Europaweit schnellen die Covid-19-Infektionszahlen von Rekordwert zu Rekordwert. Regierungen und Behörden ringen um Massnahmen zur Eindämmung des Virus. Um die Ausbreitung des Erregers zu verhindern, gehören die wichtigsten Verbreitungswege erkannt und unterbrochen.
US-Wissenschaftler haben im Fachblatt «Science» drei Treiber ermittelt, die hauptsächlich für die Ansteckungen verantwortlich seien. Die Autoren der Studie namens «Die Motoren der Sars-CoV-2-Ausbreitung» sprechen von den drei «Motoren der Übertragung». Diese böten Ansatzpunkte, um die Pandemie wirksam einzudämmen. Doch wichtige Fragen bleiben offen.
Private Haushalte
Die meisten Menschen scheinen sich im privaten Umfeld mit dem Coronavirus anzustecken. Auch Behörden betonen immer wieder, dass Massnahmen gerade in diesem Bereich wichtig sind.
Wie die «Bild» berichtet, verweist das Team um die Epidemiologin Elizabeth Lee von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore auf mehrere Studien, die das eigene Zuhause als Risikozone bezeichnen. Denen zufolge seien 46 bis 66 Prozent der Ansteckungen haushaltsbasiert.
Eine grosse Studie aus Südkorea kommt zu einem ähnlichen Schluss: Die Ansteckungsgefahr in einem Haushalt ist offenbar sechsmal höher als bei anderen engen Kontakten. Ein vergleichbar hohes Infektionsrisiko stellen daher auch sonstige Einrichtungen mit engem Zusammenleben dar, darunter Gefängnisse, Sammelunterkünfte, Pflegeeinrichtungen.
Anlässe
Auch wenn die Mehrheit der Ansteckungen auf Wohnsituationen entfällt, wird das Virus vielfach von ausserhalb zurück in private Haushalte eingeschleppt. Hauptsächlich verantwortlich dafür sind Anlässe wie Tanzkurse, Chorproben, Gottesdienste, Hochzeiten oder auch gewisse Fachbetriebe wie die fleischverarbeitende Industrie.
Eine wichtige Rolle spielen sogenannte Superspreader-Events, bei denen ein einzelner Infizierter bei einer grösseren Zusammenkunft eine Vielzahl von Menschen ansteckt. Dies teilweise, ohne dass die infizierte Person von der Ansteckung weiss, geschweige denn Symptome aufweist. Das führt zu unvorsichtigem Handeln und rascher Verbreitung über eine Vielzahl von neuen Virusträgern.
Reisen
Pendler- und Ausflugsverkehr gelten als weitere Ausbreitungsform, die das Virus fortschleppt. Besondere Gefahr gehe dabei von längeren Reisen über grössere Distanzen aus, sagen die Forscher. Schon wenige Einzelreisende hätten dazu führen können, dass sich die Pandemie trotz früher Reiseverbote rund um den Erdball auszubreiten vermochte. Strikte Reisebeschränkungen hätten insbesondere in China gezeigt, dass es gelingen könne, das Virus einzudämmen.
Die Autoren der Studie betonen, dass es noch viele offene Fragen gebe. So sei das Übertragungsrisiko in Restaurants oder beim Einkaufen so wenig geklärt wie die Wirksamkeit von «Massnahmen zur Eindämmung von Übertragungen in diesen Kontexten».
Aufgabe von Wissenschaftlern und Experten sei es, diese Wissenslücken zu schliessen und zu klären, wie die Treiber der Übertragung zusammenwirken. Wenn klar sei, von was sich die Pandemie nähre, könne man «zurückschlagen». (kes)