Gemäss den offiziellen Empfehlungen ist man mit 100 Milligramm täglich ausreichend mit Vitamin C versorgt. Das sollte auch im Winter kein Problem sein: Mit einem Pfund Äpfel oder Grapefruit, mit 100 Gramm Rosenkohl oder 200 Gramm Weisskohl hat man das Limit erreicht. Doch halt. Erstens gelten diese Werte nur für frische Ware, die im Winter nur schwer zu bekommen ist. Das Erhitzen und die Lagerung beziehungsweise lange Transportwege können den Vitamin-C-Gehalt schnell mal halbieren. Zudem liegt die optimale Tagesdosis gemäss neueren Studien eher bei 200 Milligramm.
Doch auch diese Marke liegt noch tief. Tiere, die Vitamin C nicht selber herstellen können, nehmen bei vergleichbarem Gewicht etwa zwei und bei Krankheit zehn Gramm täglich zu sich. Unsere Vorfahren dürften ähnliche Werte erreicht haben. Heute schafft man das fast nur noch mit Pillen, und weil diese inzwischen sehr billig sind, gibt es damit auch ausreichend Erfahrung.
In einschlägigen Internetforen findet man zuhauf Einträge wie diesen: «Ich nehme täglich etwa zwei bis drei, und wenn eine Erkältung im Anflug ist 10 bis 14 Gramm Vitamin C. Nach zwei Tagen ist alles weg, keine Halsschmerzen, kein Schnupfen usw. Bisher habe ich keinen Schaden gespürt.» Das ist plausibel.
Steigender Bedarf bei Belastung
Ein Übermass an Vitamin C wird erst über den Urin, dann über den Stuhl ausgeschieden. Stoppen sollte man dann, wenn sich Durchfall einstellt. Wenn man die Dosis schrittweise erhöht, liegt die Grenze bei 5 bis 15 Gramm. Bei schweren Erkrankungen steigt diese bis auf 200 Gramm – was für einen erhöhten Bedarf spricht. Vitamin C ist eines der am besten erforschten Vitamine. Die meisten Versuche werden mit relativ tiefen Dosierungen gemacht. Doch auch hier zeigt sich an, dass mehr nützt. So reduzieren etwa 200 Milligramm Vitamin C täglich die Dauer einer Erkältung um acht Prozent, eine Dosis von zwei bis drei Gramm hingegen um 18 Prozent. Gemäss derselben Studie profitieren Sportler mehr – ein weiterer Hinweis darauf, dass der Bedarf an Vitamin C bei Belastung steigt.
Interessant ist auch, dass bloss drei Monate mit einem Gramm täglich den nur schwer zu beeinflussenden Langzeitblutzucker HbA1 um einen Sechstel senkt. Das ist nicht nur für Diabetiker interessant: Vitamin C verhindert die Verbindung von Eiweissen mit Zucker. Genau diese Eiweissverzuckerung gilt aber als entscheidendes Merkmal von Alterungsprozessen. Offenbar ist Vitamin C eine Art Jungbrunnen. Der Hauptgrund dafür liegt darin, dass Vitamin C eine Säure ist, genauer Ascorbinsäure, die leicht mit Sauerstoff reagiert, und dabei Wasserstoff abgibt. Auf diese Weise kann es «freie Radikale», also ungesättigte Sauerstoffverbindungen wie etwa H2O2, sättigen und damit unschädlich machen.
Freie Radikale werden zwar bei Reparaturprozessen gebraucht, um (erwünschte) Entzündungen auszulösen. Doch im Übermass, etwa bei Dauerstress, sind sie schädlich und attackieren die Fettschichten der Zellwände. Manchmal dringen sie auch bis zum Zellkern vor und lösen dort genetische Veränderungen aus.
Der menschliche Körper braucht Vitamin C, keine Frage. Ascorbinsäure erfüllt eine Menge wichtiger Aufgaben in unserem Organismus. Doch taugt es auch als Allheilmittel gegen Erkältungen, Stress oder gar Krebs wie manche behaupten?
Der menschliche Körper braucht Vitamin C, keine Frage. Ascorbinsäure erfüllt eine Menge wichtiger Aufgaben in unserem Organismus. Doch taugt es auch als Allheilmittel gegen Erkältungen, Stress oder gar Krebs wie manche behaupten?
Verstärkt die Wirkung der Vitamine A und E
Positiv gesagt heisst das, dass Vitamin C die Zellwände stärkt, Kollagen aufbaut, an der Synthese von Steroid-Hormonen wie etwa Testosteron oder Östrogen beteiligt ist und die Wirkung der Vitamine A und E verstärkt. Weil diese Vorgänge für die Gesundheit entscheidend sind, erstaunt es deshalb nicht, dass Gaben von Vitamin C fast alle Krankheiten positiv beeinflussen.
Die Liste der einschlägigen Studien und teils spektakulären Erfolge reicht von Allergien über Asthma, Bursitis, Diabetes, Erkältungen, Gürtelrose, Krebs, Skorbut bis zur Schizophrenie. Die Nebenwirkungen sind gering – auch für das Portemonnaie.