Gesundheitliche Folgen
Was passiert mit unserem Handy-Nacken?

Handy-Nacken, iPhone-Schulter, WhatsAppitis oder Wisch-Daumen sind physiologische Phänomene des digitalen Zeitalters. Was sich lustig anhört, kann sehr schmerzhaft sein.
Publiziert: 26.10.2018 um 11:22 Uhr
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Aktualisiert: 27.10.2018 um 01:12 Uhr
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Mit dem ständigen Blick auf das Handydisplay können sich Muskelverhärtungen im Nackenbereich bilden.
Foto: Shutterstock 684038137

Die Digitalisierung verändert die Medizin grundlegend: Von der Früherkennung über die Diagnostik bis hin zur Behandlung werden zunehmend digitale Hilfsmittel eingesetzt.

Doch nicht nur der «technische Fortschritt» zeigt sich in der Medizin, sondern auch neue physiologische Phänomene, die auf die Digitalisierung zurückzuführen sind und so wiederrum medizinisch erklärt werden müssen.

Handy-Nacken, iPhone-Schulter, WhatsAppitis oder Wisch-Daumen lauten die klingenden Bezeichnungen digitaler Verrenkung, die starke Schmerzen auslösen können.

Zu hohe WhatsApp-Nutzung

2014 berichtete das medizinische Fachmagazin «The Lancet» von einem WhatsAppitis-Fall: Eine junge Spanierin kam mit dickem Daumen und schmerzenden Handgelenken in die Sprechstunde, wonach sich herausstellte, dass sie während der Feiertage (zu) intensiv den Nachrichtendienst WhatsApp genutzt hatte.

Die Diagnose lautete «WhatsAppitis». Die Wiederholung der immer gleichen Bewegung hatte Sehnenreizungen hervorgerufen, gegen die man eigentlich nur mit Ruhigstellen ankommt. Also wurde der Frau das Texten, Scrollen und Wischen verboten.

Nintendinitis und Tennisellenbogen

Gesundheitliche Schäden, die von Smartphones, Tablets und Laptops verursacht werden, werden immer häufiger diagnoszitiert. Bereits 1990 wurde das Gamer-Phänomen «Nintendinitis» mit ähnlichen Symptomen beschrieben.

Auch schon länger bekannt ist der Tennisellenbogen oder Tennisarm, der eine Sehnenreizung im Unterarm bezeichnet, die häufig auf mangelnde Ergonomie beim Tastaturen-Schreiben und der Maus-Verwendung zurückgeführt wird. Vor allem Menschen mit Bürojobs sollten demnach darauf achten, regelmässig Pausen zu machen und Hände, Arme und Schultern zu lockern und ergonomisches Schreibwerkzeug zu verwenden.

Das grosse Nackenleiden

Doch nicht nur Finger, Hände, Arme und Schultern sind betroffen, auch der Nacken leidet unter der Digitalisierung: Der nach unten gerrichtete Kopf ist zu einem der Symbole des digitalen Zeitalters geworden. Nicht nur soziologisch ist das Phänomen relevant, auch die Medizin bezieht es in die Diagnostik mit ein.

Folgen sind Muskelverhärtungen im Nackenbereich, die langfristig zu einem Verschleiss der Halswirbelsäule und dauerhaften Beschwerden führen können. Dazu kommen die gebeugten Schultern und der gekrümmte Rücken, die das Phänomen verstärken und Haltungsschäden hervorrufen.

Beim Arbeiten am Computer sollte man zwischendurch aufstehen

Der Mensch neigt dazu, Position und Haltung häufig unbewusst zu wechseln, auch wenn manchmal nur minimal. Dies hat einen einfachen Grund: Positionswechsel führen zu Abwechslung und Entlastung. Doch das ist nicht immer nur positiv, da bestimmte Haltungen trotz einer gewissen Abwechslung nicht wirklich ergonomisch sind.

Deshalb raten Spezialisten zum Beispiel, nicht auf dem Sofa oder im Bett am Laptop zu arbeiten, sondern sich an einen Tisch zu setzen oder sogar zu stehen, um mit dem Computer mehr oder weniger auf Augenhöhe arbeiten zu können. Statt des Kopfes sollte man nämlich besser nur die Augen nach unten senken und versuchen den Nacken möglichst gerade zu halten und zwischendurch die Position des Nackens zu variieren.

Einen Gang zurückschalten

Die Digitalisierung hat zwar vieles vereinfacht, ihre exzessive Nutzung war für die Evolution allerdings wohl etwas zu rapid. Den Umgang mit den Geräten, die uns in die digitale Welt abtauchen lassen, müssen wir erst noch lernen. Eigentlich kann es ja auch ganz schön und interessant sein, im Tram nach links, rechts und in den Gang zu schauen oder sogar mal ein Wort mit dem Nachbarn oder der Nachbarin zu wechseln.

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