Zugegeben: Der erste Eindruck ist schlecht. Bevor ich das Zeug kaufen kann, muss ich erst – per Mauseklick – einen läppischen Vertrag unterschreiben. Darin verpflichte ich mich feierlich, pro Woche nicht mehr als 5 Pfund abzunehmen und keinen Sport zu betreiben. Begründung: «Mit unserem Extrakt aus grünem Kaffee verbrennen Sie ohnehin genug Kalorien.»
So verticken Quacksalber ihre Ware. Dass die Studie, bei der die Teilnehmer in 12 Wochen im Schnitt 17 Pfund an Gewicht verloren haben, in der «Los Angeles Times» erschienen ist, wirkt ebenfalls nicht gerade vertrauenserweckend: Studien werden in Fachzeitschriften veröffentlicht und allenfalls in Zeitungen besprochen.
Der Erfinder der Abnehmpille aus grünem Kaffee
Doch der Mann, der mir dieses Extrakt verkaufen will, hat immerhin einen Ruf zu verlieren. Dr. Mehmet Oz ist gelernter Herzchirurg, mehrfacher Preisträger für seine populärmedizinischen Veröffentlichungen, Gast in der Talkshow von Oprah Winfrey und belegte vor fünf Jahren Platz Nr. 44 auf der Liste der 100 einflussreichsten Personen des «Time Magazin». Kurz: der Verkäufer des Extrakts aus grünem Kaffee ist in den USA zumindest ein B-Promi.
Und die von Oz ins Feld geführte Studie gibt es tatsächlich. Sie entstand unter der Leitung von Prof. Joe A. Vinson und wurde vom «National Institute of Health» in den USA veröffentlicht. Hier die wichtigsten Daten: Je acht Frauen und Männer mit einem Bodymass-Index von 27 bis 29 (etwa 90 Kilo bei 1,80 m) wurden während je sechs Wochen abwechselnd mit hohen und niedrigen Dosen von grünem Kaffee-Extrakt und mit einem Placebo behandelt. Zwischen den Behandlungen gab es Pausen von zwei Wochen. Gemessen wurden Gewicht, Blutfett, Blutdruck und Puls.
Abnehmen mit grünem Kaffee: funktioniet es?
Die Ergebnisse: Das Gewicht ging im Schnitt um 8 Kilo oder 10,5 Prozent zurück. Das Minimum lag bei 4 Prozent. Der Körperfettanteil reduzierte sich von 28,2 auf 23.7 Prozent und der BMI sank von 28 auf 25. Die meisten Verbesserungen traten während der hoch dosierten Phase ein.
In den sechs Wochen mit Placebo blieben die Werte stabil, einzig der Blutdruck stieg an und blieb auch am Schluss leicht erhöht – was sich die Autoren nicht erklären können. Bei einer telefonischen Befragung vier Monate nach Ende des Tests gaben 14 Probanden an, ihr Gewicht gehalten zu haben.
Die Autoren vermuten, dass der entscheidende Wirkstoff Chlorogen-Säure ist, die durch die Röstung der Kaffeebohnen weitgehend zerstört wird. Tier- und Laborversuche haben gezeigt, dass Chlorogen-Säure die Verdauung von Stärke und Fetten hemmt und die Umwandlung von Fett in Energie fördert. Ratten, die Chlorogen-Säure schlucken, werden aktiver.
Grüner Kaffee-Extrakt: Vergleich mit den Pharma-Pillen
Drei vorherige Tests mit Menschen hatten durchschnittliche Gewichtsreduktionen von 2,5 Kilo in zwölf Wochen erbracht. Dabei wurden zwischen 180 und 200 Milligramm pro Tag verabreicht. In der Vinson-Studie waren es 700 beziehungsweise 1050 Milligramm.
Im Vergleich dazu sind pharmazeutischen Abnehm-Pillen (in den USA sind fünf Produkte zugelassen) kalter Kaffee. Nach einer Studie in Israel mit Daten von über einer Million Patienten hielten wegen den Nebenwirkungen nur zwei Prozent die Kur ein Jahr lang durch. Wer vier Monate lang dabei blieb, konnten den BMI in Schnitt um 1 Punkt (etwa 3 Prozent) senken, bei Kosten von 50 bis 100 Dollar pro Monat. Grüner Kaffee-Extrakt kostet, je nach Quelle und Dosierung, monatlich etwa 20 Franken pro Monat.