Fette Überraschung
Sind Hamburger doch nicht so ungesund?

Bringt eine neu ausgewertete, 50 Jahre alte US-Studie die Ernährungsgrundsätze rund um die Herzinfarkt-Prävention ins Wanken? Schweizer Herzspezialisten sind skeptisch.
Publiziert: 09.05.2016 um 13:21 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 13:38 Uhr
Trägt der Hamburger seinen schlechten Ruf zu Unrecht? In den USA wird derzeit heftig darüber diskutiert.
Foto: Getty Images, Sciepro/SPL/Getty Images
Thomas Vogel

Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems sind weltweit Killer Nummer eins – in der Schweiz geht jeder dritte Todesfall auf ihr Konto. Seit Jahrzehnten versucht man, das zu ändern.

Wie können Sie einem Herzinfarkt vorbeugen?

Wichtiger Pfeiler der Herzinfarkt-Prävention: die Empfehlung, gesättigte Fettsäuren, wie sie vor allem in tierischen Fetten vorkommen, durch pflanzliche Öle zu ersetzen. Diese enthalten ungesättigte Fettsäuren, lassen dadurch den Cholesterinspiegel sinken, schonen das Herz-Kreislauf-System und verringern letztendlich das Risiko eines Herzinfarkts. Diese Theorie hat seit über 50 Jahren Bestand und ­beeinflusst die Richtlinien unserer Ernährung massgebend.

Christopher Ramsden vom National Institutes of Health im amerikanischen Bethesda rüttelt nun an dieser Theorie. Sein Team untersuchte eine Studie aus den späten 1960er-Jahren neu. ­Eigentlich hatten die Wissenschaftler andere ­Ziele angepeilt, ihre tatsächliche ­Entdeckung stellte sich aber als deutlich brisanter heraus.

Gesunde Ernährung als Herzinfarkt-Prävention

Die Forschungsgruppe hat die Originaldaten des sogenannten Minne­sota Coronary Experiment (MCE) neu ausgewertet. Damals teilten Forscher knapp 10'000 Bewohner aus sechs psychiatrischen Kliniken und einem Pflegeheim in zwei Gruppen. Die eine Gruppe erhielt in der rund fünfjährigen Studienzeit normale Klinikkost mit Fleisch und Butter, für die zweite Gruppe wurden die gesättigten Fettsäuren durch ungesättigte Fettsäuren ersetzt: durch den Zusatz von Maiskeimöl oder speziellen Margarinen. Die Wirkung liess nicht lange auf sich warten. Der Cholesterinspiegel sank bei den Probanden der Maisöl-Gruppe.

Die Forscher um Christopher Ramsden leuchteten nun einen Punkt aus, der damals im Dunkeln blieb: Ob die Menschen über 65 mit der scheinbaren Schonkost auch tatsächlich länger lebten. «Wir kamen zu einem überraschenden Ergebnis», erklärte Daisy Zamora von der Universität North Carolina, Mitautorin der neu ausgewerteten Studie: «Zwar wurde in der ­einen Gruppe der Cholesterinspiegel gesenkt, das Todesfallrisiko aber stieg.» Zu erwarten wäre das Gegenteil gewesen. Diese Daten stürzten Spezialisten nun in ein Dilemma. Vorab in den USA wird über das Ergebnis heftig debattiert: «Das ist das erste Mal, dass wir darüber diskutieren, ob eine Massnahme keinen Effekt hat oder gar schädlich ist – und wir den Menschen gleichzeitig explizit dazu raten», lassen sich Ernährungsspezialisten zitieren.

Auch Maisöl kann die Blutgefässe schädigen

«Ich glaube nicht, dass die Ergebnisse so spektakulär sind», relativiert hingegen Professor Matthias Wilhelm (47), leitender Arzt der Abteilung Präventive Kardiologie und Sportmedizin am Berner Inselspital. «Zu Zeiten der Studie wusste man sehr wenig über Fettsäuren und veränderte die Fettanteile sehr unvorteilhaft.» Denn Maisöl könne – stark konzentriert – nachweislich schaden, es begünstige Gefässentzündungen und verklebe die Blutplättchen, was die Todesfälle in der Studiengruppe erkläre. Gemäss Wilhelm hat die Studie in heutigen Zeiten kaum mehr Relevanz.

Er bleibt bei den bewährten Empfehlungen und rät uns vor allem in der Ernährung zu Ausgewogenheit: «Alles, was man ausschliesslich macht, ist schlecht», so Wilhelm.

Pfeiler der Herz-Kreislauf-Prävention

Tabakkonsum
Nicht (mehr) rauchen – und zwar weder Zigaretten, Zigarren noch Pfeife; keinen Snus kauen.

Bewegung
Nehmen Sie sich Zeit für täglich eine Stunde Bewegung. Danach entspannen!

Freundschaften
Menschen, die wenig Kontakt zu Freunden oder zur Familie haben, sind zwei- bis dreimal mehr gefährdet, am Herz zu erkranken. Daher: Pflegen Sie Ihr soziales Netzwerk.

Therapie
Nehmen Sie die verschriebenen Medikamente immer ein.

Ernährung
Ernähren Sie sich ausgewogen mit viel Obst und Gemüse – und bevorzugen Sie mediterrane Kost. Das senkt den Blutdruck und kann den Homocysteinspiegel verringern – eine Aminosäure, die im Zusammenhang mit Herzinfarkten und Schlaganfällen steht. Achten Sie auf versteckte Fette in fettreichem Fleisch, in fetten Wurst- und Käsesorten oder in Backwaren. Bevorzugen Sie Lebensmittel mit günstigem Fettsäureprofil wie Lachs, Nüsse, Raps- oder Olivenöl.

Tabakkonsum
Nicht (mehr) rauchen – und zwar weder Zigaretten, Zigarren noch Pfeife; keinen Snus kauen.

Bewegung
Nehmen Sie sich Zeit für täglich eine Stunde Bewegung. Danach entspannen!

Freundschaften
Menschen, die wenig Kontakt zu Freunden oder zur Familie haben, sind zwei- bis dreimal mehr gefährdet, am Herz zu erkranken. Daher: Pflegen Sie Ihr soziales Netzwerk.

Therapie
Nehmen Sie die verschriebenen Medikamente immer ein.

Ernährung
Ernähren Sie sich ausgewogen mit viel Obst und Gemüse – und bevorzugen Sie mediterrane Kost. Das senkt den Blutdruck und kann den Homocysteinspiegel verringern – eine Aminosäure, die im Zusammenhang mit Herzinfarkten und Schlaganfällen steht. Achten Sie auf versteckte Fette in fettreichem Fleisch, in fetten Wurst- und Käsesorten oder in Backwaren. Bevorzugen Sie Lebensmittel mit günstigem Fettsäureprofil wie Lachs, Nüsse, Raps- oder Olivenöl.

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