarau, benennt den Hauptgrund für den Eingriff: «Eine Einschränkung der Lebensqualität wegen bewegungs- und belastungsabhängigen Schmerzen, die meist in der Leiste oder über dem Gesäss auftreten.» Die Schmerzquelle ist eine Gelenkabnutzung, also eine Arthrose.
Vielfach gehen Betroffene zum Arzt, weil die Schmerzen sportliche Aktivitäten einschränken oder verunmöglichen. «Deshalb konsultiert eine wachsende Zahl junger und aktiver Patienten mit Hüftbeschwerden die orthopädische Sprechstunde», sagt Bühler. Bei noch gering ausgeprägter Arthrose versucht er, die Funktion der eigenen Hüftgelenke zu erhalten. Operiert werde erst, wenn die Arthrose auf dem Röntgenbild nachweisbar sei. Um es gar nicht so weit kommen zu lassen, greifen Ärzte wie Bühler heute deutlich früher ein. «Seit kurzem wissen wir, dass bestimmte Formfehler der Hüfte zur Arthrose führen.» Korrigiert der Arzt nun diese falsche Form, verhindert das Arthrose und in der Konsequenz vielfach sogar Prothesen.
Nur drei kleine Schnitte, anstatt das Hüftgelenk zu öffnen
Diese Formfehler korrigiert man heute mit einer sogenannt minimal-invasiven Hüftspiegelung. Das heisst, der Chirurg öffnet nicht das ganze Hüftgelenk, sondern macht nur drei kleine Schnitte. Durch die schleift er das Gelenk oder seine Knorpel in die korrekte Form. Beim Kniegelenk bewährt sich diese Operationstechnik seit Jahrzehnten. «Allerdings», sagt Bühler, «ist das keine leichte Operation.» Sie dauert etwa zwei Stunden und verlangt vom Operateur einiges an handwerklichem Geschick.
«Ob das dann ein Leben lang hält, wissen wir heute noch nicht», sagt Bühler. Dazu sei die Methode noch zu jung. «Immerhin können wir sicher die Prothese sehr lange hinauszögern.» Wichtig ist für den Orthopäden, dass Beschwerden rechtzeitig abgeklärt und Formfehler erkannt werden: «So können wir rechtzeitig eine Korrektur vornehmen, bevor sich eine Arthrose bildet.»
Medikamente direkt in die Hüfte spritzen
Minimal-invasiv respektive muskelschonend ist heute auch das Schlagwort bei den Prothesen-Operationen. Dadurch dauert die Heilungsphase statt mehrerer Monate wie früher nur gerade wenige Tage. Das erreicht der Chirurg, indem er zwischen den Muskelsträngen hindurch operiert, statt sie wie früher abzutrennen. «Denn das war einer der Hauptkomplikationen, dass die Muskeln schlecht verheilten.»
Während man das Gelenk ersetzt, bleiben auf diese Weise Weichteilschädigungen aus – das Risiko einer Muskelschwäche, verbunden mit Schmerzen und Hinken, ist deutlich vermindert. Und abgesehen von normalen Risiken jeder Operation wie Infektionen, Blutergüsse, Wundheilungsstörungen oder Thrombosen sind künstliche Hüftgelenke heute sehr zuverlässig und langlebig. «Mit einem künstlichen Hüftgelenk können viele Patienten ihren Alltag beschwerdefrei bewältigen – auch Freizeitsport ist mit den heutigen Implantaten möglich», sagt Bühler.
Doch selbst bei bereits vorhandener Arthrose zögern Ärzte heute die Prothesenoperation möglichst lange hinaus. «Es gibt inzwischen spezielle Medikamente, die man direkt in die Hüfte spritzen kann und die zum Erhalt der noch vorhandenen Knorpelsubstanz führen», sagt Bühler. Zusatzeffekt: Die Spritze ist günstiger als eine Operation.
Das Urmodell des Hüftimplantats stammt vom britischen Chirurgen und Orthopäden Sir John Charnley. Bereits 1959 setzte er einem Patienten das erste künstliche Hüftgelenk ein.
Um die Glätte des Knorpels und die guten Schmiereigenschaften der Gelenkflüssigkeit in einer Prothese nachzuahmen, wählte er als Material Polytetrafluorethylen – bekannter unter dem Markennamen Teflon, also dasselbe Material, das in Bratpfannen ein Anbrennen verhindert. Es stellte sich jedoch als ungeeignet heraus, weshalb man es ab 1962 durch Polyethylen und Keramik ersetzt hat.
Die Lebensdauer der Ersatzgelenke beträgt heute mehr als 15 Jahre. 75 Prozent aller Hüftprothesen sind gemäss einer Studie nach 26 Jahren noch voll funktionstüchtig.
Das Urmodell des Hüftimplantats stammt vom britischen Chirurgen und Orthopäden Sir John Charnley. Bereits 1959 setzte er einem Patienten das erste künstliche Hüftgelenk ein.
Um die Glätte des Knorpels und die guten Schmiereigenschaften der Gelenkflüssigkeit in einer Prothese nachzuahmen, wählte er als Material Polytetrafluorethylen – bekannter unter dem Markennamen Teflon, also dasselbe Material, das in Bratpfannen ein Anbrennen verhindert. Es stellte sich jedoch als ungeeignet heraus, weshalb man es ab 1962 durch Polyethylen und Keramik ersetzt hat.
Die Lebensdauer der Ersatzgelenke beträgt heute mehr als 15 Jahre. 75 Prozent aller Hüftprothesen sind gemäss einer Studie nach 26 Jahren noch voll funktionstüchtig.