Zuerst meldete das Thurgauer Amt für Gesundheit, dass in Aadorf und Frauenfeld Schulkinder an Keuchhusten erkrankt sind. Jüngst wurden nun auch Ansteckungen in Schulen der Stadt Zürich publik. Wie kann das passieren – zumal es längst eine wirksame Impfung gegen die Infektionskrankheit gibt?
Zunächst einmal ist wichtig zu wissen: Das sind keine Einzelfälle. Laut dem Bundesamt für Gesundheit BAG erkranken in der Schweiz jährlich rund 4000 Erwachsene und Kinder an Keuchhusten. Das Heimtückische daran: Vor allem bei Erwachsenen wird Keuchhusten häufig gar nicht als solcher erkannt.
Denn bei ihnen verläuft die Krankheit in etwas abgeschwächter Form, mit Schnupfen, Fieber und vor allem einem heftigen, krampfartigen Husten, der zum Teil über Monate nicht vollständig abklingt. Das ist extrem mühsam, aber in der Regel für ansonsten gesunde Menschen nicht wirklich gefährlich. Viele Keuchhusten-Patienten gingen gar nicht erst zum Arzt, sagt Jan Cahlik, Vizepräsident des Berufsverbands der Schweizer Kinderärzte. «Und auch wenn: Häufig wird die Krankheit mit einer Bronchitis verwechselt.»
Säuglinge vertragen es weniger
Das wäre an sich kein Drama, würden infizierte Erwachsene nicht manchmal Säuglinge anstecken, für die die Krankheit verheerend sein kann. Denn die Kleinen kommen mit dem starken Husten noch nicht klar, zu wenig weit entwickelt ist ihr Atemapparat. Vor allem Babys unter sechs Monaten können dadurch Atemstillstände entwickeln und daran ersticken.
Betroffen sind nicht viele: Rund 50 Säuglinge müssen in der Schweiz jährlich wegen Keuchhusten hospitalisiert werden, nur wenige sterben. Doch das ist kein Trost: «Für die Angehörigen, aber auch für die Ärzte ist es eine Tragödie, wenn ein Baby stirbt, obwohl man das eigentlich hätte verhindern können», sagt Kinderarzt Jan Cahlik.
Darum empfiehlt das BAG inzwischen die Impfung nicht nur für Kinder, in gesamthaft sechs Impfdosen im Alter zwischen zwei Monaten und fünfzehn Jahren, sondern auch für Erwachsene, die mit Säuglingen in Kontakt kommen. Denn die Keuchhusten-Impfung ist nicht lange wirksam. Auch wer als Kind immunisiert wurde, braucht schon nach wenigen Jahren eine neue Impfung, um sich und andere zu schützen.
Solche Auffrischungsimpfungen empfiehlt das BAG jenen Menschen, die beruflich mit Säuglingen zu tun haben, Eltern werden oder in deren sonstigem familiären Umfeld Nachwuchs ansteht. «Damit wollen wir die gefährdeten Kleinen in eine Art Impfschutzkokon packen», sagt Mark Witschi, Leiter der Sektion Impfempfehlungen und Bekämpfungsmassnahmen beim BAG.
Kinderarzt will mehr Schutz
Allerdings ist nicht bekannt, wie viele Erwachsene dieser Empfehlung nachkommen. Von den frischgebackenen Müttern, die Jan Cahlik aktuell in seiner Praxis betreut, ist rund die Hälfte geimpft, einige lassen sich zudem direkt nach der Entbindung nachimpfen. Doch ohnehin findet der Kinderarzt die Empfehlungen des BAG zu konservativ. Auch Nachbarn oder fremde Menschen könnten bei einem Kontakt die Krankheit auf Babys übertragen. «Schon nur, wenn Infizierte an der Kasse im Supermarkt hinter einem Säugling anstehen und niesen oder husten müssen, besteht ein Ansteckungsrisiko», sagt der Kinderarzt.
«Im Idealfall würden alle Erwachsenen die Impfung alle zehn Jahre auffrischen lassen», wünscht er sich. Eine Schwierigkeit ist allerdings, dass sie nur als Kombinationsimpfung – zum Beispiel zusammen mit Diphterie und Tetanus – erhältlich ist. Dennoch: «Diese Impfung alle zehn Jahre zu wiederholen, wäre gut machbar und würde Säuglinge viel besser schützen.»
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