Stellen Sie sich vor, jeden Monat würde es sich in Ihrem Bauch so anfühlen, als würden Messer darin umgedreht. Tagelang. In unterschiedlichen Schmerzabstufungen geht das sechs bis zehn Schweizer Frauen von hundert jeden Monat so. Endometriose heisst die oft extrem schmerzhafte Erkrankung, bei der Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, sozusagen ausserhalb des Uterus im Beckenbereich wuchert, bis hin zum Darm oder der Lunge.
Das Gewebe sorgt für Entzündungen, weshalb die Nerven an solchen Stellen oft stark schmerzen. Es ist wie bei der normalen Gebärmutterschleimhaut zyklusabhängig – insbesondere die Menstruation können schier unaushaltbar schmerzhaft sein. Das Gewebe kann zudem vernarben und so nicht nur zu weiteren chronischen Schmerzen führen, sondern bis hin zur Unfruchtbarkeit.
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Jetzt haben australische Forscher des Royal Hospital for Women in Sydney einen wichtigen Durchbruch geschafft: Sie konnten sämtliche bekannten Gewebearten der Endometriose – es gibt mehrere – im Labor nachzüchten. «Dies», sagt Forschungsleiter Jason Abbott, «ist der erste Schritt zu einer gezielten, differenzierten und deshalb auch effektiveren Behandlung.» Denn die verschiedenen Gewebearten würden unterschiedlich auf verschiedene Behandlungsformen und verschiedene Medikamente reagieren.
Frauen kamen in der Medizin lange kaum vor
Lange wurde die Forschung zu dieser chronischen Erkrankung vernachlässigt. Der Grund, wie ihn auch Fachleute bestätigen: Endometriose tötet nicht, man hat «nur» lebenslange Schmerzen. Und unter Endometriose leiden «nur» Frauen – und die wurden in der klassischen Medizin erwiesenermassen lange ignoriert. Fast alle Medikamententests wurden etwa bis vor Kurzem nahezu ausschliesslich an jüngeren, weissen Männern vorgenommen.
Die Schweiz hinke im internationalen Vergleich zudem hinterher. Da es erst in jüngerer Zeit auch in der Schweiz vermehrt weibliche Politikerinnen gäbe, sagt etwa Michael Müller, Chefarzt für Frauenheilkunde am Inselspital Bern gegenüber SRF, habe es für längere Zeit ganz einfach am politischen Willen gefehlt, für frauenspezifische medizinische Forschung Gelder zu sprechen.
Doch (sehr) langsam tut sich was. Sogar in der Schweiz.
Auch wenn die Schweiz international gesehen weit hinterherhinke, tue sich aber dennoch etwas: «Im März 2023 akzeptierte der Ständerat eine Motion der Gesundheitskommission und überwies sie dem Bundesrat, sodass dieser endlich den Auftrag hat, frauenspezifische Krankheitsbeschwerden gezielter erforschen zu lassen», sagt Müller. Erst so könne die Qualität bei der Behandlung dieser Krankheiten sichergestellt werden.