Für Homöopathie gibt es keine wissenschaftliche Grundlage
Wissenschaft und Freiheit

Marcel Salathé ist Professor für digitale Gesundheit an der EPFL und spielte mit seiner Band früher als Vorgruppe von Lenny Kravitz.
Publiziert: 27.11.2018 um 19:03 Uhr
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Aktualisiert: 28.11.2018 um 10:58 Uhr
Marcel Salathé

Vor kurzem war ich in London an einer Konferenz, und bei dieser Gelegenheit besuchte ich am Wochenende das weltberühmte Museum für moderne Kunst, die Tate Modern. Wie so oft zogen mich die Werke von Pablo Picasso, Salvador Dalí, und Edvard Munch in ihren Bann. Diese drei weltbekannten Künstler haben viele Gemeinsamkeiten, doch eine davon ist mir erst in London aufgefallen: Alle drei waren traumatisiert durch den Verlust eines Geschwisterkindes. Dalís Bruder starb im Alter von weniger als zwei Jahren an einer Magen-Darm-Entzündung. Picasso verlor seine Schwester im Alter von sieben Jahren wegen Diphterie. Und Munchs Schwester starb im Alter von 14 Jahren an Tuberkulose.

Ihre Schicksale waren tragisch, aber für die damaligen Verhältnisse nicht aussergewöhnlich. Noch Anfang des letzten Jahrhunderts war der Verlust eines Kindes durch Infektionskrankheiten leider durchaus Alltag. Erst Impfungen und Antibiotika machten diesem Horror ein Ende. Diese wissenschaftlichen Errungenschaften haben Schätzungen nach bereits einer Milliarde Menschen das Leben gerettet. Man würde deshalb erwarten, dass sie von der Bevölkerung gefeiert würden. Das war am Anfang auch so, doch heute ist oft das Gegenteil der Fall. Viele Menschen wollen sich nicht impfen lassen. Krankheiten, die man eigentlich eliminieren könnte, kommen wieder häufiger vor.

In der Schweiz zahlt die Krankenkasse Homöopathie

Im Gegenzug sind Methoden wie Homöopathie, für die es keine wissenschaftlichen Grundlagen gibt, sehr beliebt. In der Schweiz werden sie sogar teilweise von der Krankenkasse bezahlt. Sind wir ein Volk von Wissenschaftsfeinden? Wohl kaum. Vielmehr ein Volk von freiheitsliebenden Skeptikern. Impfungen wirken, und Homöopathie ist ein Placebo – dies sind wichtige wissenschaftliche Fakten. Aber die persönliche Freiheit, uns angesichts dieser Fakten nach unserem eigenen Gutdünken zu entscheiden, ist ebenso wichtig.

Was kann Homöopathie wirklich?

An der alternativmedizinischen Behandlungsmethode scheiden sich die Geister. Als Opposition zur Schulmedizin wird die Wirkung homöopatihischer Mittel immer wieder in Frage gestellt. Doch was ist Homöopathie eigentlich?

Globuli

Globuli sind die wohl bekanntesten homöopathischen Arzneimittel.

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An der alternativmedizinischen Behandlungsmethode scheiden sich die Geister. Als Opposition zur Schulmedizin wird die Wirkung homöopatihischer Mittel immer wieder in Frage gestellt. Doch was ist Homöopathie eigentlich?

Problematisch wird es erst, wenn wir mit unserer persönlichen Entscheidung Mitmenschen -gefährden. Und das ist vor allem bei Infektionskrankheiten eine grosse Gefahr. Meine Freiheit, mich nicht gegen eine Krankheit zu impfen, kann für diejenigen gefährlich werden, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen können. Denn falls ich mich anstecke, werde ich nicht nur selber krank, sondern kann auch die Krankheit an viele andere weitergeben. Lasst uns also die wissenschaftlichen Erfolge des letzten Jahrhunderts nicht vergessen, vor allem nicht in der jetzigen Zeit, in der wir zur alljährlichen Grippeimpfung aufgerufen werden. Damit wir auch in Zukunft mit unseren Freunden und Familien alle einen gemütlichen Sonntag im Museum geniessen können.

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