Gesunder Darm
Was bei Verstopfungen wirklich hilft

Verstopfung: Ein Leiden, zu dem es viele Fehlinformationen gibt. Wann liegt tatsächlich eine Verstopfung vor, machen Abführmittel den Darm träge oder wie oft Stuhlgang ist normal? Professor Dr. Joachim F. Erckenbrecht beantwortet die häufigsten Fragen.
Publiziert: 10.12.2018 um 13:38 Uhr
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Aktualisiert: 10.07.2019 um 16:37 Uhr
Hektik, Stress, keine Toilette in Sicht. Verstopfug ist ein typisches Problem.

Wann ist der Stuhlgang normal?

Drei Stuhlgänge pro Woche bis hin zu zwei Stuhlgängen pro Tag begrenzen den normalen Bereich. Von chronischer Verstopfung spricht man erst, wenn zumindest in drei der letzten sechs Monate öfter kein weicher Stuhlgang ohne Abführmittel möglich war oder wenn in dieser Zeit mindestens zwei der folgenden Probleme öfter aufgetreten sind:

  1. pressen beim Stuhlgang
  2. klumpiger oder harter Stuhl
  3. Gefühl der unvollständigen Entleerung
  4. Gefühl, dass der Enddarm blockiert ist
  5. manuelle Manöver zur Darmentleerung notwendig
  6. weniger als drei Entleerungen pro Woche
  7. Toilettenhäuschen; Verstopfung

Was muss man machen, wenn man diese Symptome hat?

Betroffene Patienten müssen untersucht werden, weil sich hinter dem Symptom Verstopfung eine andere Erkrankung verstecken kann. Doch in der Regel lässt die Darmfunktion einfach altersbedingt nach. Daher haben ältere Menschen öfter Verstopfungen als jüngere.

Hilft viel Trinken bei der Verstopfung?

Immer wieder hören Betroffene dann den Rat: Trink mehr! Iss mehr Ballaststoffe! Man kann aber keine Verbindung mit der Menge verzehrter Ballaststoffe und der Flüssigkeitsaufnahme feststellen. Es handelt sich bei Verstopfung weder um eine Ballaststoffmangel- noch um eine Flüssigkeitsmangelerkrankung.

So gut tut ein gesunder Darm

Der Darm ist unser zweites Hirn. Die Darmbakterien produzieren etwa 90 Prozent des Stimmungshormons Serotonin sowie mindestens zwei Dutzend anderer solcher Neurotransmitter. Das sind Eiweissstoffe, die für die Kommunikation unter den Gehirnzellen und zwischen Hirn und Darm sorgen. Gegen psychische Störungen wie Depressionen, Autismus, Angstpsychose etc. hilft auf Dauer vor allem eines – ein gesunder Darm. Und das geht so.

Der Darm ist unser zweites Hirn. Die Darmbakterien produzieren etwa 90 Prozent des Stimmungshormons Serotonin sowie mindestens zwei Dutzend anderer solcher Neurotransmitter. Das sind Eiweissstoffe, die für die Kommunikation unter den Gehirnzellen und zwischen Hirn und Darm sorgen. Gegen psychische Störungen wie Depressionen, Autismus, Angstpsychose etc. hilft auf Dauer vor allem eines – ein gesunder Darm. Und das geht so.

Spielen Bewegungsmangel, Übergewicht oder die Ernährung – mit mehr oder weniger stopfenden Lebensmitteln – eine Rolle?

Jemand, der regelmässig mehr als vier Stunden am Tag Sport treibt, hat genauso oft Verstopfungen wie die Allgemeinbevölkerung. Auch bei der Ernährungsweise besteht kein Unterschied zwischen Menschen mit chronischer Verstopfung und solchen ohne. Ähnlich die Situation beim Körpergewicht. Das heisst nicht, dass man auf Bewegung, Gewichtskontrolle oder eine ausgewogene Ernährung – mit einer Trinkmenge von etwa anderthalb Litern und 30 Gramm Ballaststoffen täglich – verzichten kann.

Eine ausgewogene Ernährungsweise gilt als sehr gesund. Verstopfungen verhindert sie aber nicht unbedingt. Eine deutliche, anhaltende Unterschreitung der Trinkmenge allerdings sollte man vermeiden, dies kann stopfend wirken. Es gibt zwar spezielle Ballaststofflieferanten für eine Therapie von Verstopfungen, doch nicht jeder Mensch verträgt die dafür erforderliche hohe Zufuhr. Aus diesem Grundegibt es in Studien zur Ballaststofftherapie Abbruchquoten von ungefähr 70 Prozent.

Wann muss man Abführmittel nehmen?

Alternativ empfehlen sich chemische Abführmittel. Stockt die Verdauung im Enddarmbereich, eignen sich Gleitmittel wie Glycerin oder Sorbitol als Klistier oder Zäpfchen. Zudem gibt es Mittel, die Wasser ins Darminnere ziehen und so das Ausscheiden von Stuhl erleichtern. Zuckerverbindungen wie Lactulose verusachen möglicherweise Blähungen. Gut verträglich ist Macrogol. Die Salz- und Wasserabgabe in den Darm sowie die bei Verstopfungen oft verminderte Darmbeweglichkeit steigern beispielsweise Bisacodyl oder Natriumpicosulfat.

Für diese Wirkstoffe testeten Forscher in Studien, ob es zur Gewöhnung des Darms an Abführmittel kommt. An dauerhafter Verstopfung leidende Studienteilnehmer durften selbst entscheiden, wie viel des jeweiligen Mittels sie nehmen. Statt immer mehr einzunehmen, senkten viele Teilnehmer im Laufe von vier Wochen Dauertherapie die Dosis. Bei einer Gewöhnung des Darms an die Substanzen würden sie die Dosis eher steigern. Auch zu Durchfällen oder Kaliumverlusten kommt es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch der Abführmittel nicht. Daher empfehlen Experten wie Erckenbrecht die gut verträglichen Wirkstoffe auch für eine längere Anwendung.

Also kein Grund zum Verzweifeln auf dem stillen Örtchen. Vor der Selbstbehandlung von Verstopfungen mit Mitteln aus der Apotheke aber den Besuch beim Arzt nicht vergessen.

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