Heidi ist eine typische Thailandreisende aus der Schweiz. Eine junge Frau, die teils organisiert, teils als Rucksack-Touristin 17 Tage lang durch das südostasiatische Land reist. Beginnend mit Boot-Trips auf die Inseln im Südwesten, Phuket, den Phi-Phi-Inseln, Ko Lanta, dann weiter Richtung Norden in touristisch weniger erschlossene Nationalparks, darunter auch Malaria-Gebiete. Dann, ab dem 13. Tag ihres Aufenthalts, gewissermassen als krönender Abschluss vier Tage in der wuselnden Metropole Bangkok.
Reisekrankheiten und -Unfälle liegen an der Tagesordnung
Neben den traumhaften Reiseeindrücken lässt sich auch eine ganz andere Landkarte von Heidis Thailand-Reise zeichnen: jene der gesundheitlichen Vorfälle. Und da ist einiges passiert. In den ersten zehn Tagen kommt es zu einem Sportunfall, eine Schnittwunde produziert Schmerzen, und Heidi klagt über Kopfweh, Erschöpfung oder innere Anspannung. In Bangkok leidet sie an Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall oder Magenschmerzen – vielleicht, weil sie bei Strassenverkäufern offene Nahrungsmittel gekauft und gegessen hatte?
So weit klingt all dies wie die eine nachträglich zu Papier gebrachte Chronologie über die Sonnen- und Schattenseiten eines ganz gewöhnlichen Reisetrips. Ist es aber nicht. Heidis Datenset ist Teil einer wissenschaftlichen Studie des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich, die «gewissermassen als Weltpremiere gelten kann», wie das Departementsleiter Christoph Hatz ausdrückt.
ETH lanciert Pilotprojekt für Reise-App
Die Informationen über gesundheitliche Implikationen wurden von Heidi nämlich im Rahmen eines digitalen Projekts praktisch in Echtzeit und damit unverfälscht festgehalten. Das geht so: Zusammen mit dem Wearable Computing Laboratory der ETH Zürich entwickelte ein Team um Christoph Hatz eine App, welche Thailand-Reisenden vor Abreise in der ersten Jahreshälfte 2015 auf ihr Handy geladen worden ist. Insgesamt 75 Personen haben sich bereit erklärt, bei diesem digitalen Pilotprojekt teilzunehmen.
Rekrutiert wurden sie über das Zentrum für Reisemedizin der Universität Zürich, wo Tropenreisende sich gewöhnlich informieren und impfen lassen. Auf der Reise beantworteten sie täglich auf ihrer App einen Fragebogen. Zeitaufwand: rund fünf Minuten. Hinterlegt in der App ist zudem ein Link zu Google Maps, der alle dreissig Minuten den Standort der Reisenden aktualisiert und so die Reiseroute rudimentär protokolliert. So lassen sich etwa mögliche Korrelationen zwischen Standort und Gesundheitsproblem eruieren. «Die Daten sind verschlüsselt und entpersonalisiert, deshalb ist Heidi auch ein Fantasiename», sagt Christoph Hatz, «der Datenschutz ist gewährleistet.»
Überraschende Ergebnisse bei der Auswertung
Derzeit sind die Wissenschaftler daran, den wertvollen Datensatz auszuwerten. Einen ersten wissenschaftlichen Artikel über die Anlage des digitalen Projekts hat das fünfköpfige Team kürzlich in der Wissenschaftszeitschrift «Journal of Travel Medicine» publiziert. Zwei Auffälligkeiten lassen sich laut Hatz bereits aus der rudimentären Auswertung herauslesen. «Die grössten Risiken für diese Thailand-Reisenden war nicht etwa die Hepatitis A, gegen die sie geimpft waren, sondern Unfälle während der Reise und, für uns überraschend, der Sonnenbrand.»
Bereits dies sind für ihn wertvolle Erkenntnisse. «Wir wollen im Zentrum für Reisemedizin eine umfassende Beratung und Impfspektrum anbieten», sagt Christoph Hatz, «und nun sehen wir, dass es noch blinde Flecken gibt.» Nicht nur das: Die Reise-App ist erst ein Anfang. Es lässt sich ein ganzes Universum an Anwendungsmöglichkeiten vorstellen (siehe Interview).
Life!: Von dem, was Sie heute über die Auswertung der Daten bereits wissen: Was war die grösste Überraschung?
Christop Hatz: Dass das subjektive Gefahrenempfinden der reisenden Touristen viel grösser ist als das real vorhandene. Diesen Aspekt müssen wir vertiefen: Was haben die Reisenden genau und wie können wir sie digital besser informieren und auch beruhigen? Dazu müssen aber ethische Fragen und auch der Datenschutz geklärt sein.
An was denken Sie konkret?
Beispiel: Ein Tourist wird von einem Hund gebissen. Ist er geimpft, muss er in das nächste Spital. Ist er das nicht, muss er sofort nach Bangkok, denn nur dort gibt es den notwendigen Impfstoff. Diese Information müssten wir ihm frühzeitig geben können.
Und wenn Sie weiter in die Zukunft blicken?
Wir können das App auf andere Länder ausweiten, in denen nicht nur Infektionskrankheiten auf dem Radar sind, sondern beispielsweise die Höhenkrankheit, etwa in Peru. Wir können Apps für verschiedene Risikogruppen entwickeln: über 65-Jährige oder Menschen mit beeinträchtigtem Immunsystem.
Und wenn Sie einen Wunsch frei hätten?
Seit ich in der Reisemedizin tätig bin, ist das grosse Problem: Wie bringe ich die Menschen dazu, das, was sie wissen, auch umzusetzen? Etwa in der Prophylaxe gegen den Sonnenbrand. Da hilft Beratung, aber auch die App.
Life!: Von dem, was Sie heute über die Auswertung der Daten bereits wissen: Was war die grösste Überraschung?
Christop Hatz: Dass das subjektive Gefahrenempfinden der reisenden Touristen viel grösser ist als das real vorhandene. Diesen Aspekt müssen wir vertiefen: Was haben die Reisenden genau und wie können wir sie digital besser informieren und auch beruhigen? Dazu müssen aber ethische Fragen und auch der Datenschutz geklärt sein.
An was denken Sie konkret?
Beispiel: Ein Tourist wird von einem Hund gebissen. Ist er geimpft, muss er in das nächste Spital. Ist er das nicht, muss er sofort nach Bangkok, denn nur dort gibt es den notwendigen Impfstoff. Diese Information müssten wir ihm frühzeitig geben können.
Und wenn Sie weiter in die Zukunft blicken?
Wir können das App auf andere Länder ausweiten, in denen nicht nur Infektionskrankheiten auf dem Radar sind, sondern beispielsweise die Höhenkrankheit, etwa in Peru. Wir können Apps für verschiedene Risikogruppen entwickeln: über 65-Jährige oder Menschen mit beeinträchtigtem Immunsystem.
Und wenn Sie einen Wunsch frei hätten?
Seit ich in der Reisemedizin tätig bin, ist das grosse Problem: Wie bringe ich die Menschen dazu, das, was sie wissen, auch umzusetzen? Etwa in der Prophylaxe gegen den Sonnenbrand. Da hilft Beratung, aber auch die App.