Libido-Boost für Frauen – eine Expertin erklärt
Mit Testosteron aus der Sex-Krise

Schauspielerin Kate Winslet schwört drauf, und die Libido freuts: eine Testosteron-Ersatztherapie. Nur wieder ein Hype aus Hollywood oder tatsächlich ein Weg aus der weiblichen Lust-Flaute? Gynäkologin Lea Köchli ordnet ein.
Publiziert: 17.04.2025 um 14:45 Uhr
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Aktualisiert: 17.04.2025 um 16:24 Uhr
Auch im weiblichen Körper beeinflusst Testosteron die Stimmung, die Muskelmasse, die Hirnleistung – und die Libido.
Foto: Getty Images

Darum gehts

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Bettina Bono
Bettina BonoRedaktorin

Die Natur ging eigentlich davon aus, dass wir alle kurz nach dem 50. Lebensjahr sterben. Bis dahin ist die weibliche Libido jeweils in der Zeit um den Eisprung besonders gut. Das ist kein Zufall. Steckt doch das evolutionsbiologische Ziel der Reproduktion dahinter.

Glücklicherweise irrte die Natur – doch setzt die Menopause just in einem Moment im Leben ein, in dem die Fortpflanzung zwar erledigt scheint, Beziehungen doch noch ein Weilchen halten sollten. Reifen in den Eierstöcken keine Eizellen mehr, sinken nicht nur Östrogen- und Progesteronspiegel, auch die Produktion von Testosteron geht zurück. Denn ja, auch Frauen haben Testosteron im Körper. In ihrem Blut sogar tausendmal mehr als Östrogen. Gebildet wird es zu 50 Prozent in den Eierstöcken und der Nebenniere – und irgendwann ist es aufgebraucht.

Schauspielerin Kate Winslet offenbart in einem Podcast, dass eine Testosteron-Ersatztherapie ihr Sexleben wieder in Schwung gebracht hat. Die Schauspielerin ermutigt andere Frauen: «Wenn das Testosteron aufgebraucht ist, dann ist es für immer weg. Doch dann kannst du es ersetzen lassen, das ist möglich! Und du wirst dich wieder sexy finden – ich weiss, wovon ich rede!»
Foto: IMAGO/WENN

Lea Köchli, gilt Testosteron fälschlicherweise als Männerhormon?
Absolut. Denn auch im weiblichen Körper beeinflusst Testosteron die Stimmung, die Muskelmasse, die Hirnleistung und die Libido. Der Zusammenhang zwischen Libidoproblemen in der Menopause und zu tiefem Testosteronspiegel ist schon recht gut untersucht.

Dann ist Testosteron tatsächlich für die weibliche Lust verantwortlich?
Die Libido der Frau ist multifaktoriell beeinflusst. Probleme jeglicher Art – Medikamente, Erkrankungen, Depressionen, Angst, Stress oder Beziehungsprobleme – können das sexuelle Interesse stören. Doch Testosteron ist von grosser Bedeutung.

In der Praxis von Gynäkologin Lea Köchli ist sexuelle Unlust eines der Hauptthemen bei Frauen in der Peri-/Menopause und wird von über der Hälfte der Patientinnen angesprochen.
Foto: zVg

Kate Winslet fühlt sich rundum fabelhaft. Testosteron – das Red Bull des Lebens?
Gemäss meiner Erfahrung in der Praxis ist es in der Tat eine Art Muntermacher und hat mehr Potenzial, als nur die Libido zu verbessern.

Wie läuft eine Testosteronersatztherapie ab?
Grundsätzlich gilt: Befindet sich eine Patientin in der Menopause und klagt über Libidoverlust, empfiehlt sich gemäss medizinischen Leitlinien eine Substituierung von Testosteron. In meiner Praxis beginne ich erst mit einer Sexualanamnese, um mehr über die Beziehungssituation zu erfahren. Nicht ungewöhnlich sind Aussagen wie: «Ich bin zwar glücklich mit meiner Beziehung, habe aber einfach keine Lust auf Sex mit meinem Mann.» In einem weiteren Schritt bestimme ich den Testosteronspiegel, was im Verlauf der Therapie zur Kontrolle dient. Danach erstelle ich eine Magistralrezeptur für ein entsprechendes Präparat, das dann von einer auf Hormonprodukte spezialisierten Apotheke hergestellt wird. Wir sprechen hier von einer Creme mit bioidentischem Testosteron, die auf den Oberschenkel- oder Unterarm-Innenseiten aufgetragen wird.

Also, etwas Testosteron ans Bein gecremt und alles läuft wieder wie geschmiert?
Um sexuell beschwerdefrei aktiv zu bleiben, ist es in der Peri-/Menopause ratsam, die Scheide zu östrogenisieren. Das kann lokal mit einer Creme, aber auch systemisch, im Rahmen einer klassischen Hormonersatztherapie erfolgen. Für viele Paare ist es essenziell, auch jenseits der Lebensmitte ein aktives Sexualleben zu haben. Sex wirkt antidepressiv und ist erwiesenermassen eine Energiequelle. Wir tun also gut daran, unserer Libido Sorge zu tragen.

Gibt es keine Testosteronprodukte für Frauen «von der Stange» zu kaufen?
Nein. Für Frauen gibt es keine offiziellen Präparate, wir verschreiben im sogenannten Off-Label-Use. Es gibt Produkte für Männer, doch diese sind für den weiblichen Körper zu hoch dosiert. Sollten Sie Angebote von Testosteronprodukten für Frauen online oder im Regal finden, ist Vorsicht geboten.

Sind viele Frauen von Libidoverlust betroffen?
In meiner Praxis ist es eines der Hauptthemen bei Frauen in der Peri-/Menopause und wird von über der Hälfte der Patientinnen angesprochen. In Langzeitbeziehungen und in der Hektik des Alltags die Sexualität am Leben zu erhalten, ist eine Herausforderung. Dabei ist es unbestritten, dass eine gute Sexualität die Beziehungsqualität fördert. Es lohnt sich also schon, daran zu «arbeiten».

Was können die Nebenwirkungen einer Testosteronersatztherapie sein?
Haarwuchs an der Auftragungsstelle, Akne im Gesicht, tiefere Stimme und Haarausfall auf dem Kopf. Diese Symptome sind allerdings auf eine falsche Dosierung oder mangelnde Überwachung zurückzuführen.

Bezahlt die Krankenkasse die Testosteronersatztherapie?
Gewisse Zusatzversicherungen übernehmen die Kosten. Eine Creme, die gute drei Monate reicht, kostet aber nur knapp 50 Franken.

Was sind die Rückmeldungen Ihrer Patientinnen? Kate Winslet ist begeistert …
Ganz so überschwängliche Reaktionen kenne ich nicht. Doch viele berichten über mehr Energie und Power, ein besseres Körpergefühl und durchaus mehr Lust. Netter Nebeneffekt: Die Creme verbessert von Cellulite betroffene Haut.

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